Leitsatz (amtlich)
Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes im Rahmen der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit dem Zusatz, dass diese zu den "kostenrechtlichen Bedingungen eines Rechtsanwaltes mit Niederlassung im Bezirk des Verfahrensgerichts" erfolge, setzt dessen vorhergehendes ausdrückliches Einverständnis voraus. Sollte dieses nicht ausdrücklich erklärt werden, ist ggf. die Beiordnung gänzlich abzulehnen
Normenkette
FamFG § 113 Abs. 1 S. 2; ZPO § 121 III
Verfahrensgang
AG Gelnhausen (Beschluss vom 08.04.2013; Aktenzeichen 64 F 207/13) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird dahingehend abgeändert, dass die Beschränkung der Anwaltsbeiordnung auf die "kostenrechtlichen Bedingungen eines Rechtsanwaltes mit Niederlassung im Bezirk des Verfahrensgerichts" entfällt.
Gründe
1. Für ein von der in Leipzig wohnhaften Antragstellerin beabsichtigtes Scheidungsverfahren begehrt sie die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt?, Chemnitz.
Mit dem angefochtenen Beschluss bewilligte das Familiengericht ihr Verfahrenskostenhilfe für die 1. Instanz unter Beiordnung des benannten Rechtsanwalts, allerdings unter der Einschränkung der "kostenrechtlichen Bedingungen eines Rechtsanwaltes mit Niederlassung im Bezirk des Verfahrensgerichts".
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beschwerdeführerin, der das Familiengericht nicht abhalf mit der Begründung, der beizuordnende Anwalt habe durch seinen Beiordnungs- bzw. seinen an das ehedem angegangene AG Leipzig gerichteten Abgabeantrag konkludent auf Mehrkosten i.S.d. § 78 III FamFG verzichtet.
2. Die zulässige, §§ 113 I 2 FamFG, 114 ff., 127 Abs. 2 - 4, 567 ff. ZPO, sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin, deren Beschwerdeberechtigung sich aus einer Analogie zu den §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG ergibt (Zöller/Geimer, § 127 ZPO Rz. 19 a.E. mit weiteren Nachweisen), führt zum Wegfall der genannten Einschränkung, da es für diese keine gesetzliche Grundlage gibt.
Eine solche besteht insbesondere nicht kraft der §§ 113 I 2 FamFG, 121 Abs. 3 ZPO (Der vom Familiengericht gewählte Prüfungsmaßstab des § 78 FamFG scheidet, da es um Verfahrenskostenhilfe für eine Ehesache geht, von vornherein aus, § 113 I 1 FamFG). Hiernach wäre die beantragte Beiordnung aus den Gründen des Nichtabhilfebeschlusses, deren Zutreffendheit unterstellt, insgesamt abzulehnen gewesen, da durch diese selbst die Mehrkosten verursacht werden. Denn von einem stillschweigenden Verzicht auf etwaige Mehrkosten seitens der außerbezirklichen Rechtsanwälte kann nach Neufassung von § 121 Abs. 3 ZPO zum 1.6.2007 kann nicht mehr ausgegangen werden (Zöller/Geimer, § 121 ZPO Rz. 13 mit Verweis auf OLG Celle, MDR 2007, 865 und OLG Brandenburg FamRZ 2009, 1236). Dies entspricht der ständigen Auffassung des Senats (z.B. 4 WF 43/11, Beschluss vom 22.3.2011), der die vom Familiengericht zitierte Rechtsprechung nicht teilt.
Da nunmehr das Familiengericht die Beschwerdeführerin tatsächlich beiordnete, kann ihr die Erstattung von gesetzlichen Reisekosten, Nr. 7003 ff. RVG-VV, nicht verwehrt werden. Die Frage, ob die Beiordnung vor dem Hintergrund des § 121 Abs. 3 ZPO zu Recht erfolgte, ist dagegen der Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht angefallen.
Gerichtskosten sind wegen des Erfolgs der Beschwerde nicht zu erheben, außergerichtliche Auslagen sind nicht zu erstatten, § 113 I 2 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 3723463 |
FamRZ 2014, 591 |
MDR 2013, 721 |
AGS 2014, 287 |