Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafvollzug. Aushändigung eines TV-Gerätes mit Anschlüssen für externe Speichermedien
Leitsatz (amtlich)
1. Der Besitz eines Fernsehgerätes mit USB- und/oder SD-Memory-Card-Anschlüssen durch einen Gefangenen in seinem Haftraum gefährdet Sicherheit und Ordnung der Anstalt; der Gefahr eines unkontrollierten Datenaustausches kann mit zumutbarem Kontrollaufwand (etwa Versiegelung oder Verplombung der Anschlüsse) seitens der Anstalt nicht begegnet werden. Sie darf die Genehmigung vom Ausbau der Anschlüsse abhängig machen.
2. Der Gefangene kann sich auf das Bestehen eines Vertrauens- oder Bestandsschutzes nicht berufen, wenn ihm unter Geltung des § 20 Abs. 1 Satz 2 HStVollzG der Erwerb und Besitzes des Gerätes durch eine andere Justizvollzugsanstalt lediglich mit der Auflage, die Anschlüsse zu verplomben, genehmigt wurde.
Normenkette
StVollzG HE § 19 Abs. 1 S. 2; StVollzG HE § 19 Abs. 2; StVollzG HE § 20 Abs. 1; StVollzG HE § 30 Abs. 4; StVollzG HE § 46 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Marburg (Entscheidung vom 19.12.2012; Aktenzeichen 4a StVK 171/12) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landgerichts Marburg - 4. Strafkammer; Strafvollstreckungskammer - vom 19. Dezember 2012 wird verworfen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... aus Stadt1 wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Der Gegenstandswert wird auf unter 300,-- € festgesetzt.
Gründe
Der Beschwerdeführer befindet sich zum Vollzug einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe in der JVA1.
Im Jahre 2010 war er vorübergehend in die JVA2 verlegt worden. Dort war ihm auf seinen entsprechenden Antrag vom 20. April 2011 hin mit Bescheid vom 13. Juni 2011 der Kauf und Besitz eines LCD-TV-Gerätes mit USB und SD-Memory-Card-Anschluss genehmigt worden. Anschließend schaffte er sich ein solches Gerät an.
Nach seiner Rückverlegung in die JVA1 beantragte er die Aushändigung des Gerätes. In dem TV-Geräte betreffenden Antragsformular der JVA heißt es dazu, dass Ergänzungsgeräte wie z.B. Zusatzlautsprecher, Geräte mit Aufnahmefunktion (Festplatte), externe DVBT-Empfänger nicht zugelassen sind und USB-Anschlüsse abgeklemmt werden. Diesen Passus strich der Beschwerdeführer aus dem von ihm unterzeichneten Antrag. Die Antragsgegnerin baute gleichwohl die USB/SD Aufnahmevorrichtung wegen bestehender Missbrauchsmöglichkeiten aus und versiegelte die Öffnung. In diesem Zustand wurde dem Gefangenen das TV-Gerät ausgehändigt.
Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung verlangt der Antragsteller den Wiedereinbau der USB/SD-Aufnahmevorrichtung. Er ist der Ansicht, es reiche aus, wenn die Anschlüsse durch die JVA verplombt würden. Dementsprechend sei auch in der JVA2 verfahren worden.
Die JVA hat demgegenüber darauf verwiesen, dass mit einer Verplombung Missbrauchsmöglichkeiten nicht ausgeschlossen werden könnten. Mit zumutbarem Zeitaufwand seien Kontrollen nicht zu bewerkstelligen.
Die Strafvollstreckungskammer hat den Antrag als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Gefangene mit der Rechtsbeschwerde. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts.
Das Rechtmittel ist zulässig. Die Zulassung ist zur Fortbildung des Rechts geboten (§ 116 Abs. 1 StVollzG).
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung keinen Erfolg.
Gesetzliche Grundlage für den Besitz eigener Fernsehgeräte im Haftraum ist § 30 Abs. 4 HStVollzG. Da gemäß § 30 Abs. 4 Satz 1 HStVollzG die Vorschrift des § 19 HStVollzG entsprechend anzuwenden ist, sind solche Gegenstände ausgeschlossen, die geeignet sind, die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt zu gefährden (§ 19 Abs. 2 StVollzG) oder bei denen nur mit unzumutbarem Aufwand geprüft werden kann, ob sie die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden (§ 19 Abs. 1 Satz 2 HStVollzG i.V.m. § 46 Abs. 1 HStVollzG).
Nach diesem Maßstab ist es nicht zu beanstanden, das die Antragsgegnerin dem Antragsteller den Besitz des Fernsehgerätes nur unter der Voraussetzung genehmigt hat, dass die USB- und SD-Anschlüsse nicht vorhanden sind bzw. diese Anschlüsse ausgebaut hat.
Es ist obergerichtlich geklärt, dass von einem in der Vollzugsanstalt betriebenen Computer oder einer Spielkonsole mit Speichermöglichkeit eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Ordnung der Anstalt ausgeht, der mit zumutbarem Kontrollaufwand nicht begegnet werden kann. Der Senat verweist insoweit zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen Ausführungen in der einschlägigen Rechtsprechung (vgl. etwa OLG Frankfurt [Senat] ZfStrVo 2004, 248; NStZ-RR 2006, 125; Beschluss vom 28. April 2008 - 3 Ws 279/08 - juris; Brandenburgisches OLG ZfStrVo 2004, 114; Thüringer OLG ZfStrVo 2003, 304; KG NStZ-RR 2004, 157; OLG Rostock, Beschluss vom 19. Dezember 2005 - I Vollz [Ws] 9+10/04; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18. Januar 2007 - 1 Ws 203/05; jeweils zit. nach juris; weitere Nachweise bei Arloth, StVol...