Entscheidungsstichwort (Thema)
Abkürzung der Einlassungsfrist
Leitsatz (amtlich)
Die Abkürzung einer Einlassungsfrist ist nur in extremen Ausnahmefällen zulässig.
Normenkette
ZPO § 485; GG Art. 103 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 11.09.2003; Aktenzeichen 2/31 OH 11/03) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, §§ 225, 226, 567 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 5.9.2003 Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gem. §§ 485 ff. ZPO gestellt. Das LG hat den 12 Antragsgegnern mit Beschluss vom 11.9.2003 (Bl. 61 d.A.) Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 29.9.2003 gewährt. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Das LG hat mit Nichtabhilfebeschluss vom 15.9.2003 (Bl. 87/88 d.A.) der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
Die Entscheidung des LG ist eine Ermessensentscheidung. Bei Überprüfung haben sich weder Anhaltspunkte dafür ergeben, dass das LG sein Ermessen missbraucht oder den ihm eingeräumten Ermessensspielraum überschritten hat. Es durfte im vorliegenden Fall gem. Art. 103 Abs. 1 GG den Antragsgegnern rechtliches Gehör gewähren. Die Angelegenheit war vorliegend nicht so eilbedürftig, dass das beantragte Beweissicherungsverfahren sofort eingeleitet werden musste, ohne vorherige Stellungnahme der Gegner. Auch geboten die Sicherheitsbedürfnisse der Betreiber der ICE-Strecke es vorliegend nicht, das Beweissicherungsverfahren unverzüglich einzuleiten.
Die ersten behaupteten Mängel an den Schallschutz- und Sichtwänden traten unstr. erstmals am 6.1.2003 auf. Durch Überwachung der entspr. Wände seitens der Antragstellerin konnte in der Zwischenzeit verhindert werden, dass gefährliche Situationen für den Betrieb der ICE-Strecke eingetreten waren. Auch dass das Ergebnisprotokoll vom 16.7.2003 (Bl. 112 d.A.) zu dem Schluss gelangt, dass die Schadensentwicklung an den Schutzwänden der Neubaustrecke einen zeitweisen Rückbau der Aluminiumelemente auf eine Höhe von 2,50 m über SO erfordere, ändert daran nichts. Dort werden zwar Sofortmaßnahmen vorgeschlagen, jedoch ist nicht ersichtlich, dass die Abkürzung der Stellungnahmefrist für die Antragsgegner, die bis zum 29.9.2003 gewährt wurde, ein unmittelbares Sicherheitsrisiko für den Betrieb der Bahnstrecke darstellt. Bisher war es möglich, durch genaueste Überwachungen, die allerdings nach wie vor erforderlich sind, genügend frühzeitig festzustellen, wo in den Wänden Teile sich gelockert hatten, so dass mit deren Herausbrechen oder Herabfallen zu rechnen gewesen wäre. Auch die weiteren Schreiben des Eisenbahnbundesamtes, insb. das vom 16.9.2003 (Bl. 115/116 d.A.), zwingen vorliegend nicht dazu, die sofortige Beauftragung des von beiden Parteien bereits mit der Begutachtung vorgesehenen Sachverständigen Prof. Dr. W. per heute zu beschließen. Unmittelbar nach Ablauf der Frist des 29.9.2003 muss jedoch unverzüglich über die Begutachtung durch den Sachverständigen entschieden werden.
Sofern die Antragstellerin jedoch damit rechnet, dass die bislang getroffenen Maßnahmen nicht ausreichen, um den gefahrlosen Betrieb der Strecke zu gewährleisten, hat sie es selbst in der Hand, über zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen oder letztlich auch die zeitweise Stilllegung des gefährdeten Streckenabschnittes zu entscheiden.
Eine Kostenentscheidung war vorliegend nicht auszusprechen, da keine gerichtliche Entscheidung, die einen selbständigen Verfahrensabschnitt abschließt, vorliegt (OLG Frankfurt AnwBl. 1978, 475).
Dr. Opitz Nöhre Rockemer
Fundstellen
Haufe-Index 1105441 |
OLGR Frankfurt 2004, 57 |
www.judicialis.de 2003 |