Entscheidungsstichwort (Thema)

GmbH. Gründung. Satzungsänderung im Gründungsstadium. Unternehmergesellschaft. Vor-GmbH. Vorgesellschaft. Änderung des Stammkapitals im Gründungsstadium (Erniedrigung). Abänderung des GmbH-Gesellschaftsvertrages vor Eintragung im Handelsregister

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Gesellschaftsvertrag, mit dem zunächst eine GmbH mit einem Stammkapital von mindestens Euro 25.000,00 gegründet wurde, kann vor deren Eintragung in das Handelsregister, so lange sie sich also im Stadium einer Vorgesellschaft ("Vor-GmbH") befindet, auch insoweit abgeändert werden, als nunmehr ein Stammkapital vereinbart wird, das unter Euro 25.000,00 liegt und somit eine Unternehmergesellschaft gegründet werden. Dem stehen weder § 58 Absatz 2 Satz 1 i.V.m. § 5 Absatz 1 GmbHG noch § 5 a GmbHG entgegen.

 

Normenkette

GmbHG §§ 2, 5, 5a, 53, 58

 

Verfahrensgang

AG Kassel (Entscheidung vom 18.08.2010)

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der angefochtene Beschluss aufgehoben und das Verfahren an das Amtsgericht Kassel zurückverwiesen.

Das Amtsgericht wird angewiesen, den Eintragungsantrag der Antragsteller unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.

 

Gründe

I. Die Beschwerdeführer begehren die Eintragung der Beteiligten zu 1) in das Handelsregister und gleichzeitig ihre Bestellung zu deren Geschäftsführern.

Mit der diesbezüglichen Anmeldung vom 14.06.2010 (Bl. 2 ff d. Registerakte) haben sie Bezug genommen auf zwei Gründungsurkunden vom 08.07.2005, UR CC/2005 (Bl. 19 ff d. Registerakte) und vom 14.06.2010, UR BB/2010 (Bl. 7 ff d. Registerakte), jeweils des verfahrensbevollmächtigten Notars nebst Gesellschafterverträgen (Bl. 23 ff und 13 ff d. Registerakte).

In der ersten Gesellschafterversammlung vom 08.07.2005 haben die Beschwerdeführer die Firma X-GmbH mit einem Stammkapital in Höhe von Euro 25.000,00 gegründet.

Diese GmbH ist nachfolgend nicht zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet worden.

In der zweiten Gesellschafterversammlung vom 14.06.2010 haben die Beschwerdeführer sodann unter Bezugnahme auf die vorgenannte Gründungsurkunde unter der Überschrift "Änderung des Gesellschaftsvertrages" vereinbart, dass "anstelle der bisher beabsichtigten GmbH diese Gesellschaft als Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt gegründet wird" und der in der Gesellschafterversammlung vom 08.07.2005 enthaltene Vertrag dahingehend geändert wird, dass die Gesellschaft unter der nun angemeldeten Firma als Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) errichtet wird. Der Gesellschaftsvertrag vom 08.07.2005 wurde in den §§ 1, 4 und 12 neu gefasst. Dabei wurde ein Stammkapital von Euro 1.000,00 vereinbart.

Mit Schreiben vom 22.06.2010 (Bl. 40 d. Registerakte) hat das Amtsgericht auf folgende Eintragungshindernisse hingewiesen:

Zwar könne eine einmal gegründete Unternehmergesellschaft durch Zahlung des Mindeststammkapitals von 25.000,00 in eine GmbH "erstarken", der umgekehrte Weg sei der GmbH allerdings verschlossen. Weiterhin wurden das in der Satzung bestimmte Veröffentlichungsmedium sowie die angegebenen Gründungskosten moniert.

Hinsichtlich der letzten beiden Beanstandungen ist sodann eine Ergänzungsanmeldung vom 13.07.2010 (Bl. 42 ff d. Registerakte) erfolgt.

Bezüglich der ersten Beanstandung führten die Beschwerdeführer jedoch mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 13.07.2010 (Bl. 58 ff d. Registerakte) insbesondere aus: Es sei richtig, dass zunächst durch die Urkunde vom 08.07.2005 eine GmbH-Gründung erfolgt sei, durch die mangels Eintragung im Handelsregister jedoch nur eine Vorgesellschaft entstanden sei. Wenn die Gründungsabsicht später aufgegeben werde, müsse die Gesellschaft als "fehlgeschlagene Vorgesellschaft" bezeichnet werden, auf die das Recht der Vorgesellschaft keine Anwendung finde, da die Vorgesellschaft ein bloßes Durchgangsstadium sei, das bei Entstehung einer GmbH notwendig auf diese ausgerichtet sei. Allein hierauf gründe sich die rechtliche Anerkennung, die insbesondere die spätere Außenhaftung der Gesellschafter im Falle einer späteren Eintragung ausschließe. Ein Personenzusammenschluss ohne die Zielrichtung der GmbH-Eintragung unterliege daher vom Zeitpunkt des Wegfalls der Gründungsabsicht dem Recht der BGB-Gesellschaft, soweit nicht ein Handelsgewerbe betrieben werde, was dann zur OHG führe. Die §§ 53 ff des GmbHG seien auf die Vorgesellschaft nicht anwendbar, mithin auch nicht die Bestimmungen über Kapitalerhöhungen und Kapitalherabsetzungen. Es sei nicht erkennbar, dass die Gründung einer Unternehmergesellschaft nur dann möglich sei, wenn die entsprechenden Personen keinerlei gemeinsame Vorgeschichte hätten, insbesondere eine zuvor bestehende BGB-Gesellschaft nicht berechtigt wäre, eine solche Gesellschaft zu gründen. Nichts anderes sei hier geschehen, in dem die Vorgesellschaft einstimmig den Beschluss gefasst habe, ihre GmbH-Gründungsabsicht aufzugeben und stattdessen eine Unternehmergesellschaft zu gründen. Auch wenn die Rechtsprechung von einer eigenständigen Rechtsform der...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?