Verfahrensgang
AG Königstein (Beschluss vom 17.03.2003; Aktenzeichen 21 C 979/01 (14)) |
AG Königstein (Urteil vom 22.10.2001; Aktenzeichen 21 C 979/01 (14)) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde vom 26. März 2003 wird der Beschluss des Amtsgerichts Königstein vom 17. März 2003 abgeändert.
Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Königstein/Taunus vom 22. Oktober 2001 – 21 C 979/01 (14) – wird für unzulässig erklärt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen den Gläubigern als Gesamtschuldnern zur Last. Der Beschwerdewert beträgt 38.400 DM.
Gründe
Die Gläubiger, die ihren Wohnsitz in Belgien haben, betreiben aufgrund eines gegen den Beschwerdeführer zu 1. gerichteten Titels die Zwangsräumung eines Wohnhauses in …, das der Schuldner mit seiner Ehefrau, der Beschwerdeführern zu 2., und zwei Kindern bewohnt. In dem Mietvertrag ist nur der Schuldner als Mieter aufgeführt, aber vermerkt, dass vier Personen in das Haus einziehen. Die Schuldner haben gegen die Festsetzung eines Räumungstermins durch den Gerichtsvollzieher Erinnerung eingelegt und geltend gemacht, zur Zwangsräumung bedürfe es auch eines gegen die Ehefrau gerichteten Räumungstitels.
Das Amtsgericht hat die Erinnerung mit der Begründung zurückgewiesen, ein gegen die Ehefrau gerichteter Titel sei nicht erforderlich, weil diese nicht selbst Mieterin sei. Die Beschwerdeführerin leite als Ehefrau des Schuldners ihr Wohnrecht nur von diesem ab. Die Beschwerdeführer handelten treuwidrig, wenn sie erstmals im Vollstreckungsverfahren den Mitbesitz der Ehefrau geltend machten.
Die gegen diese Entscheidung gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldner ist zulässig und begründet. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts ergibt sich aus dem ausländischen Wohnsitz der Gläubiger (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 b) GVG). Die Beschwerdeführerin zu 2. wendet sich zu Recht dagegen, dass die Zwangsräumung der Ehewohnung aus einem nur gegen ihren Ehemann gerichteten Titel betrieben wird, weil nicht nur dieser, sondern auch sie selbst Besitzerin der Ehewohnung ist. In Rechtsprechung und Lehre wird bzw. wurde zum Teil noch die Auffassung vertreten, ein gegen den Mieter einer Wohnung erwirkter Räumungstitel rechtfertige auch die Zwangsräumung gegen dessen Ehepartner (OLG Ffm., MDR 1969, 853; OLG Hamburg, NJW-RR 1991, 909; OLG Hamm, NJW 1956, 1681; OLG Köln, NJW 1958, 598; Schuschke, NZM 1998, 58, 61; Schilken, DGVZ 1988, 49, jeweils m.w.N.).
Dies wird insbesondere damit begründet, der Ehepartner, der nicht selbst auch Mieter sei, leite seinen Mitbesitz lediglich aus dem Besitzrecht des Mieters ab (OLG Ffm., a.a.O.), aus §§ 885 Abs. 2, 3 ZPO ergebe sich, dass mit dem Räumungschuldner auch alle Mitbewohner der Wohnung die Räumung zu dulden hätten (vgl. Schilken, DGVZ 1988, 49, 57; Schuschke, NZM 1998, 62), mit der Unzumutbarkeit für den Vermieter, sich auch gegen den weiteren Besitzer einen Titel beschaffen zu müssen oder mit einem Verstoß gegen Treu und Glauben. Dies vermag nicht zu überzeugen, weil die Zwangsräumung eines Hauses bzw. einer Wohnung gemäß § 885 Abs. 1 ZPO in der Weise erfolgt, dass der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitz setzt. Da die Zwangsvollstreckung gemäß § 750 Abs. 1 S. 1 ZPO nur beginnen darf, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder der Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind, setzt eine Zwangsräumung grundsätzlich einen Titel gegen jeden der Besitzer des Hauses bzw. der Wohnung voraus. Eine Differenzierung danach, worauf der Besitz beruht, ob und ggf. von wem er abgeleitet ist oder ob er berechtigt ist, kann der gesetzlichen Regelung nicht entnommen werden. Vielmehr kommt es für die entscheidende Frage des Besitzes lediglich auf die nach außen erkennbare tatsächliche Gewalt und die Verkehrsanschauung an und nicht auf die Frage der Rechtmäßigkeit oder der rechtlichen Ableitung eines etwaigen Besitzrechtes (Palandt-Bassenge, BGB, 62. Auflage, § 854 Rn. 3; Stein-Jonas-Brehm, ZPO, 21. Auflage, § 855 Rn. 11).Soweit demgegenüber darauf abgestellt wird, ob lediglich ein „abgeleiteter” Besitz vorliegt, kann dies im Übrigen auch deshalb nicht überzeugen, weil die Zwangsvollstreckung damit in unzulässiger Weise von der Prüfung materiellrechtlicher Vorfragen und nicht nur bestimmter tatsächlicher Verhältnisse abhängig gemacht wird. Daran, dass die Beschwerdeführerin ohne jede Einschränkung auch selbst Besitzerin der gemeinsamen ehelichen Wohnung ist, bestehen keine Zweifel. Dass auch derjenige Ehepartner, der selbst nicht Mieter ist, nicht mehr lediglich als Besitzdiener oder jedenfalls nicht „selbständiger” Besitzer angesehen wird, ist fester Bestand höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH NJW 1954, 918). Zu Recht hat der Bundesgerichtshof darauf hingewiesen, dass es der Stellung eines Ehepartner nicht entspreche, wenn man ihm jede selbständige Nutzungsbefugnis der ehelichen Wohnung versagen und ihn von den Weisungen des alleinigen Wohnungsinhabers abhängig sein lassen wolle BGH a.a.O. S.921). Die Anerkennung de...