Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Mehrheitsbeschluß bei der sog. faktischen Gemeinschaft durch Alleineigentümer
Verfahrensgang
AG Friedberg (Hessen) (Aktenzeichen II 190/84) |
LG Gießen (Aktenzeichen 7 T 20/85) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gerichtliche und außergerichtliche Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat die Beteiligte zu 2) zu tragen.
Wert: 11.000,– DM.
Gründe
Wegen des Sachverhalts wird auf dessen Darstellung in den Gründen des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
Die zulässige sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist in der Sache nicht begründet. Der angefochtene Beschluß ist aus Rechtsgründen im Ergebnis nicht zu beanstanden. Beide Vorinstanzen haben zutreffend festgestellt, daß die Beteiligte zu 2) am 31.12.1982 und 07.01.1983 keine für die Beteiligten verbindlichen Beschlüsse gemäß § 23 WEG gefaßt hat.
Für diese Feststellung kann letztlich unentschieden bleiben, ob zur Entstehung einer faktischen Wohnungseigentümergemeinschaft, auf die dann die materiellen Vorschriften des WEG Anwendung finden, der Kaufvertrag und die Inbesitznahme durch einen Dritterwerber ausreichen (vgl. zum Meinungsstreit die Nachweise bei Bärmann-Pick-Merle, WEG, 5. Aufl., § 3 Rdnr. 84; Palandt-Bassenge, BGB, 44. Aufl., vor § 1 WEG Anm. 2 d) oder zusätzlich eine Auflassungsvormerkung zu verlangen ist (vgl. dazu OLG Frankfurt Rpfleger 76, 253 und Senatsbeschluß 21 W 91/79 vom 24.04.1979). Selbst wenn die Beteiligte zu 2) nach ihrem Vortrag aufgrund des Vertrages vom 28.12.1982 und der damit verbundenen Inbesitznahme auch ohne Auflassungsvormerkung die Stellung einer werdenden Eigentümerin erlangt hätte, wäre sie damit, weil sie alle Eigentumswohnungen erwerben sollte, faktisch an die Stelle des teilenden Eigentümers, ihres Ehemannes, getreten. Damit ist aber noch keine faktische Wohnungseigentümergemeinschaft entstanden, die Beschlüsse nach § 23 WEG fassen kann, weil dazu mindestens ein weiterer Wohnungseigentümer gehört, damit von einer Gemeinschaft gesprochen worden kann (Palandt-Bassenge, a.a.O., vor § 1 WEG Anm. 2 d; Bärmann-Pick-Merle, a.a.O., § 3 Rdnr. 84). Wenn jetzt die Beteiligte zu 2) als „Alleineigentümerin” mit allen Anteilen einstimmig Beschlüsse faßt, dann sind diese nicht einmal nur nichtig, sondern stellen sich, weil es an einem Mehrheitsbeschluß der Gemeinschaft im Sinne des § 23 WEG fehlt, als ein sog. juristisches Nihil dar (vgl. Bärmann-Pick-Merle, a.a.O., § 23 Rdnr. 33; BayObLG MDR 80, 142). Es ist damit auch nicht erforderlich, die „Eigentümerbeschlüsse” fristgerecht anzufechten (§ 23 IV WEG), sondern das Gericht kann – wie geschehen – die Unbeachtlichkeit der Beschlüsse im Verfahren nach § 43 I 4 WEG feststellen (Bärmann-Pick-Merle, a.a.O., § 23 Rdnr. 32).
An diesem Ergebnis würde sich auch dann nichts ändern, wenn man – unter Verzicht auf die Auflassungsvormerkung – eine faktische Wohnungseigentümergemeinschaft zwischen den Beteiligten zu 1), 2) und 5) zur Zeit der Beschlußfassung deswegen annehmen würde, weil die Beteiligten zu 1) und 5) am 30.12.1982 den Kaufvertrag abgeschlossen und am 31.12.1982 ihre Wohnung in Besitz genommen haben. Auch dann könnte nicht ein faktischer Wohnungseigentümer, hier die Beteiligte zu 2), unter Ausschaltung der übrigen als „Alleineigentümer” einen einstimmigen Beschluß nach § 23 WEG fassen und die späteren Wohnungseigentümer auf den Weg der Anfechtung verweisen bzw. sich auf den Ablauf der Anfechtungsfrist berufen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 47, 48 II WEG.
Fundstellen