Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinschaftliches Testament
Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage, ob ein außerhalb des Heimatstaates errichtetes gemeinschaftliches Testament nach dem Ortsrecht wirksam sein kann, wenn das Recht des Heimatstaates (Italien) das Errichten wechselbezüglicher Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament verbietet.
Normenkette
EGBGB Art. 25
Verfahrensgang
LG Gießen (Beschluss vom 05.11.1984; Aktenzeichen 7 T 320/84) |
AG Gießen (Aktenzeichen 22 VI Z 8/80) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Etwaige außergerichtliche Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat die Beklagte zu 8. zu tragen.
Beschwerdewert für beide Beschwerdeinstanzen: je 10.400,– DM.
Gründe
Wegen des Sachverhalts wird auf dessen Darstellung in den Gründen des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
Die zulässige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 8. ist nicht begründet. Die Entscheidung des Landgerichts ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Das Landgericht hat zutreffend darauf abgestellt, daß wegen der italienischen Staatsangehörigkeit der Eheleute … gemäß Art. 25 EGBGB nach italienischem Erbrecht beerbt wird, und daß Art. 589 CC (Übersetzung in Ferid-Firsching, Internationales Erbrecht, Italien, S. 45 a) wechselseitige Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament verbietet. Die Verfügungen der Eheleute … im gemeinschaftlichen Testament vom 17.5.1955 sind, wie das Landgericht weiter rechtsfehlerfrei angenommen hat, nicht nur gegenseitig, sondern darüber hinaus auch wechselbezüglich; denn nach dem Wortlaut des Testaments muß von der gegenseitigen inneren Abhängigkeit der letztwilligen Verfügungen ausgegangen werden.
Das Verbot des gemeinschaftlichen Testaments führt zu dem Problem, ob ein außerhalb des Heimatstaates errichtetes gemeinschaftliches Testament dann wirksam ist, wenn das Ortsrecht dies gestattet. Nach überwiegender Auffassung (vgl. Jayme, IPRax 82, 210 m.w.N.) hängt die Wirksamkeit des Testaments davon ab, wie das über Art. 25 EGBGB anwendbare ausländische Recht, hier Art. 589 CC, das Verbot qualifiziert. Handelt es sich um eine Frage der Form, so fällt das Testament unter Art. 11 I 2 EGBGB und das Haager Testamentsabkommen (Palandt-Heldrich, BGB, 44. Aufl. Anhang zu EG 24 – 26) und ist wirksam, geht es dagegen bei dem Verbot um sachliche Gesichtspunkte, so gilt das Erbstatut mit der Folge, daß das Testament ungültig ist.
Das Landgericht hat in der Vorschrift des Art. 589 CC eine überwiegend materiellrechtliche Regelung gesehen und befindet sich damit in Übereinstimmung mit der in Rechtsprechung (BayObLG Z 61, 4; IPRsp 56 – 57, Nr. 149) und Literatur herrschender Auffassung (RGRK-Wengler, BGB, 12. Aufl., Bd. VI 2. Teilband § 8 Fn. 50 S. 808; Denzler IPRax 82, 181, 185; Palandt-Heldrich, a.a.O., Art. 24 EGBGB Anm. 3 c; Staudinger-Firsching, BGB, 12. Aufl. Vorbem. zu Art. 24–26 Rdnr. 267 ff., 274; MK-Birk, vor Art. 24 – 26 Rdnr. 289; Soergel-Kegel, BGB, 11. Aufl., vor Art. 24–26 Rdnr. 44); nach Ferid-Firsching (a.a.O., Rdnr. 12 Fn. 20, 75, 121) ist ein Verstoß gegen Art. 589 CC ein absoluter Nichtigkeitsgrund. Von dieser herrschenden Meinung abzuweichen, sieht auch der Senat keinen Anlaß.
Der weiteren Beschwerde ist zuzugeben, daß der materiellrechtliche Gehalt der Verbotsnorm des Art. 589 CC noch nicht sicher aus seinem Gesetzessystematischen Standort entnommen werden kann (vgl. BayObLG IPRsp. 56–57, 491; Neuhaus RabelsZ 1956, 557). Dies hat auch das BayObLG (a.a.O.), auf das sich das Landgericht maßgeblich bestützt hat, nicht getan. Es hat vielmehr unter Heranziehung auch italienischer Rechtsprechung (vgl. Insoweit auch Staudinger-Firsching, a.a.O., Rdnr. 274) und Literatur die materiellrechtliche Natur der Vorschrift festgestellt, weil sie ihrem Schutzzweck entsprechend den Inhalt einer letztwilligen Verfügung betrifft. Der Verbotsgrund liegt nämlich darin, den Charakter des Testaments als eines einseitigen Rechtsgeschäfts zu wahren, um so zu verhindern, daß die Testierenden sich an die Vereinbarung gebunden fühlen; sie müssen in ihrer Verfügung frei und ungezwungen sein (vgl. BayObLG, a.a.O.; Denzler, a.a.O.; Staudinger-Firsching, a.a.O.).
Eine Nichtgewährung rechtlichen Gehörs liegt nicht darin, daß das Landgericht sich nicht ausdrücklich auch mit der teilweise gegenteiligen Auffassung von Neuhaus (RabelsZ 1956, 551 ff.) und der dort zitierten Entscheidung des Appellationshofes Triest vom 4.7.1938 (betreffend das Verhältnis Österreich-Italien) befaßt hat. Abgesehen davon, daß auch Neuhaus (a.a.O., S. 563, 564) die Frage der gegenseitigen Abhängigkeit von im gemeinschaftlichen Testament enthaltenen Verfügungen als Frage des Testamentsinhalts dem Erbstatut zuweist, hat schon das BayObLG (a.a.O.) die Auffassung von Neuhaus (a.a.O.) berücksichtigt und ist gleichwohl mit überzeugender Begründung von dem materiellen Gehalt des Art. 589 CC ausgegangen, soweit er sich ausdrücklich gegen das wechselseitige gemeinschaftliche Testament richtet, wie es auch hier zu beurteilen ist, Auch d...