Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit von § 140 IV PatG
Leitsatz (amtlich)
Es ist zwar fraglich, ob nach Einführung der Fachanwaltschaft für gewerblichen Rechtsschutz die Erstattungsfähigkeit der Patentanwaltskosten ohne Erforderlichkeit nach § 140 Abs. 4 PatG noch zu begründen ist. Das gesetzgeberische Festhalten an § 140 Abs. 4 PatG erscheint jedoch trotz Bedenken im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG noch vertretbar, so dass eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht veranlasst ist.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; PatG § 140 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 13.09.2019; Aktenzeichen 2-3 O 473/18) |
Nachgehend
Tenor
1.) Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2.) Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3.) Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Festsetzung von Patentanwaltskosten.
Gegenstand des Rechtsstreits war eine auf Auskunft, Schadensersatzfeststellung und Kostenerstattung gerichtete Klage wegen der Verletzung der u.a. für Bekleidungsstücke eingetragenen deutschen Marke "myMO". Die Klägerin hat mit der Klageschrift die Mitwirkung des Patentanwaltes A angezeigt. Im Kostenfestsetzungsverfahren hat sie vorgetragen, dem Patentanwalt sei die Klageschrift zur Durchsicht und Stellungnahme übersandt worden (Anlage K 17). Zudem seien der Rechtsanwalt und der Patentanwalt in regelmäßigem telefonischen Kontakt im Hinblick auf das weitere Vorgehen gewesen. Der Patentanwalt habe seine Mitwirkung auch in Rechnung gestellt (Anlage K 16).
Der Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 13.09.2019 zu Lasten der Beklagten auch die Kosten des Patentanwaltes festgesetzt.
Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Beklagten, mit der sie die Absetzung der Patentanwaltskosten begehrt. Der Rechtspfleger hat der Beschwerde mit Beschluss vom 02.01.2020 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht auch die Kosten des Patentanwalts festgesetzt.
1.) Gemäß § 140 III MarkenG sind von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache entstehen, die Gebühren nach § 13 RVG und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Kosten für die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache nach § 140 III MarkenG ohne Prüfung der Erforderlichkeit stets zu erstatten. Es ist nicht zu prüfen, ob die Mitwirkung des Patentanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne des § 91 I 1 ZPO notwendig war. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Patentanwalt gegenüber dem Rechtsanwalt eine "Mehrleistung" erbracht hat (vgl. BGH GRUR 2003, 639, 64; BGH, GRUR 2011, 754 Tz. 17, BGH GRUR 2012, 756 Tz. 20, GRUR 2012, 759 Tz. 11 - Kosten des Patentanwalts I bis IV; GRUR 2016, 526 Tz. 46 - Irreführende Lieferantenangabe). Soweit für den Senat ersichtlich wurde diese Beurteilung bisher auch in der Instanzrechtsprechung durchgehend und in der Kommentarliteratur weitgehend vertreten; in letzter Zeit mehren sich jedoch die Stimmen, die Regelung für rechtspolitisch verfehlt oder sogar verfassungs- oder europarechtswidrig halten (Gruber in BeckOK Markenrecht, 19. Edition, § 140, Rnr. 33 ff; Gruber ZRP 2017, 53; Barnitzke, GRUR 2016, 908; vgl. auch BPatG GRUR 2000, 331, 333).
2.) Dass Patentanwalt A an dem Rechtsstreit mitgewirkt hat, wird von der sofortigen Beschwerde nicht explizit in Abrede gestellt. Jedenfalls aber reicht es für die Mitwirkung des Patentanwalts und die Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten regelmäßig aus, wenn die Mitwirkung eines Patentanwalts anwaltlich versichert wird, § 140 Abs. 2 ZPO (OLG Saarbrücken GRUR-RR 2009, 326 (327)). Den beteiligten Anwälten kann weder die wahrheitswidrige Behauptung einer Mitwirkung noch die Erstellung von Scheinrechnungen unterstellt werden (OLG Düsseldorf GRUR-RR 2012, 308 (309) - Fahrbare Betonpumpen; OLG Saarbrücken GRUR-RR 2009, 326 (327)). Ausreichend ist sogar schon, wenn die Mitwirkung zu Beginn des Verfahrens angezeigt und später eine auf das Verfahren bezogene Rechnung vorgelegt wird (Senat, GRUR-RR 2012, 307), wie es hier geschehen ist.
3.) Soweit der Beklagte die Erforderlichkeit der Mitwirkung des Patentanwalts in Abrede stellt, ist diese gemäß § 140 III MarkenG nicht Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit. Gegen diese eindeutige gesetzliche Regelung mögen zwar erhebliche rechtspolitische Bedenken bestehen. Der Senat hat jedoch keine durchgreifenden Bedenken, dass die Regelung mit Verfassungsrecht und Europarecht vereinbar ist, so dass weder eine Richtervorlage nach Art. 100 GG noch eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV in Betracht kommt.
a) Nach Art. 3 I 2 der Richtlinie 2004/48/EG dürfen die zur Durchs...