Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausbildungsunterhaltsanspruch während Absolvierung freiwiligen sozialen Jahres
Normenkette
BGB § 1618a
Verfahrensgang
AG Gießen (Beschluss vom 02.05.2014; Aktenzeichen 245 F 2606/13) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird in Ziff. 1. dahin abgeändert, dass der Antragsteller in Abänderung der Urkunde des Landkreises Gießen AZ ... zu Urkunden-Reg.-Nr ... vom 11.4.2005 mit Wirkung ab 1.11.2013 bis 31.8.2014 verpflichtet ist, an den Antragsgegner monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. monatlich 100 EUR zu zahlen und der weiter gehende Antrag zurückgewiesen wird.
Die Beschwerde wird im Übrigen zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.
Beschwerdewert: 1.820 EUR.
Gründe
Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg.
Das AG hat auf den Antrag des Antragstellers hin zu Recht den vorhandenen Unterhaltstitel in Form der Jugendamtsurkunde vom 11.4.2005 dahin abgeändert, dass der Antragsteller ab November 2013 nur noch verpflichtet ist, 100 EUR monatlichen Ausbildungsunterhalt für seinen Sohn, den Antragsgegner, zu zahlen.
Da der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren zuletzt erklärt hat, er sei ab dem 1.9.2014 nicht mehr unterhaltsbedürftig und die Beteiligten darauf hin aufgrund des Hinweises des Einzelrichters des Senats wegen des nicht mehr vorhandenen Rechtsschutzbedürfnisses für einen Abänderungsantrag (vgl. OLG München FamRZ 199, 942; OLG Köln FamRZ 2006, 718) übereinstimmend nach §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 91a ZPO das Verfahren insoweit für erledigt erklärt haben, beschränkte sich das Beschwerdeverfahren auf den Unterhaltszeitraum vom 1.11.2013 bis 31.8.2014.
Dem Antragsgegner steht aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung auch während der Absolvierung eines freiwilligen sozialen Jahres ein Ausbildungsunterhaltsanspruch gegen seinen leistungsfähigen Vater und Beschwerdegegner zu, der nach Maßgabe der ebenfalls leistungsfähigen Kindesmutter gem. § 1606 Abs. 3 BGB anteilig in der vom AG festgestellten Höhe zu leisten ist. Dem Beschwerdeführer ist dahin grundsätzlich zu folgen, dass wenn beide Eltern barunterhaltspflichtig sind und das volljährige Kind, wie der Antragsgegner, noch bei einem Elternteil lebt, sein Bedarf nach dem zusammengerechneten Einkünften der Eltern zu bemessen und damit nach der entsprechenden Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle zu entnehmen ist (BGH FamRZ 2006, 99). Soweit sich studierende oder noch in Berufsausbildung befindliche Kinder dazu entschließen, weiterhin bei dem früher betreuenden Elternteil zu wohnen und eine nicht unerhebliche Entfernung zum Ausbildungsort dadurch in Kauf nehmen, dass sie, wie der Antragsgegner, einen Wagen anschaffen und nicht unbeachtliche Fahrtkosten auf sich nehmen, ist in der Rechtsprechung des BGH anerkannt, dass im Einzelfall eine Bedarfsermittlung nach den zusammengerechneten Einkünften beider Eltern zu unterbleiben sein kann und der Unterhaltsberechtigte dann so zu behandeln ist, als habe ein Umzug an den Ausbildungsort stattgefunden (BGH FamRZ 2009, 762; Klinkhammer in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl. 2011, Rz. 520). Nach dieser Rechtsprechung ist zwar im Grundsatz davon auszugehen, dass auch einem volljährigen Kind, das noch keine eigenständige Lebensstellung erlangt hat, Willensfreiheit bei der Gestaltung seines Lebens zu steht. Auf der anderen Seite sind Eltern und Kinder einander gem. § 1618a BGB zu Beistand und Rücksicht verpflichtet, so dass bei vorhandenen Spannungen, wie sie bei der Wahl des Lebensmittelpunktes des Antragsgegners während seines freiwilligen sozialen Jahres zwischen den Beteiligten entstanden sind, die wechselseitigen Interessen unter Würdigung der maßgebenden Umstände abzuwägen und insbesondere zu ermitteln ist, welche Interessen im Einzelfall vorzugswürdiger sind. Vor diesem Hintergrund teilt der Senat die umfassend begründete Auffassung des AG, dass im vorliegenden Fall die Interessen des unterhaltspflichtigen Vaters an einer Reduzierung seiner Unterhaltspflicht gegenüber den Interessen des Antragsgegners, während des freiwilligen sozialen Jahres bei seiner Mutter wohnen zu bleiben, gewichtiger sind. Hierfür spricht zunächst, dass der Antragsgegner für die Beibehaltung seines Wohnsitzes im Haushalt der Kindesmutter keine sachlichen Gründe angeführt hat. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass bei einer Bedarfsermittlung nach den beidseitigen Einkommen der unterhaltspflichtigen Eltern erhebliche Fahrtkosten zu berücksichtigen gewesen wären, die die Höhe der Unterhaltsverpflichtung des Antragsstellers im Ergebnis um mehr als verdoppelt hätten. Auch ist zu bedenken, dass die Einkommensverhältnisse beider Eltern, sie verfügen beide über jeweils ein Einkommen von knapp 2.100 netto, eher begrenzt sind, was auch für den Antragsgegner zu erheblichen Rücksichtnahmepflichten gegenüber seinen Eltern führen muss. Unbeachtlich ist es nach Auffassung des Senats demgegenüber, ab welchem Ze...