Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Mitwirkungspflicht des Antragsgegners im Beweisverfahren
Normenkette
ZPO § 485
Verfahrensgang
LG Gießen (Beschluss vom 27.07.2020; Aktenzeichen 4 OH 7/18) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners zu 1) gegen den Beschluss des Landgerichts Gießen vom 27.07.2020 wird zurückgewiesen.
Die Rüge gemäß § 321a Absatz 1 ZPO wird als unzulässig zurückgewiesen.
Der Antragsgegner zu 1) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Beschwerdewert wird auf 16.875,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsgegner zu 1) und die Antragsgegnerin zu 2) waren durch die Antragstellerin beauftragt, den Rohbau des Seniorenheims in Stadt1, Straße1, bzw. die Heizungs- und Sanitärarbeiten an dem o. g. Seniorenheim durchzuführen. Die Antragsgegnerin zu 3) war die Firma des A, der mit der Bauleitung einschließlich der Bauvorbereitungen beauftragt war. Nachdem es im Oktober 2017 zu einem Wasseraustritt im Erdgeschoss kam, wurde festgestellt, dass die Abflussleitungen im WC eines Zimmers im Erdgeschoss auseinandergeklafft war.
Die Antragstellerin beantragte daher unter dem 03.02.2018 die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens bei dem Landgericht Gießen. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige B (Stadt2) erstellte am 13.12.2018 ein Gutachten, in dem er Mängel feststellte.
Mit Beschluss vom 11.04.2019 hat das Landgericht aufgrund der Fragen der Antragstellerin und des Antragsgegners zu 1) ein Ergänzungsgutachten eingeholt, das durch den Sachverständigen unter dem 09.08.2019 schriftlich erstattet wurde. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 02.01.2020 aufgrund der Einwendungen der Antragsgegnerin zu 2) ein weiteres schriftliches Ergänzungsgutachten eingeholt, welches der Sachverständige am 08.05.2020 anfertigte.
Der Antragsgegner zu 1) hat mit Schriftsatz vom 02.06.2020 (Bl. 436 ff. d. A.) beantragt, der Antragstellerin aufzugeben, dem Sachverständigen detaillierte Auskunft über den Bauablauf zu erteilen und ihm sämtliche Videoaufzeichnungen, die sie über den gesamten Bauablauf hergestellt hat, zur Auswertung zur Verfügung zu stellen. Ferner hat der Antragsgegner zu 1) beantragt, ein ergänzendes Sachverständigengutachten zu der Einwendung einzuholen, dass die Rohrverbindungen durch eine bauwidrige Belastung auseinandergedrückt worden sind, für die diese Rohrverbindungen auch unter Berücksichtigung und Einhaltung der DIN-Vorschriften nicht ausgelegt waren.
Mit Beschluss vom 27.07.2020 (Bl. 449 d. A.), zugestellt am 28.07.2020, hat das Landgericht die Anträge des Antragsgegners zu 1) zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass es keine prozessuale Möglichkeit sehe, eine Erklärung der Antragstellerin über einen Lebenssachverhalt herbeizuführen. Zudem habe sich der Sachverständige zur Frage der Ursächlichkeit abschließend geäußert.
Der Antragsgegner zu 1) hat mit Schriftsatz vom 30.07.2020 (Bl. 468 f. d. A.) hiergegen Beschwerde eingelegt mit Antrag, das Beweissicherungsverfahren fortzusetzen. Zudem hat er Rüge gemäß § 321a Absatz 1 ZPO erhoben.
Mit Beschluss vom 04.08.2020 (Bl. 472 d. A.) hat das Landgericht der Beschwerde des Antragsgegners zu 1) nicht abgeholfen und auf die Ausführungen im Beschluss vom 27.07.2020 Bezug genommen.
II. 1. Die Anhörungsrüge gemäß § 321a Absatz 1 ZPO ist nicht statthaft. Nach der gesetzgeberischen Konzeption sind Gehörsverletzungen von der betroffenen Partei grundsätzlich im allgemeinen Rechtsmittelsystem zu verfolgen. Es müssen alle prozessualen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um eine Gehörsverletzung zu verhindern oder ihre Korrektur zu erwirken (BGH, NJW-RR 2018, 404 Rn. 7 f. m. w. N.). Eine Anhörungsrüge ist deshalb nur statthaft, wenn die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht oder nicht mehr mit einem Rechtsmittel oder Rechtsbehelf geltend gemacht werden kann (vgl. nur Musielak, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 321a Rn. 7). Hieran fehlt es, weil die durch den Antragsgegner zu 1) zugleich eingelegte Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts vom 27.07.2020 statthaft ist.
2. Die als sofortige Beschwerde auszulegende Beschwerde des Antragsgegners zu 1) ist gemäß § 567 Absatz 1 Nr. 2 ZPO statthaft, da sich der Antragsgegner zu 1) gegen die Zurückweisung seiner Gegenanträge aus dem Schriftsatz vom 02.06.2020 richtet und dann der Antragsgegner genauso wie bei einer Zurückweisung des Antrags eines Antragstellers sofortige Beschwerde einlegen kann (OLG Hamm, BauR 2003, 1763, 1764; OLG Düsseldorf, BauR 1996, 896). Sie ist auch zulässig, weil sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wurde (§ 569 Absatz 1 ZPO).
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 1) ist jedoch unbegründet. Der Beschluss des Landgerichts vom 27.07.2020 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat zu Recht eine weitere Beweiserhebung abgelehnt, so dass das selbstständige Beweisverfahren beendet ist.
a) Im selbstständigen Beweisverfahren besteht gr...