Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertfestsetzung bei einer Klage, mit der sowohl die Unterlassung als auch der Widerruf einer Äußerung verlangt wird
Leitsatz (amtlich)
Bei einer Klage auf Unterlassung und Widerruf vergeblich oder tatsächlicher ehrverletzender Äußerungen ist gedanklich jeweils ein gesonderter Streitwert für Unterlassung und Widerruf festzusetzen, bevor die beiden Werte sodann zu addieren sind (Anschluss an BGH, Beschl. v. 6.11.1990 VI ZR 117/90, NJW 1991, 847, 848).
Normenkette
GKG § 68 Abs. 1, § 66 Abs. 3 S. 2, § 48 Abs. 2; RVG § 23 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 30.04.2015; Aktenzeichen 2-13 S 140/12) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen den Streitwertbeschluss der 13. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main vom 30.4.2015 in Verbindung mit dem Beschluss vom 7.9.2015 über die Nichtabhilfe wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Kläger hat von dem Beklagten die zukünftige Unterlassung sowie den Widerruf bereits getätigter Tatsachenbehauptungen verlangt, welche in einem Schreiben enthalten waren, welches der Beklagte im Jahr 2010 an sämtliche Wohnungserbbauberechtigten der gemeinsamen Erbbauberechtigtengemeinschaft verschickt hatte.
Die Parteien sind Wohnungserbbauberechtigte in der Liegenschaft und Erbbauberechtigtengemeinschaft in Stadtl mit dem ehemaligen Namen A. Die Erbbauberechtigtengemeinschaft besteht in Bezug auf fünf Hochhäuser mit insgesamt 1.019 Wohnungen.
Das AG Offenbach hat mit Urteil vom 14.9.2012 den Beklagten verurteilt, es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß die Behauptungen aufzustellen und/oder zu verbreiten, der Kläger habe selbst oder als Vertreter der Hausverwaltung B eine fristlose Kündigung gegenüber dem Hausmeister C ausgesprochen, und der Kläger habe als Vertreter der Hausverwaltung B Herrn D mit der Führung von Prozessen namens der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt. Zugleich hat das AG für den Fall der Zuwiderhandlung die Verhängung eines Ordnungsgeldes und ersatzweise Ordnungshaft angedroht. Ferner hat das AG den Beklagten verurteilt, gegenüber sämtlichen Erbauberechtigten der Erbbauberechtigtengemeinschaft E, ehemaliger A, in Stadt1 mit gesondertem Schreiben innerhalb von zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung zu erklären, dass die im Schreiben (ohne Datum) des Beklagten an die "Sehr geehrten Miteigentümerinnen und Miteigentümer" aufgestellten oben wiedergegebenen Behauptungen nicht aufrecht erhalten werden. Im Übrigen hat das AG die Klage abgewiesen.
Der Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, soweit er durch das AG verurteilt worden war. Diese hat er nach einem Hinweis der 13. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main im Sinne des § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO mit Anwaltsschriftsatz vom 14.4.2015 zurückgenommen.
Das LG hat daraufhin mit dem nunmehr teilweise angegriffenen Beschluss vom 30.4.2015 (Bl. 280 f. d.A.) u.a. den Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz auf die Gebührenstufe bis EUR 3.000,00 festgesetzt.
In seiner am 28.7.2015 bei Gericht eingegangenen Streitwertbeschwerde vom 24.7.2015 (Bl. 290 f. d.A.) hat der Beklagte die Ansicht vertreten, der Streitwert belaufe sich nur auf EUR 1.000,00. Das AG habe nämlich "für jeden Erklärungstatbestand einen Gegenstandswert von EUR 500,00 angenommen, mithin einen Gesamtstreitwert von EUR 4.000,00". Das Berufungsverfahren habe sich "lediglich gegen zwei der acht Erklärungstatbestände [gerichtet], ohne dass diesen gegenüber den anderen eine höhere Gewichtigkeit" zukäme.
Das LG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 7.9.2015 nicht abgeholfen. Bei Unterlassungsklagen in Bezug auf verschiedene Behauptungen, die - wie hier - in einem engen Zusammenhang stünden, sei nicht für jede Behauptung ein Streitwert anzusetzen, der sodann zu addieren sei. Vielmehr sei die "Gesamtbeeinträchtigung" ausschlaggebend. Diese sei "ausgehend von der nicht beanstandeten Streitwertfestsetzung für das amtsgerichtliche Verfahren" auf EUR 3.000,00 zu schätzen.
II. Das Rechtsmittel des Beklagten ist als Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1, 66 Abs. 3 Satz 2 GKG zulässig. Auch gegen Wertfestsetzungen des LG als Berufungsgericht ist der Weg der Streitwertbeschwerde eröffnet (vgl. BGH, Beschluss vom 10.07.2007 - VIII ZB 27/07, NJW-RR 2008, 151; Senat, Beschluss vom 12.10.2015 - 8 W 50/15, Entscheidungsumdruck, S. 3).
Die Beschwerde ist indes nicht begründet. Die Festsetzung des Streitwertes durch das LG weist keine den Beklagten beschwerenden Rechtsfehler auf.
Grundlage für die Bestimmung des Streitwertes sind die §§ 47 Abs. 1 Satz 1,48 Abs. 2 GKG.
Auch wenn § 48 Abs. 2 GKG den Streitwert in nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten ohne Nennung eines Regelstreitwertes von allen Umständen des Einzelfalls abhängig macht, erscheint es gerechtfertigt, die Bemessung des Streitwertes in einem ersten Schritt an dem in § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG genannten Betrag zu orientieren (vgl. Senat, Beschl...