Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Anfechtung eines Genehmigungsbeschlusses der Wohnungseigentümerversammlung bzgl. der Gesamt- und der Einzelabrechnung eines Wirtschaftsjahres ohne Beschränkung auf Einzelpositionen ist regelmäßig ein Geschäftswert von 20-25 % des Gesamtvolumens der Abrechnung anzusetzen.
2. Über die Beschwerde gegen eine Wertfestsetzung, die das LG für das Verfahren der Erstbeschwerde trifft, entscheidet der Senat auch dann in voller Besetzung, wenn es sich um eine Einzelrichterentscheidung des LG handelt.
Normenkette
FGG § 30 Abs. 1 Nr. 1; GVG § 122; KostO § 14 Abs. 7, § 31 Abs. 3, 4 Nr. 6; WEG § 28 Abs. 3, § 48 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Hanau (Beschluss vom 13.09.2004; Aktenzeichen 8 T 73/03) |
AG Hanau (Aktenzeichen 41-II 71/02) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Geschäftswert für das landgerichtliche Verfahren auf 166.637,70 EUR festgesetzt wird.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Antragsteller haben mit ihrem erstinstanzlichen Antrag die Ungültigerklärung der zu TOP 1 der Eigentümerversammlung vom 20.3.2002 (Bl. 15-20 d.A.) gefassten Beschlüsse über die Genehmigung der Jahresabrechung 2000 und der Entlastung des Verwalters für diesen Zeitraum begehrt. Ferner haben sie die Ungültigerklärung der zu TOP 4 dieser Versammlung beschlossenen Ausbuchung nicht mehr einbringbarer Beträge von 47.619 EUR sowie der zu TOP 5 beschlossenen Rundung der Verwaltergebühr auf volle zehntel Cent sowie der Übernahme der Lohnbuchführung durch den Verwalter beantragt.
Das AG hat die Anträge der Antragsteller mit Beschl. v. 19.3.2003 zurückgewiesen und ihnen die gerichtlichen Kosten des Verfahrens auferlegt, eine Erstattung außergerichtlicher Kosten aber nicht angeordnet (Bl. 63-78 d.A.). Eine endgültige Geschäftswertfestsetzung ist im amtsgerichtlichen Verfahren nicht erfolgt. Durch Beschl. v. 29.5.2002 (Bl. 21 d.A.) war der Geschäftswert vorläufig auf 165.137,91 EUR festgesetzt worden, wobei für die Anfechtung von TOP 1 159.137 EUR und für die Anfechtung von TOP 4 und TOP 5 jeweils 3.000 EUR berücksichtigt wurden.
Die Antragsteller haben mit ihrer Beschwerde geltend gemacht, die Jahresabrechnung sei nicht genehmigungsfähig, wie der Wirtschaftsprüfer A in seinem Bericht über die Prüfung der Jahresabrechnung 2000 vom 21.9.2001 (Bl. 36 ff. d.A.) im Einzelnen ausgeführt habe. Die Bescheinigung des Wirtschaftprüfers vom 14.2.2002 beziehe sich nicht auf die Ordnungsmäßigkeit der gesamten (geänderten) Jahresabrechnung 2000, einige der Beanstandungen aus dem Bericht vom 21.9.2001 seien gerade nicht ausgeräumt worden und die Jahresabrechnung 2000 deshalb noch immer nicht genehmigungsfähig, insb. ergäben sich Diskrepanzen hinsichtlich der Positionen Hausmeistertelefon, Allgemeinstrom Haus und Müllabfuhr.
Das LG hat auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller den zu TOP 1 der Wohnungseigentümerversammlung vom 20.3.2001 gefassten Genehmigungs- und Entlastungsbeschluss hinsichtlich einzelner Positionen für ungültig erklärt und die Anträge sowie die Beschwerde im Übrigen zurückgewiesen. Der Geschäftswert ist entsprechend der bis dahin unbeanstandeten amtsgerichtlichen Festsetzung auf 165.137,91 EUR festgesetzt worden. Gegen die Geschäftwertfestsetzung sowohl des AG als auch des LG richtet sich die "Streitwertbeschwerde" der Antragsteller, mit der sie vortragen, die Rechtsschutzversicherung des Antragstellers zu 1) halte die festgesetzten Werte unter Verweis auf eine Entscheidung des LG Frankfurt/M. aus 1984 nicht für nachvollziehbar. Für die Verpflichtung zur berichtigten Neuerstellung einer Jahresabrechnung sei als Wert der Betrag der beanstandeten Rechnungspositionen anzusetzen. Für die Verpflichtung zur Erstellung der Jahresabrechnung seien 10 % der geschätzten (künftigen) Abrechnungssumme als Wert anzusetzen. Mit Beschl. v. 4.11.2004 (Bl. 229-231 d.A.), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat die Einzelrichterin der 8. Zivilkammer der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Die gem. §§ 31 Abs. 3 S. 1, 14 Abs. 4 KostO statthafte, zulassungsfreie und unbefristete Beschwerde (KG v. 2.2.1996 - 24 W 8746/95, KGReport Berlin 1996, 122 = WuM 1996, 306; OLG Stuttgart Die Justiz 1997, 130; OLG Zweibrücken NZM 2001, 245; BayObLG NZM 2001, 246; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 48 Rz. 62; Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Aufl., § 48 Rz. 23; Weitnauer/Mansel, WEG, 9. Aufl., § 48 Rz. 5) gegen die Geschäftswertfestsetzung, die das in zweiter Instanz mit der Hauptsache befasste LG getroffen hat, ist nicht begründet.
Der Geschäftswert gem. § 48 Abs. 3 WEG richtet sich - anders als der Beschwerdewert - grundsätzlich nach dem Interesse aller Beteiligten an der Entscheidung. Dies dient u.a. dem Zweck, die Wohnungseigentümer dazu anzuhalten, die über ihre subjektiven Interessen hinausgehende Wirkung des Verfahrens auf die anderen Beteiligten zu bedenken und von der leichtfertigen Stellung ein...