Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Überwachungspflicht für den Anschlussinhaber bei der Benutzung des Internetanschlusses durch Familienangehörige
Leitsatz (amtlich)
Auch wenn Urheberrechtsverletzungen im Internet häufig vorkommen und darüber in den Medien umfangreich berichtet wird, ist der Inhaber eines Internetanschlusses nicht ohne weitere Anhaltspunkte für eine zu erwartende Rechtsverletzung verpflichtet, seine Familienangehörigen bei der Nutzung seines Anschlusses zu überwachen.
Normenkette
UrhG § 97
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-3 O 172/07) |
Gründe
I. Die Verfügungsklägerin (nachfolgend: Klägerin) hat den Verfügungsbeklagten (nachfolgend: Beklagter) als Störer wegen einer Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen.
Die Klägerin hat behauptet, am 18.9.2006 ab 11:50:25 Uhr seien unter der IP-Adresse ... insgesamt 290 Audiodateien im mp3-Format illegal im Internet verfügbar gemacht worden. Unter den 290 Audiodateien hätten sich auch die Musikaufnahmen "...", "..." und "..." der Künstlergruppe A befunden. An diesen Musiktiteln habe sie aufgrund eines am 13.10. 2003 geschlossenen exklusiven Vertrages mit der Künstlergruppe A die ausschließlichen Verwertungsrechte der ausübenden Künstler erworben. Zudem habe sie Verwertungsrechte als Tonträgerhersteller.
Zum Zeitpunkt des Downloads sei die genannte IP-Adresse dem Computer des Beklagten zugeteilt gewesen. Dies ergebe sich aus Auskünften der B AG sowie des Provider C AG ggü. der Staatsanwaltschaft Aurich in einem Strafverfahren gegen den Beklagten wegen Urheberrechtsverletzung (Bl. 22-24 d.A.).
Auf Antrag der Klägerin hat das LG durch eine im Beschlusswege ergangene einstweilige Verfügung vom 11.4.2007 dem Beklagten untersagt, die oben genannten Musikaufnahmen der Künstlergruppe A auf einem Computer zum Abruf durch andere Teilnehmer von Filesharing-Systemen bereitzustellen und damit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dagegen hat der Beklagte Widerspruch erhoben.
Der Beklagte hat u.a. behauptet, weder er noch seine im Haushalt lebenden Familienangehörigen hätten am 18.9.2006 einen der drei Songs der Gruppe A heruntergeladen oder anderen Benutzern zugänglich gemacht. Er selbst sei bei der Feuerwehr in O1 beschäftigt und habe zu der fraglichen Zeit seinen Dienst verrichtet. Auch seine Ehefrau sei berufstätig und am 18.9.2006 im Dienst gewesen. Seine volljährige Tochter sei gleichfalls berufstätig und habe an diesem Tag gearbeitet. Die minderjährige Tochter sei noch schulpflichtig und zu dieser Zeit in der Schule gewesen. Eine Nutzung des Computers durch diese drei Personen scheide auch deshalb aus, weil er seinen Internetzugang durch ein eigenes Passwort geschützt habe, das den übrigen Personen in seinem Haushalt nicht bekannt sei. Ferner hat er sich darauf berufen, seine minderjährige Tochter und seine volljährige Tochter stets eindringlich darauf hingewiesen zu haben, keine widerrechtlichen Nutzungen in Form von Urheberrechtsverletzungen oder ähnlichen Verstößen im Internet vorzunehmen.
Wegen der Verdachts einer gleich liegenden Urheberrechtsverletzung wurde gegen den Beklagten ein weiteres Strafverfahren von der Staatsanwaltschaft Aurich geführt, das zum Gegenstand hatte, dass am 20.10.2006 mit der IP-Nummer ... insgesamt 547 Audiodateien rechtswidrig über das Internet öffentlich zugänglich gemacht worden seien. Auch in dieser Strafsache erteilten die B AG und der Internetprovider C AG der Staatsanwaltschaft die Auskunft, dass die IP-Nummer dem Beklagten zugeordnet gewesen sei. Bei einer Vernehmung in der vorgenannten Strafsache gab der Beklagte an, er habe vier Kinder im Alter von 17 bis 31 Jahren. Jedes seiner Kinder habe noch Zugang zum Elternhaus. Im Haushalt wohnten nur noch die 14jährige Tochter und der 27jährige Sohn. Zum Computer der Beklagten habe jeder Zugang.
In der Widerspruchsverhandlung hat der Beklagte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Durch den angefochtenen Beschluss hat das LG die Kosten des Eilverfahrens der Klägerin auferlegt und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass die Musikaufnahmen "..." und "..." zum Download zur Verfügung gestanden hätten und dass die fragliche IP-Adresse zum Zeitpunkt der rechtsverletzenden Handlung dem Internetanschluss des Beklagten zugeordnet gewesen sei. Gegen den am 3.9.2007 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 10.9.2007 sofortige Beschwerde eingelegt.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.
Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das LG hat im Ergebnis zu Recht die Kosten des Eilverfahrens der Klägerin auferlegt.
Nachdem die Parteien das Eilverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 91a ZPO). Dies führt hier dazu, dass ...