Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines Rechtsanwalts im Gewaltschutzverfahren
Normenkette
GewSchG § 1; FamFG § 76 Abs. 2, § 78 Abs. 2; StGB § 241
Verfahrensgang
AG Wiesbaden (Beschluss vom 26.06.2014; Aktenzeichen 541 F 30/14) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Rechtsanwalt RA1 wird der Antragstellerin beigeordnet.
Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Antragstellerin, sie hat einen Immigrationshintergrund und ist Empfängerin von Leistungen nach dem SGB II, wendet sich gegen die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit Wirkung zum 24.3.2014 und gegen die Versagung der Beiordnung ihres Rechtsanwalts.
Mit Schreiben ihres Rechtsanwaltes vom 21.3.2014, eingegangen bei dem AG am 24.3.2014, hat die Antragstellerin gegen den Antragsgegner, ihren von ihr getrennt lebenden Ehemann, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 1 GewSchG gestellt. Diesen hat sie damit begründet und dies auch an Eides statt versichert, dass sie am... 3.2014 gegen 22 Uhr vom Antragsgegner am Telefon mit dem Tode bedroht worden sei. Gleichzeitig hat sie die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung ihres Rechtsanwaltes beantragt. Mit Beschluss vom 24.3.2014 hat das AG eine einstweilige Anordnung gegen den Antragsgegner erlassen und dabei Schutzmaßnahmen nach § 1 GewSchG, insbesondere ein Kontaktaufnahmeverbot, angeordnet. Mit Schreiben vom 26.3.2014 gab das AG der Antragstellerin auf, die Notwendigkeit der anwaltlichen Vertretung im Verfahren darzulegen. Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 31.3.2014 legte die Antragstellerin dar, dass bereits in der Vergangenheit einmal eine Verfügung nach dem GewSchG von dem Antragsgegner nicht beachtet worden war und dass die Bedrohung mit dem Tode für sie eine "wichtige Rechtsangelegenheit" darstelle. Mit Schreiben vom 6.5.2014 und 15.5.2014 hat der Antragsgegner "Widerspruch" gegen die Entscheidung erhoben und den geltend gemachten Tatvorwurf bestritten. Noch vor Durchführung des vom AG bestimmten Termins zur mündlichen Verhandlung am 30.6.2014 nahm die Antragstellerin - nach ihrem Vorbringen aus Rücksicht auf die gemeinsamen Kinder - ihren Antrag mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 27.5.2014 zurück. Das AG hob mit Beschluss vom 26.6.2014 die Anordnung vom 24.3.2014 auf und legte die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin auf, da nicht feststehe, "ob ihre Angaben zutreffen" würden. Mit Beschluss vom selbigen Tage gewährte es der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe "mit Wirkung ab 24.3.2014" und lehnt die Beiordnung ihres Rechtsanwalts ab, weil eine anwaltliche Vertretung nicht erforderlich erscheine. Gegen die zuletzt genannte Entscheidung legt die Antragstellerin Beschwerde ein und begehrt die Beiordnung ihres Rechtsanwalts und die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe "rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung". Nach einer zwischenzeitlich wegen nicht hinreichender Begründung seiner Nichtabhilfeentscheidung erfolgten Zurückverweisung an das AG legt dieses in seiner neuerlichen Nichtabhilfeentscheidung vom 13.8.2014 nunmehr dar, dass es sich bei der Bedrohung eines Menschen mit dem Tode zwar subjektiv um eine wichtige Rechtsangelegenheit der Antragstellerin handeln mag, dass dies jedoch objektiv nicht der Fall sei, weil es sich hierbei um einen regelmäßigen Fall von § 1 GewSchG handele und die Bedrohung bereits nach § 241 StGB unter Strafe gestellt sei. Im Übrigen sei in der Gerichtspraxis nahezu jeder Antragsteller eines Gewaltschutzverfahrens rechtsunkundig, weshalb der Antragstellerin der Weg zu der Rechtsantragsstelle des AG, in der geschulte Rechtspfleger tätig seien, offen stand.
II. Die nach §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist auch begründet.
Der Antragstellerin ist gemäß § 78 Abs. 2 FamFG ein Rechtsanwalt beizuordnen. Gemäß § 78 Abs. 2 FamFG ist in Familienverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die wie hier nicht dem Anwaltszwang unterliegen, dann ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Wie diese Frage im einstweiligen Anordnungsverfahren betreffend von begehrten Anordnungen nach § 1 GewSchG zu beurteilen ist, ist umstritten.
Nach einer insbesondere vom OLG Celle in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung sei aus objektiver Sicht in einem einstweiligen Anordnungsverfahren in einer Gewaltschutzsache regelmäßig von keiner schwierigen Sach- und Rechtslage auszugehen und der Antragsteller auf den ihm freien Zugang zur Rechtsantragsstelle des Gericht zu verweisen (OLG Celle ZKJ 2014, 210; BeckRS 2014, 01690).
In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird dagegen überwiegend die Auffassung vertreten, dass in verfassungskonformer Auslegung von § 78 Abs. 2 FamFG eine Anwaltsbeiordnung unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG NJW-RR 2007, 1713) in Betracht zu ziehen ist, wenn eine bemittelte Partei ebenfal...