Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 21.04.2020; Aktenzeichen 9 O 168/19) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 21.4.2020 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 16.6.2020 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des auf Grund des Urteils oder dieses Beschlusses vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens wird auf einen Betrag bis 25.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt im Rahmen des sog. Abgasskandals von der Beklagten Schadensersatz wegen des Erwerbs eines Pkw VW Sharan, der mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet ist.
Der Kläger erwarb den streitgegenständlichen Pkw mit Kaufvertrag vom 27.11.2013 als Gebrauchtwagen von der Autohaus A GmbH. Herstellerin des Pkw war die Beklagte.
Am 22.9.2015 veröffentlichte die Beklagte eine Ad-hoc Mitteilung gemäß § 15 WpHG, in der sie mitteilte, dass bei Fahrzeugen des Volkswagen Konzerns mit Diesel-Motoren vom Typ EA 189 Unregelmäßigkeiten bei der verwendeten Software in Gestalt einer auffälligen Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt worden seien. Am gleichen Tag informierte der Vorstandsvorsitzende der Beklagten hierüber in einer Pressekonferenz.
Anfang Oktober 2015 informierte die Beklagte ihr Händlernetz über die Software-problematik. Sie richtete außerdem auf ihrer Homepage eine Internetseite ein, auf der jeder durch Eingabe der Fahrzeugidentifikationsnummer überprüfen kann, ob das betreffende Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen ist. Hierüber informierte die Beklagte in einer Pressemitteilung vom 2.10.2015. Über die Internetseite wurde außerdem in zahlreichen Medien öffentlich berichtet.
Am 15.10.2015 ordnete das Kraftfahrtbundesamt gegenüber der Beklagten an, 2,4 Millionen Dieselfahrzeuge wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen zurückzurufen. Auch hierüber informierte die Beklagte in einer Pressemitteilung vom gleichen Tag. Mitte Dezember 2015 kündigte die Beklagte öffentlich an, im Januar die vom Kraftfahrtbundesamt angeordnete Rückrufaktion zu starten. Der gesamte Abgasskandal war darüber hinaus ab September 2015 Gegenstand einer ausführlichen und umfangreichen Medienberichterstattung.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 145 ff. d. A.) Bezug genommen.
Mit am 21.4.2020 verkündetem Urteil (Bl. 144 ff. d. A.), dem Kläger zugestellt am 12.5.2020, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Tatbestand des Urteils wurde durch Beschluss vom 16.6.2020 (Bl. 143a f. d. A.) berichtigt. Zur Urteilsbegründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, es fehle an einem substantiierten und auf den konkreten Fall bezogenen Vortrag, dass dem Kläger ein Schaden entstanden sei. Insbesondere liege ein solcher nicht in dem Abschluss des behauptet unerwünschten Vertrages, denn der Kläger habe den Pkw ohne Einschränkungen nutzen können. Der Kläger habe auch nicht vorgetragen, inwiefern nach dem Aufspielen des Software-Updates ein Mangel des Pkw verblieben sei. Ein Wertverlust des Pkw könne ebenfalls nicht festgestellt werden. Mangels Schadens des Klägers könne dahingestellt bleiben, ob Verjährung eingetreten sei.
Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 13.5.2020 (Bl. 191 f. d. A.), eingegangen bei Gericht am selben Tag, eingelegte und mit Schriftsatz vom 29.6.2020 (Bl. 223 ff. d. A.), eingegangen bei Gericht am selben Tag, begründete Berufung des Klägers.
Der Kläger trägt im Rahmen der Berufungsbegründung vor, er habe durch die Täuschung der Beklagten einen Schaden erlitten, der in dem Abschluss des Kaufvertrags über den Pkw zu sehen sei. Ihm stehe mithin ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB sowie Deliktszinsen nach § 849 BGB seit dem Tag der Zahlung des Kaufpreises zu. Es bestehe kein Anlass, den Kaufpreis im Wege der Vorteilsausgleichung um die gezogenen Nutzungen zu kürzen. Das Software-Update habe den erlittenen Schaden nicht beseitigen können. Im Übrigen stelle das Software-Update eine neue Betrugssoftware dar.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 22.628,57 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 % aus 28.800,00 EUR seit dem 6.12.2013 zu zahlen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs VW Sharan 2.0 TDI mit der FIN ...,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen weiteren Betrag von 1.358,86 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erst...