Leitsatz (amtlich)
Verweist das Arbeitsgericht den Rechtsstreit an ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit, so hat die - für das gesamte Verfahren maßgebende - Wertfestsetzung in gleicher Weise zu erfolgen, wie wenn die Sache von Anfang an bei dem Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit anhängig gewesen wäre.
Normenkette
GKG §§ 40, 4 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Gießen (Entscheidung vom 23.03.2017; Aktenzeichen 3 O 277/16) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Gießen vom 23. März 2017 in Verbindung mit dem Nichtabhilfebeschlusses vom 30. Juni 2017 unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde abgeändert.
Der Streitwert wird für den Zeitraum bis zum 2. November 2016 auf EUR 100.000,00 und für den Zeitraum ab dem 3. November 2016 auf EUR 6.000,00 festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Parteien streiten um etwaige Vergütungsansprüche des Klägers für seine Einsätze als Spieler in der X-Bundesliga.
Der Kläger machte zunächst vor dem Arbeitsgericht Stadt1 die Zahlung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Gehalts für die Monate August 2012 bis August 2013 mit der Begründung geltend, es habe ein Arbeitsverhältnis bestanden. Das "branchenübliche" Bruttojahresgehalt belaufe sich in Bezug auf die Position des Klägers auf einen Betrag zwischen EUR 20.000,00 und "über EUR 100.000,00".
Mit Beschluss vom 17. Februar 2016 erklärte das Arbeitsgericht Stadt1 den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für unzulässig und verwies den Rechtsstreit an das Landgericht Gießen (Bl. 66 ff. d. A.). Die von dem Kläger gegen diesen Beschluss erhobene sofortige Beschwerde wies das Hessische Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 29. April 2016 zurück (Bl. 86 ff. d. A.).
Am 12. September 2016 gingen die Akten beim Landgericht Gießen ein (Bl. 118 d. A.). Mit Verfügung vom 19. September 2016 bestimmte das Landgericht Termin zur Güteverhandlung und zur mündlichen Verhandlung auf den 15. Dezember 2016. Zugleich forderte es den Kläger auf, binnen einer Frist von drei Wochen "einen bestimmten Antrag zu formulieren" (Bl. 120 d. A.).
Auf Antrag des Klägers verlängerte das Landgericht sodann die mit der erwähnten Verfügung vom 19. September 2016 gesetzte Frist bis zum 3. November 2016 (Bl. 124 RS d. A.).
Mit Anwaltsschriftsatz vom 3. November 2016 (Bl. 129 d. A.) formulierte der Kläger den Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von EUR 6.000,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
In der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 2016 nahm der Kläger Bezug auf den Antrag aus dem Schriftsatz vom 3. November 2016 und erklärte, dass sich der Betrag auf den Zeitraum Februar bis April 2013 beziehe (S. 2 des Protokolls der mündlichen Verhandlung, Bl. 138 d. A.).
Nachdem das Landgericht mit einem am Schluss der Sitzung vom 15. Dezember 2016 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen hatte, setzte es mit dem nunmehr angegriffenen Beschluss vom 23. März 2017 (Bl. 220 d. A.) den Gebührenstreitwert für "das Verfahren vor dem Arbeitsgericht auf EUR 100.000,00" und für "das Verfahren vor dem Landgericht auf EUR 6.000,00" fest.
Mit einem am 28. März 2017 beim Landgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz vom 27. März 2017 erhoben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten Streitwertbeschwerde (Bl. 224 f. d. A.), mit der sie u. a. begehrten, den Streitwert für den Zeitraum bis zum 3. November 2016 auf EUR 100.000,00 und für den sich anschließenden Zeitraum auf EUR 6.000,00 festzusetzen.
Der Kläger trat der Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit Anwaltsschriftsatz vom 2. Juni 2017 (Bl. 242 f. d. A.) entgegen.
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 30. Juni 2017 (Bl. 247 f. d. A.) nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.
II. Das Rechtsmittel der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist als Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1, 66 Abs. 3 Satz 2 GKG in Verbindung mit § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG zulässig.
Die Beschwerde ist ganz überwiegend begründet.
Verweist ein erstinstanzliches Gericht oder ein Rechtsmittelgericht ein Verfahren an ein erstinstanzliches Gericht desselben oder eines anderen Zweiges der Gerichtsbarkeit, ist das frühere erstinstanzliche Verfahren als Teil des Verfahrens vor dem übernehmenden Gericht zu behandeln (§ 4 Abs. 1 GKG). Nach der Verweisung ist das frühere erstinstanzliche Verfahren also als Teil des Verfahrens vor dem übernehmenden Gericht anzusehen; beide Verfahrensabschnitte bilden kostenrechtlich eine Einheit. Bei Verweisungen, bei denen sowohl für das Verfahren des verweisenden Gerichts als auch für das Verfahren des Gerichts, an das verwiesen wird, das Gerichtskostengesetz gilt, werden daher Kosten nur nach den für das übernehmende Gericht geltenden Vorschriften erhoben. Das erstinstanzliche Verfahren vor und nach der Verweisung bilde...