Leitsatz (amtlich)
Der Erstattungsfähigkeit von Reisekosten des Klägervertreters steht nicht entgegen, dass der Kläger wegen der Möglichkeit der Gerichtsstandswahl (§ 35 ZPO) das Verfahren auch bei dem Gericht hätte führen können, in dessen Bezirk der Klägervertreter ansässig ist.
Normenkette
ZPO §§ 35, 91
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird teilweise dahin abgeändert, dass die Antragsgegnerin lediglich 2.349,41 EUR nebst Zinsen in der festgesetzten Höhe an die Antragsteller zu erstatten hat.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsteller 12 % und die Antragsgegnerin 88 % zu tragen.
Beschwerdewert: 761,13 EUR
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Kostenfestsetzungsverfahren über die Erstattungsfähigkeit anwaltlicher Reisekosten. Die Antragsteller, die in O1 ansässig sind, haben gegen die in O2 ansässige Antragsgegnerin vor dem LG Frankfurt/M. wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens und Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine einstweilige Verfügung erwirkt. Das LG hat die einstweilige Verfügung durch Urteil vom 4.11.2008 aufrechterhalten und der Antragsgegnerin die weiteren Kosten des Eilverfahrens auferlegt. Der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller ist in O1 ansässig; er hat den Verhandlungstermin vor dem LG Frankfurt am 4.11.2008 wahrgenommen.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.2.2009 (Bl. 154 f. d.A.) ist der von der Antragsgegnerin zu erstattende Betrag auf 2.441,13 EUR festgesetzt worden. Hierbei hat der Rechtspfleger die wegen der Wahrnehmung des Verhandlungstermins geltend gemachten Reisekosten des Antragstellervertreters antragsgemäß wie folgt berücksichtigt: Flugkosten 612,34 EUR, Taxikosten 88,79 EUR, Tage- und Abwesenheitsgeld 60 EUR. Die Summe der genannten Beträge beläuft sich auf 761,13 EUR (netto).
Gegen die Festsetzung dieser Kosten wendet sich die Antragsgegnerin mit der sofortigen Beschwerde. Sie wendet ein, die Antragsteller hätten den Eilantrag beim LG Berlin stellen und auf diese Weise die Reisekosten ihres Prozessbevollmächtigten vermeiden können. Vorsorglich macht sie geltend, dass der Antragstellervertreter nach O3 mit der Bahn hätte reisen können statt das Flugzeug zu benutzen. In diesem Falle wären auch die Taxikosten nicht in der geltend gemachten Höhe entstanden.
Die Antragsteller verteidigen den angefochtenen Beschluss. Sie haben nach gerichtlichem Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats zur Höhe erstattungsfähiger Flugreisekosten (Bl. 176 d.A.) unter Vorlage eines entsprechenden Ausdrucks der X vorgetragen, dass die Flugreisekosten bei Benutzung der Economy Class anstelle der Business Class 520,62 EUR (netto) betragen hätten.
Der Einzelrichter hat gem. § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO die Sache dem Senat zur Entscheidung übertragen.
II. Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache nur zu einem geringen Teil Erfolg.
Der Rechtspfleger hat dem Grunde nach zu Recht die geltend gemachten Reisekosten und das Abwesenheitsgeld als erstattungsfähig angesehen.
Die Antragsteller durften einen an ihrem Geschäftssitz bzw. Wohnsitz in O1 ansässigen Rechtsanwalt mit der Prozessvertretung beauftragen. Dessen Reisekosten zum Verhandlungstermin beim Prozessgericht in Frankfurt/M. sind erstattungsfähig. Dem steht nicht entgegen, dass die Antragsteller das Verfahren auch beim LG Berlin hätten führen können. Denn nach der Rechtsprechung des Senats (z.B. Beschl. v. 23.10.1984 - 6 W 131/84) dürfen dem Kläger durch die Ausübung seines Wahlrechts gem. § 35 ZPO keine kostenrechtlichen Nachteile erwachsen; die Zweckmäßigkeit der Gerichtsstandswahl ist im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu überprüfen. Diese Auffassung des Senats stimmt mit der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur überein (vgl. OLG Köln, JurBüro 1992, 104; OLG München, JurBüro 1994, 477 mit zustimmender Anmerkung Mümmler; OLG Hamburg, JurBüro 1999, 367; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 35 Rz. 3; Musielak/Heinrich, 6. Aufl., § 35 Rz. 4; Hess in: Ullmann jurisPK-UWG, 2. Aufl. 2009, § 14 Rz. 19; a.A.: OLG Stuttgart OLGReport Stuttgart 2008, 768 mit ablehnender Anmerkung Schneider, AGS 2008, 625; Zöller/Herget, ZPO, § 91 Rz. 13 unter "Wahl des Gerichtsstandes").
Bei einer Entfernung wie derjenigen zwischen O1 und O3 kann ein Rechtsanwalt ohne kostenrechtliche Nachteile für seine Partei das Flugzeug benutzen, sofern - wie es hier der Fall ist - die Bedeutung der Sache zu den entstehenden Reisekosten in einem angemessenen Verhältnis steht. Dies hat der erkennende Senat in Anwendung der bei Kostenfestsetzungsfragen grundsätzlich gebotenen typisierenden Betrachtungsweise (vgl. BGH WRP 2008, 363, Tz. 8 m.w.N.) bereits mehrfach entschieden (vgl. die Beschlüsse des OLG Frankfurt vom 6.11.2003 - 6 W 179/03, 19.2.2004 - 6 W 136/03, 11.1.2006 - 6 W 201/05, 8.5.2006 - 6 W 54/06 - und 11.2.2008 - 6 W 207/07). Hieran wird fes...