Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundbuch: Nachweis der Vertretungsberechtigung des Bürgermeisters und 1. Beigeordneten
Leitsatz (amtlich)
Zum Nachweis der Vertretungsberechtigung des Bürgermeisters und des 1. Beigeordneten für die Gemeinde im Grundbuchverfahren.
Normenkette
GBO § 29 Abs. 1 S. 2; HGO § 71 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Marburg (Beschluss vom 09.06.2015) |
Tenor
Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.
Gründe
I. Die Antragstellerin zu 1) erwarb mit notariellem Vertrag vom 20.10.2014 (UR-Nr .../2014) des verfahrensbevollmächtigten Notars von den Antragstellern zu 2) und 3) ein noch zu vermessendes Teilstück des eingangs bezeichneten Grundstückes Bestandsverzeichnis Nr. 4 mit einer Größe von ca. 60 qm.
Die Auflassung wurde nach Vermessung bezüglich des nunmehr im Bestandsverzeichnis Nr. 6 neu eingetragenen Grundstückes (Flur ..., Flurstück ...) entsprechend einer in dem Kaufvertrag von beiden Vertragsparteien erteilten Vollmacht in der UR-Nr .../2015 des verfahrensbevollmächtigten Notars vom 23.3.2015 durch eine Notariatsangestellte erklärt. In der Kaufvertragsurkunde UR-Nr. 6 .../2014 traten für die Gemeinde X (Antragstellerin zu 3) Herr A als Bürgermeister und Frau B als 1. Beigeordnete auf.
Nach Einreichung des Kaufvertrages nebst Auflassungsurkunde und Unbedenklichkeitsbescheinigung sowie Widerrufserklärung der Gemeinde X vom 20.10.2014 bezüglich des zuvor ausgeübten Vorkaufsrechtes mit dem Antrag auf Eigentumsumschreibung beanstandete die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes mit Zwischenverfügung vom 9.6.2015, es fehle der Nachweis, dass am 20.10.2014 Herr A der Bürgermeister und Frau B die 1. Beigeordnete der Gemeinde X gewesen seien; es sei der Nachweis der Vertretungsmacht in der Form des § 29 GBO zu führen oder die Genehmigung der Gemeinde zu den Erklärungen in der Urkunde Nr .../2014 in der Form des § 29 Abs. 3 GBO einzureichen.
Gegen diese Zwischenverfügung legte der verfahrensbevollmächtigte Notar mit Schreiben vom 17.6.2015, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, Beschwerde ein, mit welcher er insbesondere geltend machte, die Vertretungsberechtigung der beiden Personen könne als allgemeinkundig und öffentlich bekannt vorausgesetzt werden.
Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes hat der Beschwerde mit Beschluss vom 13.7.2015, auf dessen Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird, nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung, über die nach der erfolgten Nichtabhilfe durch die Grundbuchrechtspflegerin gemäß §§ 72, 75 GBO der Senat als Beschwerdegericht zu entscheiden hat, ist zulässig. Dabei ist mangels näherer Konkretisierung in der Beschwerdeschrift davon auszugehen, dass als Beschwerdeführer hier nicht der Notar selbst auftreten wollte, dem für eine Beschwerdeeinlegung im eigenen Namen die Beschwerdebefugnis fehlen würde, sondern es ist davon im Wege der gebotenen Auslegung auszugehen, dass die Beschwerdeeinlegung durch den Notar namens aller drei antragsberechtigten Antragsteller aufgrund der Ermächtigung des § 15 GBO erfolgt ist (vgl. Demharter, GBO, 29. Aufl., § 15 Rn. 20 m.w.N.).
Die Beschwerde führt auch in der Sache zum Erfolg, da im vorliegenden Fall ein über den Inhalt der Urkunde hinausgehender Nachweis, dass es sich bei den beiden für die Gemeinde bei dem Erwerb eines Grundstückes in einer Größe von ca. 60 qm handelnden Personen um den Bürgermeister und die 1. Beigeordnete der Gemeinde X handelt, wegen Offenkundigkeit nicht erforderlich ist.
Allerdings gehört zu den sonstigen Voraussetzungen der Grundbucheintragung im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO, die grundsätzlich des Nachweises durch öffentliche Urkunden bedarf, auch die Vertretungsberechtigung der für eine juristische Person des öffentlichen Recht handelnden Personen (vgl. Demharter, GBO, 29. Aufl., § 29 Rn. 15; Meikel/Hertel, GBO, 11. Aufl., § 29 Rn. 113.; Bauer/von Oefele/Knothe, GBO, 3. Aufl., § 29 Rn. 42; KEHE/Volmer, Grundbuchrecht, 7. Aufl., § 29 Rn. 63). Ein solcher Nachweis, der bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts grundsätzlich durch eine Erklärung der Aufsichtsbehörde in öffentlicher Urkunde oder eine Bescheinigung der vertretenen juristischen Person selbst in der Form des § 29 Abs. 3 GBO geführt werden kann (vgl. Demharter, a. a. aO., § 19 Rn. 74.3; Staudinger/Hertel, BGB, Neubearb. 2012, Vorbem. zu §§ 127a, 128 BeurkG Rn. 343 m.w.N.; Meikel/Hertel, a.a.O., § 29 Rn. 124; BayObLG Rpfleger 1986, 370; OLG Düsseldorf FGPrax 2004, 56; OLG Zweibrücken FGPrax 2013, 162) ist jedoch nach § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO dann entbehrlich, wenn die Vertretungsberechtigung bei dem Grundbuchamt oder dem an dessen Stelle tretenden Beschwerdegericht offenkundig sind. Dies hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 18.6.2014 (Az. 20 W 50/14), der ebenfalls eine Zwischenverfügung des hier betroffenen Grundbuchamtes betraf, ausgeführt, woran er auch weiter festhält. Eine solche Offenkundigkeit kommt insbesondere bei der Vertretung einer Stadt ...