Leitsatz (amtlich)
1. Ehemaligen Pflegeeltern, bei denen das Kind seit seiner nach der Geburt erfolgten Inobhutnahme über 5 Jahre gelebt hat, kann ein Umgangsrecht nach § 1685 Abs. 2 BGB auch dann zustehen, wenn seit der Herausnahme aus dem Haushalt der Pflegeeltern und dem Wechsel des Kindes in eine neue Pflegestelle ein Zeitraum von einem Jahr ohne Kontakte zu dem Kind vergangen ist.
2. An der Kindeswohldienlichkeit des Umgangs mit den vormaligen Pflegeeltern fehlt es jedoch, wenn diese den Aufenthalt des Kindes in der neuen Pflegefamilie nicht akzeptieren und ihrerseits die Rückführung des Kindes in ihren Haushalt anstreben.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 4. und 5. tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 4. und 5. (im Folgenden: ehemalige Pflegeeltern) begehren Umgang mit dem betroffenen Kind M. (geb... 2018), das zwischenzeitlich in einer neuen Dauerpflegefamilie lebt.
Die Beteiligten zu 6. und 7. sind die leiblichen Eltern des betroffenen Kindes, das noch zwei ältere Brüder, eine Schwester und einen Halbbruder hat. Die beiden älteren Brüder wurden direkt nach der Geburt in Obhut genommen und sind dauerhaft fremduntergebracht. Für M. hatten die leiblichen Eltern eine gemeinsame Sorgeerklärung abgegeben. Sie wurde zwölf Tage nach ihrer Geburt von dem Jugendamt in Obhut genommen. In dem Verfahren 61 F 349/19 SO wurden den leiblichen Eltern durch Beschluss des Amtsgerichts H. vom 05.11.2019 Teilbereiche der elterlichen Sorge entzogen und auf die Beteiligte zu 2. als Ergänzungspflegerin übertragen. In dem Verfahren 64 F 1082/22 SO wurde ihnen durch Beschluss des Amtsgerichts H. vom 20.01.2023 das gesamte Sorgerecht entzogen und auf die Beteiligte zu 2. als Vormund übertragen. Es fanden begleitete Umgänge mit den Eltern statt, die während der Corona-Pandemie eingestellt wurden, aber wiederaufgenommen werden sollen.
M. lebte seit ihrer Inobhutnahme im Haushalt der ehemaligen Pflegeeltern, zunächst in Form der Bereitschaftspflege, seit 19.06.2020 in Form der Dauerpflege. Im weiteren Verlauf kam es zunehmend zu Spannungen und Konflikten zwischen der Pflegefamilie einerseits und dem Jugendamt sowie dem Vormund andererseits. Die Pflegeeltern wollten als Sonderpflegestelle anerkannt werden und beriefen sich auf Verhaltensauffälligkeiten des betroffenen Kindes sowie den Verdacht auf ein fetales Alkoholsyndrom. Eine Untersuchung im SPZ in D. bestätigte den Verdacht nicht, worauf die Pflegeeltern eine Vorstellung in einer anderen Klinik veranlassten, die ein fetales Alkoholsyndrom diagnostizierte. Den von den Pflegeeltern gewünschten Integrationsplatz hielt der Kindergarten nicht für erforderlich. Für eine Behandlung mit den von den Pflegeeltern gewünschten Medikamenten sahen die Kinderärzte keine Indikation. Verhaltensauffälligkeiten des Kindes wurden außerhalb der Pflegefamilie nicht festgestellt. Die von dem Jugendamt angebotenen Hilfemaßnahmen lehnten sie ab. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht des Vormunds vom 15.07.2023 im Verfahren 56 F 1485/23 HK Bezug genommen. In diesem Verfahren beantragte der Vormund die Herausgabe des betroffenen Kindes, weil er das Kindeswohl bei einem Verbleib in der Pflegefamilie für gefährdet hielt. Das Jugendamt unterstützte den Antrag des Vormunds. Wegen der Begründung wird auf den Bericht des Jugendamts in dem Herausgabeverfahren 56 F 1485/23 HK vom 24.08.2023 Bezug genommen. Im Verhandlungstermin vom 15.09.2023 stimmten die Pflegeeltern der Herausgabe M.s zu und die Beteiligten vereinbarten die Übergabemodalitäten. Das betroffene Kind wurde noch an diesem Tag von den Pflegeeltern zum Jugendamt gebracht und von dort in einer Bereitschaftspflegefamilie mit dem Ziel der Überführung in eine Dauerpflege untergebracht. Auf den Bericht des Jugendamts im Herausgabeverfahren vom 19.09.2023 zum Ablauf der Übergabe wird verwiesen. Den ehemaligen Pflegeeltern wurde Umgang mit dem betroffenen Kind in Aussicht gestellt, sobald sich seine Lebensverhältnisse stabilisiert haben. Seit der Herausgabe im September 2023 haben sie M. nicht mehr gesehen. Das betroffene Kind ist mit seiner Bereitschaftspflegefamilie zwischenzeitlich umgezogen und kann dort in Dauerpflege verbleiben. Es besucht den Kindergarten an seinem neuen Wohnort.
Im vorliegenden Verfahren haben die ehemaligen Pflegeeltern unter Berufung auf ihre sozial-familiäre Beziehung zu ihrem ehemaligen Pflegekind und dessen vermuteten Willen angeregt, den Umgang zwischen M. und ihnen zu regeln. Das Amtsgericht hat dem betroffenen Kind eine Verfahrensbeiständin bestellt. Diese hat sich gegen einen Umgang der ehemaligen Pflegeeltern mit dem betroffenen Kind ausgesprochen, weil im Hinblick auf die fehlende Zusammenarbeit der Pflegeeltern mit dem Jugendamt, der aus dessen Sicht bestehenden Kindeswohlgefährdung bei den Pflegeeltern und dem aktuell sehr herausfordernden Verhalten des Kindes keine K...