Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Haftung für Sturz beim Einsteigen in einen Linienbus
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Entscheidung vom 24.08.2011; Aktenzeichen 10 O 32/11) |
Tenor
Es ist beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 24.8.2011 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Die Klägerin hat Gelegenheit zur Stellungnahme
innerhalb 2 Wochen.
Gründe
I. Die damals 72-jährige, noch sehr rüstige Klägerin nimmt die Beklagte wegen eines Sturzes beim Einsteigen in einen Linienbus (Linie ...) der Beklagten in O1-OT1 an der Haltestelle A-Straße in Richtung OT1 vom ....2.2009 gegen 18:00 Uhr in Anspruch. Die Klägerin erlitt dabei Schürf- und Prellverletzungen an der linken Hüfte sowie eine Knochenabsplitterung (nicht verschoben) am Muskelansatz des linken Oberarmknochens.
Die Klägerin hat deswegen Schadensersatz in Höhe von 30.470 € begehrt für ersatzweise beschäftigte Aushilfskräfte in der Zeit von Februar bis Dezember 2009 wegen des verletzungsbedingten Ausfalls ihrer Arbeitskraft (Linkshänderin) als Inhaberin der ...gaststätte "X" in der B-Straße ... in OT1, die sie seit Jahren gewöhnlich 15 Stunden täglich eingesetzt habe. Zudem hat sie ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens 15.000 € geltend gemacht, da sie einen Dauerschaden erlitten habe, wegen fortbestehender Schulterprobleme und Schmerzen - sie könne den linken Arm nicht richtig hochheben.
Die Klägerin hat behauptet, der (verspätete) Linienbus der Beklagten, den sie erst auf sich aufmerksam habe machen müssen, habe mit einem größeren Abstand (50 cm) als üblich zur Bürgersteigkante angehalten, so dass sie vom Bürgersteig aus einen Zwischenschritt auf die Straße habe vornehmen und dann die hohe Kante der ersten Stufe habe nehmen müssen. Dabei habe sie sich in der Höhe verschätzt, wobei sie in der linken Hand 2 Einkaufstüten getragen und sich mit der rechten Hand nur habe festhalten können, sei sodann hängen geblieben und nach vorn zu Fall gekommen. Ein Fahrgast, der Zeuge Y, sei behilflich gewesen, während der Busfahrer die Tür geschlossen habe und weiter gefahren sei. Sie hat die Ansicht vertreten, der Busfahrer sei verpflichtet gewesen, ihr wegen des Abstands zum Bürgersteig und weil sie zwei Einkaufstaschen bzw. -Tüten (Bl. 30 d.A.) mitgeführt habe, den Einstieg durch Absenkung des Niederflurbusses, gegebenenfalls durch Hilfestellung zu erleichtern.
Das Landgericht Wiesbaden hat durch Urteil vom 24.8.2011 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte bestehe weder auf der Grundlage eines Schuldverhältnisses noch einer unerlaubten Handlung, weil der von der Klägerin dargestellte Geschehensablauf eine Pflichtverletzung des Busfahrers nicht erkennen lasse, die ursächlich zu dem Sturz der Klägerin geführt habe.
Aus dem Umstand, dass der Bus nach der Darstellung der Klägerin 50 cm zur Bordsteinkante entfernt angehalten habe, sei keine für die Klägerin besondere Gefahrensituation entstanden, die der Busfahrer habe vermeiden müssen. Da sie nach eigener Darstellung zunächst einen Schritt auf die Straße habe vornehmen müssen, sei die Gefahr für einen Fehltritt wegen eines diffusen Abstandes zwischen der Bordsteinkante und den Stufen am Buseinstieg gerade nicht entstanden. Eine Pflichtverletzung des Busfahrers sei auch nicht darin zu erkennen, dass er eine vorhandene Absenkvorrichtung nicht betätigt habe. Die Pflicht dazu habe nur bestanden, wenn für den Busfahrer erkennbar gewesen wäre, dass es sich bei der Klägerin um eine gebrechliche Person handelte, die zum gefahrlosen Besteigen des Busses der Absenkvorrichtung bedurfte. Dazu habe es angesichts des vom Busfahrer kaum einzuschätzenden Alters der Klägerin keine Anhaltspunkte gegeben. Vielmehr sei der Fehltritt der Klägerin beim Besteigen des Busses allein ihrer eigenen Unachtsamkeit und ihrem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen, wobei das eigene Verschulden der Klägerin (§ 254 BGB) ein derartiges Gewicht habe, dass eine etwaige Mitverantwortlichkeit der Beklagten völlig verdrängt werde.
Mit der hiergegen rechtzeitig eingelegten und rechtzeitig begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Sie bekräftigt ihre Auffassung, dass der Busfahrer verpflichtet gewesen sei, die für ihn erkennbare besondere Gefahrensituation wegen des Halteabstandes des Busses von etwa 50 cm von der Bordsteinkante, ihres Alters (72) und kleiner Statur (unter 1,60m) der bereits eingetretenen Dunkelheit und der Tritthöhe der Einstiegsstufe in den Bus von mehr als 50 cm durch Betätigung der Absenkvorrichtung zu vermeiden gehabt hätte. Die Pflicht zur Betätigung der Absenkvorrichtung sei nicht auf gebrechliche Personen besc...