Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreuervergütung: Studium als Lehrer in Kasachstan

 

Leitsatz (amtlich)

Das an einer staatlichen Hochschule in Kasachstan abgeschlossene Studium zur Lehrerin für die deutsche und englische Sprache vermittelt betreuungsrelevante Kenntnisse ist einem deutschen (Fach-)Hochschulabschluss vergleichbar und rechtfertigt die Einstufung in die höchste Vergütungsgruppe für Berufsbetreuer.

 

Normenkette

BVormVG § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2; VBVG § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Marburg (Aktenzeichen 3 T 115/05)

 

Gründe

Die sofortige weitere Beschwerde ist im Hinblick auf die Zulassung durch das LG statthaft und auch im Übrigen zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, da die Entscheidung des LG nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 FGG, 546 ZPO).

Nach §§ 1908i Abs. 1 BGB, 1836 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 a.F. BGB, 1836a a.F. BGB bemisst sich die Vergütung des Berufsbetreuers, die bei Mittellosigkeit des Betreuten aus der Staatskasse zu zahlen ist, nach § 1 Berufsvormündervergütungsgesetz (BVormVG, - jetzt Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern - VBVG).

Gemäß § 1 Abs. 1 BVormVG ist für jede Stunde der für die Führung der Betreuung aufgewandten und erforderlichen Zeit ein der Qualifikation des Betreuers entsprechender vom Gesetzgeber in einer typisierten dreistufigen Skala verbindlich festgelegter Betrag zzgl. Mehrwertsteuer vorgesehen. Der Mindestsatz beträgt gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 BVormVG 18 EUR. Verfügt der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, so erhöht sich die Vergütung auf 23 EUR, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre und auf 31 EUR, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule erworben wurden. Dabei zählen nach dem Willen des Gesetzgebers zu den Hochschulen im Sinne dieser Vorschrift auch Fachhochschulen (vgl. BayObLG BtPrax 2001, 36; OLG Braunschweig BtPrax 2000, 103). Hierbei kann es sich auch um ein abgeschlossenes Studium an einer ausländischen (Fach-)Hochschule handeln, wenn der abgeschlossene Studiengang einer inländischen (Fach-) Hochschulausbildung vergleichbar ist (BayObLG FamRZ 2004, 1232 f.). Auch bei Fehlen einer förmlichen Anerkennung des Studienabschlusses kann dieser zu bejahen sein, wenn die zuständige Kultusverwaltung die Vergleichbarkeit des Studienabschlusses auf andere Weise zum Ausdruck gebracht hat (z.B. durch Bescheinigung einer Lehrfähigkeit oder den Einsatz als Prüfer, vgl. BayObLG, a.a.O.).

Ob ein Berufsbetreuer die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG erfüllt, obliegt der Beurteilung des Tatrichters und kann vom Rechtsbeschwerdegericht lediglich auf Rechtsfehler überprüft werden (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG), die nur dann vorliegen, wenn der Tatrichter einen unbestimmten Rechtsbegriff verkannt hat, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hatte, gegen Denkgesetze verstoßen oder allgemein bekannte Erfahrungssätze nicht beachtet hat (vgl. BayObLG BtPrax 2000, 81/82 und 124/125).

Nach diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des LG, wonach die von der Betreuerin abgeschlossene Ausbildung an der kasachischen Hochschule in Ust-Kamenogorsk zur Lehrerin der deutschen und englischen Sprache dem Abschluss einer im Inland erworbenen Hochschule entspreche, nicht zu beanstanden; die Einschätzung des LG lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

Das LG stützt sich zu Recht auf die Auskunft des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, die von der Kammer eingeholt wurde, da die zuvor vorgelegten Nachweise eine eindeutige Einordnung der Ausbildung der Betreuerin nicht zuließen. Der Auskunft des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst lässt sich zum einen entnehmen, dass es sich bei der Universität an der die Betreuerin ihren Abschluss erworben hat, um die staatliche Universität Kasachstan handelt, die mit einer deutschen Universität vergleichbar sei. Ebenso sei das dort absolvierte Studium einem Lehramtsstudium an einer deutschen Hochschule gleichzusetzen. Der einzige Unterschied bestehe darin, dass in Deutschland regelmäßig der Abschluss für zwei Fächer zu absolvieren sei, in Kasachstan jedoch nur für ein Fach. Allerdings sei das Studium in diesem einen Fach deutlich umfangreicher als ein entsprechendes Studium in einem Lehramtsfach in Deutschland. Die Frage, ob die Betreuerin über eine abgeschlossene Ausbildung in einer Hochschule oder eine vergleichbare Ausbildung verfüge sei - so das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst - eindeutig zu bejahen (Bl. 41 d.A.).

Wie sich aus dem von der Betreuerin vorgelegten Notenspiegel (Bl. 25 f. d.A.) ergibt, hat sie im Rahmen ihres Studiums auch für Betreuungen nutzbare relevante Kenntnisse vermittelt bekommen; hierbei handelt es sich insbesondere um die Kenntnisse in Pädagogik und Psychologie, die betreuungsrelevante Kenntnisse darstellen (vgl. Palandt/Diederichsen, 63. Aufl., § 1836a Rz. 2/3).

Soweit...

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