Entscheidungsstichwort (Thema)
Verstoß einer Influencerin gegen Unterlassungsgebot durch Wiederholung einer verbotenen Produktbezeichnung unter Einsatz von Auslassungszeichen
Leitsatz (amtlich)
Wurde einer Influencerin verboten, auf ihrem Internetaccount ein Produkt mit "Bullshit" zu bezeichnen, handelt es sich um einen kerngleichen Verstoß gegen das Unterlassungsgebot, wenn sie die Bezeichnung wiederholt, indem sie das Wort "Bullshit" durch Auslassung bestimmter Buchstaben als "B********t" oder "Noch mehr B***" darstellt.
Normenkette
UWG § 4 Nrn. 1-2
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 21.06.2021; Aktenzeichen 2-3 O 88/21) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das Landgericht hat der Antragsgegnerin durch Beschluss - einstweilige Verfügung - vom 19.3.2021 bei Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel u.a. untersagt,
Zusammenstellungen von Aussagen über Quality First, deren Influencer und deren Produkte in den Highlights des Instagram-Accounts "A" mit "Mehr Bullshit" zu bezeichnen, wenn dies geschieht wie nachfolgend eingeblendet am 22.1.2021:
(Von der Darstellung des nachfolgenden Bildes wurde aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes abgesehen - die Red.)
Die Antragsgegnerin hielt nach Zustellung der einstweiligen Verfügung weiterhin Zusammenstellungen von Aussagen über die Gläubigerin bereit. Diese waren nunmehr überschrieben mit "Mehr B********t" und "Noch mehr B***" (Screenshot vom 27.04.2021, Anlage G 2).
Auf Antrag der Antragstellerin hat das Landgericht durch Beschluss vom 21.6.2021 der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld in Höhe von 5.000 EUR, ersatzweise ein Tag Ordnungshaft, auferlegt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, es handele sich um eine kerngleiche Verletzung der mit der einstweiligen Verfügung untersagten Handlung. Die Schuldnerin benutze den untersagten Begriff "Bullshit" weiter. Sie habe lediglich die mittleren Buchstaben des Wortes durch Sternchen ersetzt. Angesprochenen Verkehrskreise verstünden hierunter weiter den untersagten Begriff.
Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Dieser hat das Landgericht mit Beschluss vom 17.8.2021 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht wegen eines schuldhaften Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 EUR festgesetzt. Dies ist weder dem Grund noch der Höhe nach zu beanstanden.
1. Zur Auslegung des Titels:
Die Urteilsformel (§ 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) muss inhaltlich bestimmt sein. Zur Bestimmung von Umfang und Reichweite der Urteilsformel können der Tatbestand und das dort in Bezug genommene Parteivorbringen sowie die Entscheidungsgründe herangezogen werden (ständige Rspr.; BGH GRUR 2014, 1211 Rn. 16 - Runes of Magics II; BGH GRUR 2016, 395 Rn. 18 - Smartphone-Werbung; BGH WRP 2016, 1221 Rn. 14 - LGA tested).
Der Verbotstenor der einstweiligen Verfügung enthält das Verbot, "Zusammenstellungen von Aussagen über Quality First, deren Influencer und deren Produkte in den Highlights des Instagram-Accounts "A" mit "Mehr Bullshit" zu bezeichnen, wenn dies wie nachfolgend eingeblendet geschieht". Es folgt eine Einblendung der Instagram-Seite, aus der sich allerdings nicht die Formulierung "Mehr Bullshit" ergibt, sondern nur der Begriff "Mehr Bullsh..." Der hieraus vermeintlich entstehende Widerspruch hinsichtlich der Reichweite des Titels lässt sich indes zwar nicht durch die Gründe des Beschlusses aufheben, die - bei Beschlussverfügungen typisch - kurzgehalten sind und zu dem hier gegenständlichen Antrag keine Ausführungen enthalten. In diesem Fall kann auf die Antragsschrift Bezug genommen werden, auf die das Landgericht verwiesen und damit zum Teil seiner Begründung gemacht hat. Darin hat die Antragstellerin unter Verweis auf die Anlage AS 8 (USB-Stick) vorgetragen, die Kategorie sei mit "Mehr Bullshit" überschrieben worden. Aus den Bildschirmaufzeichnungen auf dem USB-Stick ergibt sich, dass die Antragsgegnerin die Inhalte unter der Überschrift "Mehr Bullshit" geteilt hat. Der Titel ist daher dahingehend auszulegen, dass nicht nur "Mehr Bull...", sondern auch "Mehr Bullshit" erfasst ist.
2. Gegen diese Unterlassungsverpflichtung hat die Antragsgegnerin durch ihre Veröffentlichung unter der Überschrift "Mehr B********t" (Anlage G 2) verstoßen. Hierin liegt ein kerngleicher Verstoß. Der Verkehr wird erkennen, dass auch mit der durch Sterne verfremdeten Aussage "Mehr Bullshit" artikuliert werden sollte. Er ist daran gewöhnt, bei derart verfremdeten Wörter anzunehmen, dass ein inkriminiertes Wort, üblicherweise ein Schimpfwort, verwendet werden soll. Hinzu kommt, dass das menschliche Gehirn, wie von der Antragstellerin unbestritten vorgetragen, beim Lesevorgang insbesonde...