Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerdewert bei Verpflichtung zur Vorlage der Einkommensteuererklärung

 

Normenkette

FamFG § 61 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Lampertheim (Entscheidung vom 03.03.2017; Aktenzeichen 2 F 166/16 UK)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 18.07.2018; Aktenzeichen XII ZB 637/17)

 

Tenor

Die Beschwerde wird verworfen.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf bis 500,- EUR festgesetzt.

Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

 

Gründe

Die Beschwerdeführerin wird von der Beschwerdegegnerin im Wege des Stufenantrags auf Abänderung eines Unterhaltstitels über 115% des Mindestunterhalts in Anspruch genommen. Sie wendet sich gegen die ihr durch den angefochtene Teil-Beschluss auferlegte Verpflichtung, der Beschwerdegegnerin den Einkommensteuerbescheid für 2015 und die entsprechende Einkommensteuererklärung mit den Anlagen AUS, G, KAP, L, N, N-Aus, S und SO vorzulegen. Der Senat hat die Beteiligten mit Beschluss vom 20.10.2017 darauf hingewiesen, dass die Beschwerde unzulässig ist, weil der nach § 61 Abs. 1 FamFG vorausgesetzte Beschwerdewert von 600,- EUR nicht erreicht ist.

Die Beschwerdeführerin hat an der Beschwerde festgehalten und ausgeführt, dass der Mindestbeschwerdewert erreicht sei, weil sie zur Vorlage von Anlagen zur Steuerklärung verpflichtet worden sei, die sie überhaupt nicht auszufüllen habe. Der Wert der Beschwer bestimme sich deshalb nach den - der Höhe nach nicht dargelegten - Kosten der Abwehr einer insoweit nicht gerechtfertigten Zwangsvollstreckung. Soweit der Senat im genannten Beschluss die Auffassung vertreten hat, die Auslegung der angefochtenen Entscheidung ergebe, dass das Amtsgericht die Beschwerdeführerin nicht zur Erstellung der Anlagen verpflichten, sondern ihr nur aufgeben wollte, alle Anlagen vorzulegen, die ihrer Steuererklärung für 2015 beigefügt waren, wendet sie ein, die Beschlussformel sei nach ihrem Wortlaut eindeutig und der Auslegung nicht zugänglich.

Diese Rechtsauffassung ist unzutreffend. Die Verpflichtung zur Vorlage einer Einkommensteuererklärung mit allen überhaupt in Betracht kommenden Anlagen ist, wenn das Gericht nicht begründeten Anlass zu der Annahme hatte, der Auskunftspflichtige habe sie sämtlich auszufüllen, ohne weiteres dahingehend auslegungsfähig, dass nur die tatsächlich ausgefüllten Anlagen vorzulegen sind und im Übrigen die Erklärung des Auskunftspflichtigen genügt, dass er weitere Anlagen für seine Steuererklärung nicht verwendet habe.

Entgegen der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin erhöht sich der Wert der Beschwer auch nicht im Hinblick auf die Kosten der Abwehr einer möglichen unberechtigten Zwangsvollstreckung. Zwar hat der Bundesgerichtshof in einem Fall, in dem der Auskunftspflichtige nach der Formel des angefochtenen Beschlusses zur Vorlage von von ihm überhaupt nicht abgegebenen Steuererklärungen verpflichtet wurde und die Auslegung des Titels durch das Beschwerdegericht ergeben hatte, dass er nicht zu ihrer Erstellung verpflichtet werden sollte, entschieden, dass sich die Beschwer um die Kosten der Abwehr einer unberechtigten Zwangsvollstreckung erhöhe, weil er nach der Beschlussformel zu einer unmöglichen Leistung verpflichtet wurde (BGH, Beschluss vom 2. 9. 2015, XII ZR 132/15, Rn. 16 ff). Der vorliegende Fall ist jedoch anders gelagert, weil die vorzulegende Steuererklärung abgegeben wurde. Wenn die Beschwerdeführerin wirklich die Zwangsvollstreckung wegen der Anlagen befürchtete, die sie für ihre Steuererklärung nicht auszufüllen hatte, stünde es ihr frei, die Verpflichtung aus dem angefochtenen Beschluss durch Vorlage der Steuererklärung nebst der ausgefüllten Anlagen sowie zur Abwendung eines - realiter schon wegen der ausschließlichen Vollstreckungszuständigkeit des Erstgerichts nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 FamFG i.V.m. § 888 Abs. 1 S. 1 und § 802 ZPO nicht bestehenden Risikos der Vollstreckung - die im Internet zu beschaffenden anderen Anlagenformulare unausgefüllt beizufügen.

Letztlich kann das allerdings dahinstehen. Wenn die Beschwer der Beschwerdeführerin um die Kosten der Abwehr einer Zwangsvollstreckung erhöht wäre, wäre der Beschwerdewert ebenfalls nicht erreicht. Die anwaltliche Tätigkeit in der Zwangsvollstreckung ist eine besondere Angelegenheit nach § 18 Nr. 13 RVG, für die eine 0,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG anfällt. Der Wert der anwaltlichen Tätigkeit bestimmt sich nach dem Wert, den die zu erwirkende Handlung, Duldung oder Unterlassung für den Gläubiger hat (§ 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG). Selbst wenn das Erfüllungsinteresse der Beschwerdegegnerin mit dem Wert der Hauptsache gleichzusetzen wäre und selbst wenn die Beschwerdeführerin inzwischen das Doppelte des dem abzuändernden Titels zugrunde liegende Einkommens erzielte, ergäbe sich daraus nur eine Erhöhung des Unterhalts von 115% auf 160%, mithin 219,- EUR monatlich, was gemäß § 51 FamFG zu einem Gegenstandswert von 2.738,- führen würde. Es würden in der Zwangsvol...

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