Entscheidungsstichwort (Thema)
Modellbezeichnung als Herkunftshinweis im Sinne einer Zweitmarke (Stoffhosen SAM SHORTS Uni)
Leitsatz (amtlich)
1. Nicht jeder Modellbezeichnung kommt die Funktion einer Zweitmarke zu. Das setzt vielmehr voraus, dass der Verkehr die Modellbezeichnung einem bestimmten Hersteller zuordnet und nicht davon ausgeht, dass nur ein allein der internen Zuordnung dienendes Bestellzeichen vorliegt.
2. Ein Verständnis des Verkehrs als Zweitmarke kann fehlen, wenn es an einer markentypischen Hervorhebung der Modellbezeichnung mangelt, weil sie weder blickfangmäßig herausgestellt noch anderweitig hervorgehoben ist, und eine Dachmarke prominent ins Blickfeld gerückt ist.
Normenkette
MarkenG § 14
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 13.10.2021; Aktenzeichen 2-6 O 260/21) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Beschwerdewert: 50.000 EUR
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Gründe
1. Das Landgericht hat den Eilantrag zu Recht zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch aus §§ 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf Unterlassung der Benutzung der Marke "SAM".
a) Im Ausgangspunkt ist vorliegend der Verletzungstatbestand der Doppelidentität in Betracht zu ziehen. Die Antragsgegnerin hat in dem angegriffenen Internetangebot (Anlage Ast1) ohne Zustimmung der Antragstellerin im geschäftlichen Verkehr ein mit der Verfügungsmarke identisches Zeichen ("SAM") für Waren benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke Schutz genießt (Bekleidung).
b) Das Landgericht hat jedoch zu Recht angenommen, dass nicht festgestellt werden kann, dass der Verkehr die Bezeichnung "SAM" in dem angegriffenen Internetangebot
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kennzeichenmäßig nach Art einer Zweitmarke benutzt hat.
aa) Von einer kennzeichenmäßigen Verwendung ist insbesondere auszugehen, wenn ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs in einem Zeichen den Hinweis auf die Herkunft einer Ware oder Dienstleistung aus einem bestimmten Unternehmen sieht (BGH GRUR 2015, 1201 Rn. 68 - Sparkassenrot/Santander; GRUR 2019, 522 Rn. 25 - SAM). Ob dies der Fall ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Die Verkehrsauffassung wird durch die konkrete Aufmachung bestimmt, in der die angegriffene Bezeichnung dem Publikum entgegentritt. Abzustellen ist außerdem auf die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor, insbesondere auf die Art und Weise, in der Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden Waren üblicherweise verwendet werden. Im Bekleidungssektor gibt es verschiedene Kennzeichnungsgewohnheiten (BGH GRUR 2018, 932 Rn. 18 - darferdas?). Geht es um eine Modellbezeichnung in Verkaufsangeboten im Internet, kommt es auf die konkreten Umstände der Verwendung an. Dabei ist das Angebot in seiner Gesamtheit in den Blick zu nehmen (BGH GRUR 2019, 1289 Rn. 33 - Damen Hose MO). Insbesondere ihre Hervorhebung oder blickfangmäßige Herausstellung kann für eine markenmäßige Verwendung sprechen (vgl. BGH GRUR 2012, 1040Rn. 19 - pjur/pure; BGH GRUR 2017, 520Rn. 26 - MICRO COTTON). Erforderlich ist, dass der angesprochene Verkehr in der konkret in Rede stehenden Art der Verwendung einen Hinweis auf einen bestimmten Hersteller des in Rede stehenden Kleidungsstücks erblickt.
bb) In dem vorliegenden Angebot wird "SAM" als Modellbezeichnung verstanden, nämlich als Bezeichnung der angebotenen Shorts aus dem Hause Superdry. Dies ergibt sich zwanglos aus dem Kontext der blickfangmäßigen, fett gedruckten Überschrift "SUPERDRY" und der Unterüberschrift "Stoffhosen SAM SHORTS Uni". Bei dieser Art der Gestaltung erkennt der angesprochene Verkehr, dass "SAM" das konkrete Kleidungsmodell bezeichnen soll, während "SUPERDRY" als Dachzeichen für eine ganze Modellreihe steht.
cc) Mit der Einordnung als Modellbezeichnung ist allerdings noch nicht gesagt, dass eine markenmäßige Benutzung zu verneinen ist. Die Begriffe "Modellbezeichnung" und "Zweitmarke" schließen sich nicht aus. Vielmehr ist eine Zweitmarke regelmäßig auch eine Modellbezeichnung. Sie dient nämlich neben der für eine ganze Produktlinie vorgesehenen Dachmarke der Kennzeichnung eines konkreten Modells (z.B. VW - Golf; Levi's - 501; kinder - bueno; etc.). Allerdings kommt nicht jeder Modellbezeichnung die Funktion einer Zweitmarke zu. Das setzt vielmehr voraus, dass der Verkehr die Modellbezeichnung einem bestimmten Hersteller zuordnet und nicht davon ausgeht, dass nur ein allein der internen Zuordnung dienendes Bestellzeichen vorliegt, das auch andere Hersteller zur internen Individualisierung ihrer Modelle verwenden können. Seine frühere Rechtsprechung, wonach bei Modellbezeichnungen im Bekleidungssektor regelmäßig davon auszugehen ist, dass sie zumindest auch auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Betrieb hinweisen (vgl. BGH GRUR 1970, 552 - Felina-Britta; BGH BB 1961, 229 - Tosca), hat der BGH auf...