Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit eines Mehrheitsbeschlusses der WEG zur Hunde- und Katzenhaltung
Leitsatz (amtlich)
1. Enthält die Teilungserklärung eine Regelung, wonach in Ergänzung des § 23 WEG bestimmt wird, dass zur Gültigkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung außer den dort genannten Bestimmungen die Protokollierung des Beschlusses erforderlich ist und das Protokoll von zwei von der Eigentümerversammlung bestimmten Eigentümern zu unterzeichnen ist, so macht ein Verstoß hiergegen den Beschluss anfechtbar.
2. Eine stillschweigende Abänderung dieser Regelung durch ständige Übung, indem immer der Verwalter und die Verwaltungsbeiräte das Protokoll unterzeichnen, setzt das Bewusstsein der Wohnungseigentümer voraus, dass sie von der Teilungserklärung abweichen und eine Regelung für die Zukunft schaffen.
3. Ein Mehrheitsbeschluss, der die Hunde- und Katzenhaltung mit Ausnahme der bereits vorhandenen Tiere in einer Wohnanlage generell verbietet, ist nicht nichtig.
Normenkette
WoEigG §§ 10, 23
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Beschluss vom 19.11.2008; Aktenzeichen 4 T 36/08) |
AG Bad Schwalbach (Beschluss vom 19.11.2007) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG Bad Schwalbach vom 19.11.2007 -3 II ...- werden abgeändert.
Unter Zurückweisung der sofortigen weiteren Beschwerde der Antragstellerin im Übrigen wird der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 20.3.2007 zu TOP 3 in vollem Umfang für ungültig erklärt.
Die Gerichtskosten sämtlicher Instanzen tragen die Antragstellerin und die Antragsgegner zu 2) -9) je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden in keiner Instanz erstattet.
Der Wert des Verfahrens beider Beschwerdeverfahren sowie des amtsgerichtlichen Verfahrens wird auf jeweils 6.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beteiligten bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft "A-Straße ..." in O1, für die die Teilungserklärung vom 6.10.1993 (Bl. 129 ff. d.A.) gilt. Darin lautet § 9.7:
"In Ergänzung des § 23 WEG wird bestimmt, dass zur Gültigkeit eines Beschlusses der Eigentümerversammlung außer den dort genannten Bestimmungen die Protokollierung des Beschlusses erforderlich ist. Das Protokoll ist vom Verwalter und von zwei von der Eigentümerversammlung bestimmten Eigentümern zu unterzeichnen."
In der Wohnungseigentümerversammlung vom 2.5.2005 beschlossen die Eigentümer unter TOP 6 eine Hausordnung (Bl. 42 d.A.). Diese regelt unter Punkt 3d (Bl. 40 d.A.):
"Das Halten von Hunden und Katzen ist nicht gestattet. Sind für das Halten von Hunden und Katzen alte Rechte vorhanden, so gelten sie nur solange, wie das, sich in der Gemeinschaft befindliche, Tier noch lebt. Neuanschaffungen von Hunden und Katzen sind nicht gestattet."
Der sog. "Bericht von der Eigentümerversammlung am 2.5.2005, 19.15h" (Bl. 41-44 d.A.) wurde von dem Verwalter und den Verwaltungsbeiräten B und C unterschrieben.
Die Antragstellerin teilte mit Schreiben vom 19.7.2005 (Bl. 45 d.A.) der Hausverwaltung mit, dass sie die Hausordnung zur Kenntnis genommen habe. Zugleich beschwerte sie sich über die kurzfristige Einladung zu der Eigentümerversammlung, an der sie infolge anderer Verpflichtungen nicht habe teilnehmen können.
Die Antragstellerin vermietete ihre Wohnung ab 1.5.2007 an eine Frau D und kündigte der Verwaltung mit Schreiben vom 10.3.2007 (Bl. 14 d.A.) an, diese werde mit 2 Kindern und einem Hund einziehen. Durch den Makler sei sie über den Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung, der das Halten von Hunden und Katzen untersagt, informiert. Abgesehen davon, dass ihr ein solcher Beschluss nicht bekannt sei, sei dieser unwirksam wegen Beschränkung der persönlichen Entfaltung und Freiheit des Einzelnen. Außerdem widerspreche ein solcher Beschluss der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach einem Mieter im Mietvertrag nicht die Tierhaltung untersagt werden könne. Zugleich teilte sie mit, dass sie sich bis zum 26.3.2007 im Ausland befinde und nur schwer erreichbar sei.
Am 12.3.2007 versandte der Verwalter die Einladung für die Eigentümerversammlung vom 20.3.2006 -richtig: 20.3.2007 - (Bl. 7, 8 d.A.). Mit Fax an die Antragstellerin vom gleichen Tage (Bl. 46 d.A.) kündigte er die außerordentliche Eigentümerversammlung vom 20.3.2007 an und wies darauf hin, dass Tagesordnungspunkt die Durchsetzung des Eigentümerbeschlusses gegen die Tierhaltung gemäß der Hausordnung sein solle.
In der Eigentümerversammlung vom 20.3.2007 fassten die Eigentümer zu TOP 3 folgenden Beschluss (Bl. 9 d.A.):
"Frau E und die Mieterin, Frau D, sollen über einen Rechtsanwalt aufgefordert werden, die Hausordnung einzuhalten und auf (in diesem Falle) Hundehaltung zu verzichten. Bei Nichteinhaltung der Hausordnung wird die Hausverwaltung beauftragt, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, der die Rechte der Eigentümergemeinschaft durchsetzt und auf Unterlassung klagt, bis hin zur Kündigung des Mietverhältnisses."
Der sog. "Bericht von der außerordentlichen Eigentümerversammlung am 20.3.2007, 17.30h" (Bl. 9 d.A.) wurde wiederum von dem Verwalter und den V...