Entscheidungsstichwort (Thema)

Übernahmeschuldner i.S.v. § 29 Nr. 2, Alt. 2 GKG wird von § 122 Abs. 1 Nr. 1a ZPO nicht gerichtskostenfrei gestellt

 

Leitsatz (amtlich)

§ 122 Abs. 1 Nr. 1a ZPO befreit die bedürftige Partei nicht von der in einem Vergleich übernommenen Last, Gerichtskosten zu tragen. Aus der in der Regelung des § 31 Abs. 3 GKG zum Ausdruck gekommenen Wertung des Gesetzgebers ergibt sich, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur den Entscheidungsschuldner (§ 29 Nr. 1 GKG), nicht aber den Übernahmeschuldner i.S.v. § 29 Nr. 2 GKG schützt. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass Vergleiche geschlossen würden, in denen eine vermögende Partei der bedürftigen in der Hauptsache entgegenkommt und diese dafür - und sei es auch nur teilweise - die bei ihr nicht beitreibbaren Gerichtskosten übernimmt. Es kommt insoweit auch weder darauf an, ob die Parteien den Vergleich so abgeschlossen haben, wie er vom Gericht vorgeschlagen wurde, noch darauf, ob die Kostenvereinbarung der Sach- und Rechtslage entsprach, so das keine Vereinbarung zum Nachteil der Staatskasse getroffen wurde. Das Kostenansatzverfahren ist zur Entscheidung über solche - unter Umständen rechtlich schwierige - Fragen nicht geeignet und deshalb von diesen freizuhalten.

 

Normenkette

GKG § 29 Nrn. 1-2, § 31 Abs. 3; ZPO § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a

 

Verfahrensgang

LG Hanau (Beschluss vom 23.02.2011; Aktenzeichen 1 O 972/09)

 

Tenor

In der Beschwerdesache ... wird die Beschwerde des Klägers vom 1.3.2011 gegen den Beschluss des LG Hanau vom 23.2.2011 zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Parteien führten einen Rechtsstreit mit einem Streitwert von 6.565,38 EUR (Bl. 76 d.A.), für den dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt worden war (Bl. 11d. Sonderhefts PKH. Bl. 134, 135 d.A.). Nachdem der Beklagte gegen das Urteil des LG vom 19.5.2010 (Bl. 67 bis 73 d.A.) Berufung eingelegt hatte (Bl. 91, 92 d.A.), beendeten die Parteien den Rechtsstreit durch einen mit Beschluss des OLG vom 17.12.2010 (Bl. 142, 143 d.A.) festgestellten Vergleich, in dem sie u.a. vereinbarten, dass die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben werden.

Mit Gerichtskostenrechnung vom 10.1.2011 (Vorbl. V d.A.) setzte das LG Kosten i.H.v. 375,25 EUR gegen den Kläger an. Gegen diesen Kostenansatz wandte sich der Kläger mit Schriftsatz vom 21.1.2011 (Bl. 153, 154 d.A.) und bat um "Aufhebung der Kostenrechnung". Das LG behandelte dieses Schreiben als Erinnerung und wies diese mit Beschluss vom 23.2.2011 (Bl. 157, 158 d.A.) zurück.

Mit Schriftsatz vom 1.3.2011 (Bl. 161, 162 d.A.) hat der Kläger Beschwerde gegen den Beschluss vom 23.2.2011 eingelegt und zu deren Begründung u.a. ausgeführt, die vereinbarte Kostenaufhebung bedeute nicht, dass sich der Kläger zur Übernahme von Gerichtskosten verpflichtet habe. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 164 d.A.).

II.1. Die gem. § 66 Abs. 2 GKG statthafte Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist die von § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG vorausgesetzte Mindestbeschwer erreicht.

2. Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Das LG hat den Schriftsatz des Klägers vom 21.1.2011 zutreffend als Erinnerung qualifiziert. Es hat diese zu Recht zurückgewiesen, weil es nicht zu beanstanden ist, dass das LG mit der Kostenrechnung vom 10.1.2011 Kosten i.H.v. 375,25 EUR gegen den Kläger angesetzt hat.

a) Die erstinstanzlichen Gerichtskosten betragen 750,50 EUR.

Gemäß § 3 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nr. 1210 KV GKG fällt für das Verfahren im ersten Rechtszug eine Gebühr nach § 34 GKG zu einem Satz von 3,0 an. Der einfache Satz dieser Gebühr beträgt bei einem Streitwert von 6.565,38 EUR 151 EUR, so dass sich 453 EUR errechnen. Hierzu addieren sich die gem. § 3 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nr. 9005 KV GKG und §§ 4 Abs. 2, 9 Abs. 3 JVEG für die Tätigkeit des Dolmetschers A im Termin vom 24.2.2010 an das Übersetzungsbüro B gezahlten 297,50 EUR (Bl. 57 d.A.).

b) Diese Kosten schuldet der Kläger zur Hälfte.

aa) Dies folgt aus § 29 Nr. 2, Alt. 2 GKG. Nach dieser Regelung schuldet die Gerichtskosten auch derjenige, der die Kosten in einem vor Gericht abgeschlossenen Vergleich übernommen hat. Ein solcher Vergleich liegt auch vor, wenn das Gericht - wie vorliegend das OLG mit Beschl. v. 17.12.2010 - dessen Zustandekommen durch Beschluss festgestellt hat. Die Bestimmung in dem von den Parteien geschlossenen Vergleich, der zufolge die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben werden, ist dahin zu verstehen, dass sich jede Partei verpflichtet hat, ihre eigenen Kosten sowie die Hälfte der Gerichtskosten zu tragen (vgl. Vollkommer/Herget in Zöller, Rz. 1 zu § 92 ZPO).

bb) Der auf § 29 Nr. 2 GKG gründenden hälftigen Gerichtskostenschuld des Klägers steht auch der Umstand nicht entgegen, dass ihm Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist.

Zwar bestimmt § 122 Abs. 1 Nr. 1a) ZPO, dass die bedürftige Partei infolge der Bewilligung von Prozesskostenhilfe zumindest vorläufig von der Verpflichtung befr...

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