Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer Widerrufsbelehrung zum Verbraucherdarlehensvertrag

 

Normenkette

BGB-InfoV § 14; BGB § 355

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 21.10.2016; Aktenzeichen 2-27 O 185/16)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21.10.2016 durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.

 

Gründe

I. Der Kläger hat die Beklagte nach im Dezember 2015 erklärtem Widerruf auf Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung für einen am 23.6.2009 abgeschlossenen, grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag in Anspruch genommen. Der Vertrag (Anl. K 2, Bl. 7 ff. d.A.) enthielt eine Widerrufsbelehrung, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 11 d.A. Bezug genommen wird. Das Darlehen, für welches eine Zinsbindung von 10 Jahren vereinbart war, hatte er gemeinsam mit seiner damaligen Ehefrau aufgenommen, welche ihm ihre Ansprüche abgetreten hat. Die Eheleute zahlten im Zusammenhang mit ihrer Trennung auf ihren Wunsch das Darlehen im Mai 2015 vorzeitig gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung zurück.

Der Kläger ist der Ansicht gewesen, die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft; auf die Schutzwirkung des Musters der Anl. 2 zu § 14 BGB-InfoV könne sich die Beklagte nicht berufen, weil die Widerrufsbelehrung vom Muster abweiche.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB, weil diese im Hinblick auf die entsprechende Vereinbarung der Parteien mit Rechtsgrund gezahlt worden sei. Diese Absprache stelle eine Vereinbarung über die Beendigung des ursprünglichen Darlehensvertrags dar, welcher der Widerruf der Vertragserklärung nicht entgegenstehe. Denn das Widerrufsrecht sei durch die einvernehmliche Beendigung des Vertrags entfallen. Jedenfalls sei der Widerruf nicht fristgemäß erfolgt; die Widerrufsbelehrung sei ordnungsgemäß. In der Formulierung, der Darlehensnehmer sei bei einem Widerruf nicht mehr an seine Willenserklärung gebunden, liege kein Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot. Der zutreffende Hinweis, dass der Widerruf keine Begründung enthalten müsse, unter der Zwischenüberschrift "Form des Widerrufs" sei ordnungsgemäß. Die Verwendung des unscharfen Begriffs "Exemplar der Widerrufserklärung" stelle insoweit kein Hindernis dar; aus dem Gesamtzusammenhang ergebe sich, dass damit die "Widerrufsbelehrung" gemeint sei. Die Formulierung zum Fristbeginn sei nicht irreführend. Ein Widerspruch zur Musterwiderrufsbelehrung sei nicht gegeben. Der Einwand der unzureichenden Hervorhebung der Widerrufsbelehrung greife nicht durch. Selbst wenn man die Widerrufsbelehrung als fehlerhaft ansehe, weil sie nicht dem Muster der BGB-InfoV gefolgt sei, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Bei der Musterbelehrung handele es sich um keine zwingende Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung. Selbst wenn man die Ausführungen zum Beginn des Fristlaufs nicht teile, stehe der Ausübung des Widerrufsrechts der Einwand der Verwirkung entgegen. Unter anderem hätten der Kläger und seine Mitdarlehensnehmerin im Zusammenhang mit der Anfrage nach der vorzeitigen Auflösung des Darlehensvertrags nicht zu erkennen gegeben, dass sie aufgrund einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung nicht an dem Darlehensvertrag festhalten wollten. Durch diese Anfrage und die Bereitschaft zur einvernehmlichen Vertragsauflösung im Rahmen der vertraglichen Absprache sei die Beklagte in ihrer Annahme bestärkt worden, dass der Kläger und seine Mitdarlehensnehmerin den Darlehensvertrag ohne Übereilung bewusst eingegangen seien und auch im Nachhinein keine Absicht gehabt hätten, ihr Widerrufsrecht auszuüben. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er rügt: Entgegen der Auffassung des Landgerichts betreffe die Frage, ob der Widerruf eine Begründung enthalten müsse, nicht dessen Form, sondern dessen Inhalt. Da es sich hierbei um eine wesentliche Regelung handele, habe "der Gesetzgeber" diese Belehrung bereits in dem ersten Satz der Musterbelehrung aufgenommen. Unter der Zwischenüberschrift "Form des Widerrufs" werde dieser Hinweis von einem durchschnittlichen Kunden nicht erwartet. Auch handele es sich bei der fehlerhaften Verwendung des Begriffs "Widerrufserklärung" anstelle von "Widerrufsbelehrung" nicht lediglich um einen unscharfen Begriff. Es bestehe die Gefahr, dass der Darlehensnehmer verunsichert werde und deshalb von einem Widerruf Abstand nehme. Der unter der Überschrift "Widerrufsfolgen" enthaltene Satzteil "- beispielsweise weil dies nach dem Inhalt der erbrachten Leistung ausgeschlossen ist -" sei bei einem Darlehensvertrag fehlerhaft, weil der rechtlich unerfahrene (nicht?) geschulte Darlehensnehmer nicht ...

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