Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzicht auf die Rechte aus einstweiliger Verfügung für die Zukunft
Normenkette
ZPO § 890
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 12.01.2005; Aktenzeichen 3/8 O 51/04) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Ordnungsmittelantrag der Antragstellerin vom 24.5.2004 an das LG, das auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden hat, zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 50.000 EUR.
Gründe
Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg; sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das LG.
Der Vollstreckungsantrag nach § 890 ZPO ist zulässig; insb. sind die allgemeinen Voraussetzungen für die Unterlassungsvollstreckung aus einer einstweiligen Verfügung nach wie vor erfüllt, da die der Antragsgegnerin am 11.3.2004 im Parteibetrieb zugestellte Beschlussverfügung vom 8.3.2004 - soweit es die titulierte Unterlassungsverpflichtung für den Zeitraum bis zum 29.11.2004 betrifft - nach wie vor fortbesteht.
Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. - betreffend den Fall der überstimmenden Erledigungserklärung - BGH v. 23.10.2003 - I ZB 45/02, MDR 2004, 591 = BGHReport 2004, 339, m. Anm. Lenz = WRP 2004, 235 - EURO-Einführungsrabatt) kann ein Unterlassungstitel auch in der Weise beschränkt aufrechterhalten bleiben, dass er lediglich für einen bereits zurückliegenden Zeitraum bestehen bleibt, im Übrigen aber aufgehoben wird. In diesem Fall bleibt eine Ahndung von Zuwiderhandlungen, die in die Zeit des Fortbestandes des Titels fallen, nach § 890 ZPO möglich. Dem steht nicht entgegen, dass die zu verhängenden Ordnungsmittel eine Beugefunktion für die Zukunft nicht mehr ausüben können; denn den Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO kommt daneben auch ein repressiver, strafähnlicher Sanktionscharakter zu (BGH v. 23.10.2003 - I ZB 45/02, MDR 2004, 591 = BGHReport 2004, 339, m. Anm. Lenz = WRP 2004, 235 [238]). Diese Grundsätze sind in gleicher Weise auf gerichtliche Vergleiche, die den Bestand von Unterlassungsverpflichtungen zum Gegenstand haben (OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.7.2004 - 6 W 117/04), aber auch Erklärungen des Vollstreckungsgläubigers anzuwenden, mit denen - wie hier - zur Vermeidung eines Aufhebungsantrages nach § 927 ZPO auf die Rechte aus einer bestehenden einstweiligen Verfügung verzichtet wird.
Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin mit Anwaltsschreiben vom 29.11.2004 auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung vom 8.3.2004 mit der ausdrücklichen Maßgabe verzichtet, dass dies - in Übereinstimmung mit der entsprechenden Aufforderung im Anwaltsschreiben der Antragsgegnerin vom 24.11.2004 - "mit Ablauf des heutigen Tages" geschehe. Dies hatte seinen Grund darin, dass das vertragliche Wettbewerbsverbot, auf das der titulierte Unterlassungsanspruch gestützt war, zu diesem Zeitpunkt endete. Unter diesen Umständen kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Fortbestand und die Vollstreckbarkeit des Unterlassungstitels für den Zeitraum bis zum 29.11.2004 unberührt bleiben sollten. Im Übrigen wäre auch im Rahmen eines etwaigen Aufhebungsverfahrens nach § 927 ZPO die einstweilige Verfügung nur mit Wirkung ab dem 29.11.2004 aufgehoben worden.
Für die Zulässigkeit des Vollstreckungsantrages unerheblich ist, dass die Antragstellerin die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung der einstweiligen Verfügung am 1.12.2004 an die Antragsgegnerin herausgegeben hat. Da Verfügungstitel gem. §§ 929 Abs. 1, 936 ZPO grundsätzlich keiner Vollstreckungsklausel bedürfen, setzt die Zwangsvollstreckung aus einem solchen Titel eine vollstreckbare Ausfertigung (§ 724 ZPO) nicht voraus.
Da das LG über den Vollstreckungsantrag noch nicht in der Sache entschieden hat, erscheint es sachgerecht, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache - auch zur Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das LG zurückzuverweisen, wobei das LG bei seiner erneuten Entscheidung den Vollstreckungsantrag nicht als unzulässig zurückweisen darf (§ 572 Abs. 3 ZPO).
Die Festsetzung des Beschwerdewerts trägt der von der Antragstellerin geäußerten Mindestvorstellung über die Höhe des beantragten Ordnungsgeldes Rechnung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) liegen nicht vor.
Fundstellen
Haufe-Index 1368585 |
OLGR-West 2005, 598 |