Leitsatz (amtlich)
Es ist kein Grund dafür erkennbar und durch § 101 Abs. 2 ZPO nicht gefordert, den streitgenössischen Nebenintervenienten dort, wo sich seine vom "einfachen" Nebenintervenienten unterschiedliche Stellung nicht niederschlägt, kostenmäßig anders zu behandeln als den "einfachen" Nebenintervenienten.
Normenkette
ZPO §§ 69, 91, 100-101
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 13.10.2005; Aktenzeichen 3-10 O 3/05) |
Nachgehend
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Die durch die Nebenintervention des Streithelfers zu 2) verursachten Kosten werden aus einem Streitwert von 100.000 EUR der Beklagten auferlegt.
Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis zu 5.000 EUR. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Mit Nichtigkeits- und Anfechtungsklagen wandten sich der Kläger zu 1) gegen die unter den Tagesordnungspunkten 2 und 3.1 bis 3.11 gefassten Beschlüsse und die Klägerin zu 2) sowie die Kläger zu 3) und 4) gegen die unter Tagesordnungspunkt 3 gefassten Beschlüsse der außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 7.1.2005. Die Nebenintervenientin zu 1) erklärte in dem Verfahren des Klägers zu 1) den Beitritt auf dessen Seite. Das LG verband die Verfahren zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung. Der Nebenintervenient zu 2) erklärte den Beitritt auf Seiten der Klägerin zu 2). In der mündlichen Verhandlung vom 22.9.2005, in der die Nebenintervenienten durch die Prozessbevollmächtigte der Nebenintervenientin zu 1) - zugleich in Untervollmacht für den Nebenintervenienten zu 2) - vertreten waren, schlossen die Kläger und die Beklagte einen Vergleich, in dem die Kläger sich zur Rücknahme ihrer Klagen und die Beklagte sich zur Übernahme der den Klägern entstandenen Gerichtskosten sowie der Gebühren und Auslagen ihrer Prozessbevollmächtigten aus einem Streit- bzw. Gegenstandswert von jeweils 100.000 EUR verpflichteten. Die Kläger nahmen mit Zustimmung der Beklagten die Klagen zurück. Die Nebenintervenienten beantragten daraufhin, ihre Verfahrenskosten der Beklagten aufzuerlegen. Durch Beschluss vom 13.10.2005 entschied das LG, dass die Nebenintervenienten ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Eine Rechtsgrundlage, der Beklagten die Kosten der Nebenintervention aufzuerlegen, bestehe nicht. Da die Nebenintervenienten gem. §§ 91, 69 ZPO Streitgenossen der Hauptparteien seien, sei gem. § 101 Abs. 2 ZPO die Vorschrift des § 101 Abs. 1 ZPO nicht anzuwenden. Eine Kostentragungspflicht der Beklagten im Falle der Klagerücknahme sehe § 100 ZPO nicht vor. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Nebenintervenienten zu 2).
Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
Die Frage, wer die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten zu tragen hat, ist in § 101 Abs. 1 ZPO dahingehend geregelt, dass diese Kosten der Gegner der unterstützten Hauptpartei trägt, soweit er nach den §§ 91 bis 98 ZPO Kosten der Hauptpartei zu tragen hat, ansonsten der Nebenintervenient. Für den streitgenössi-schen Nebenintervenienten erklärt § 101 Abs. 2 ZPO den § 100 ZPO für anwendbar, wonach im Falle des Unterliegens die Streitgenossen für die Kosten der gegnerischen Partei nach Kopfteilen haften. Aus § 101 Abs. 1 ZPO wird der allgemeine Rechtsgrundsatz hergeleitet, dass der Streithelfer hinsichtlich seiner Kosten genau so zu behandeln ist wie die von ihm unterstützte Partei ("Kostenparallelität"), und aus der Bezugnahme des § 101 Abs. 1 ZPO auf § 98 ZPO hat die Rechtsprechung geschlossen, dass im Anwendungsbereich dieser Vorschriften eine von den Hauptparteien durch Vergleich getroffene Kostenregelung für den Streithelfer auch dann maßgeblich ist, wenn er am Vergleich nicht teilgenommen hat und sogar wenn im Vergleich die Kosten der Nebenintervention ausdrücklich ausgenommen sind (BGH NJW 1961, 460 = MDR 1961, 219; NJW 1967, 983 = MDR 1967, 392 jeweils m.w.N.; MDR 1977, 392; BGH v. 3.4.2003 - V ZB 44/02, BGHZ 154, 351 = BGHReport 2003, 769 m. Anm. Madert = NJW2003, 1948 = FamRZ 2003, 1088; BGH v. 14.7.2003 - II ZB 15/02, BGHReport 2003, 1375 = NJW 2003, 3354; FamRZ 2005, 1080 = BGH v. 10.3.2005 - VII ZB 32/04, BGHReport 2005, 1016 = NJW-RR 2005, 1159 = MDR 2005, 957; OLG Hamm JurBüro 1985, 1561 = VersR 1986, 556; OLG Hamburg ZfSch 1991, 236; OLG München v. 23.4.1998 - 28 W 1126/98, OLGReport München 1998, 210 = MDR 1998, 989; OLG Köln v. 27.4.2006 - 18 U 139/05, AG 2006, 590 = OLGReport Köln 2006, 586 = AG 2006, 590; Zöller/Herget, Zivilprozessordnung, 25. Aufl., Rz. 6 ff. zu § 101 ZPO). Zwar ist in verschiedenen Kommentierungen ausgeführt, dass § 101 Abs. 1 ZPO (nur) die einfache oder unselbständige Nebenintervention des § 67 regele, während bei streitgenössischer Nebenintervention § 100 ZPO gelte (Zöller/Herget a.a.O. Rz. 1 zu § 101 ZPO; Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 2. Aufl., Rz. 1 zu § 101; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, Zivilprozessordnung, 64....