Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Untätigkeitsbeschwerde
Leitsatz (amtlich)
Eine Untätigkeitsbeschwerde mit dem Ziel, dem Prozessgericht anzuweisen, binnen bestimmter Frist eine den Rechtsweg beendende Entscheidung zu treffen, ist unzulässig.
Normenkette
ZPO § 567
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-25 O 223/99) |
Gründe
I. Die Klägerin macht in einem vor dem LG Frankfurt/M. seit 1999 anhängigen erstinstanzlichen Rechtsstreit eine erhebliche Geldforderung gegen die Beklagte geltend. In der Folgezeit trat für die Dauer von mehr als 1 ½ Jahren ein Verfahrensstillstand ein, weil die Gerichtsakten ganz oder teilweise abhanden gekommen waren und unter Mithilfe der Prozessbevollmächtigten der Parteien rekonstruiert werden mussten. Nach erfolgter Aktenrekonstruktion hat vor dem LG am 23.6.2006 ein weiterer Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden, der mit der Anberaumung eines Verkündungstermins am 1.9.2006 endete.
Die Klägerin erhebt mit einem von ihr persönlich verfassten Schreiben vom 7.7.2006 Untätigkeitsbeschwerde mit dem Antrag das LG anzuweisen, den Rechtsstreit bis Ende September 2006 abschließend zu entscheiden.
II. Die Untätigkeitsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig.
Allerdings teilt der Senat die Auffassung, dass eine Untätigkeitsbeschwerde bei Vorliegen besonderer Umstände statthaft sein kann (vgl. OLG Zweibrücken NJW-RR 2003, 1653, 1654 m.w.N.). Die Frage, welche besonderen Umstände eine Untätigkeitsbeschwerde eröffnen und ob solche Umstände hier vorliegen, bedarf keiner Erörterung. Denn die Untätigkeitsbeschwerde ist bereits deshalb unzulässig, weil sie trotz des bestehenden Anwaltszwanges von der Klägerin persönlich eingelegt wurde (§§ 569 Abs. 3, 571 Abs. 4 ZPO).
Die Untätigkeitsbeschwerde ist aber auch deshalb unzulässig, weil sie darauf gerichtet ist, das LG aufzufordern, im September 2006 eine endgültige, d.h. eine den ersten Rechtszug beendende Entscheidung zu treffen. Ein solches Rechtsschutzziel liegt außerhalb des Bereichs statthafter Einflussnahme des Beschwerdegerichts auf den Fortgang des erstinstanzlichen Rechtsstreits. Mit Rücksicht darauf, dass das LG einen Verkündungstermin auf den 1.9.2006 anberaumt hat, kann nicht angenommen werden, dass mit der Beschwerde auch ein weniger weitgehendes (zulässiges) Rechtsschutzziel verfolgt wird.
Es kann offen bleiben, ob der Entscheidung des Beschwerdegerichts über eine Untätigkeitsbeschwerde grundsätzlich ein Abhilfeverfahren gem. § 572 Abs. 1 ZPO vorauszugehen hat. Selbst wenn man diese Frage bejaht, erscheint es vorliegend geboten, zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung von einem Abhilfeverfahren abzusehen. Denn es liegt auf der Hand, dass durch die Einholung einer Entscheidung des LG im Rahmen des Abhilfeverfahrens, Versendung der Akten an das OLG und möglicherweise einzuräumenden Fristen zur Stellungnahme das Gegenteil einer Verfahrensbeschleunigung, wie sie die Klägerin wünscht, bewirkt würde.
Fundstellen
Haufe-Index 1822576 |
NJOZ 2006, 3646 |