Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmenskennzeichenverletzung durch Verwendung des fremden Zeichens im Rahmen einer Adwords-Werbung
Leitsatz (amtlich)
Wird ein fremdes Unternehmenskennzeichen als Suchwort im Rahmen einer Adwords-Werbung verwendet und führt die Eingabe des Suchworts zu einer von der Trefferliste getrennten Werbung, die weder das Zeichen noch einen Hinweis auf den Zeicheninhaber enthält, wird das fremde Zeichen gleichwohl verletzt, wenn für den angesprochenen Verkehr aufgrund des vom werbenden Unternehmen unterhaltenen Vertriebssystem (im Streitfall: Online-Marketing für bestimmte Zahnbehandlungen) der Eindruck entstehen kann, der Inhaber des Zeichens (im Streitfall: ein dieselben Behandlungen anbietender Zahnarzt) sei ein Partnerunternehmen des Werbenden; in diesem Fall bedarf es eines Hinweises auf das Fehlen wirtschaftlicher Verbindungen mit dem Zeicheninhaber.
Normenkette
MarkenG § 15
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 27.06.2019; Aktenzeichen 2-3 O 255/19) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
1.) Der Beschluss wird abgeändert.
Der Antragsgegnerin wird es bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,
ohne Einverständnis des Unterlassungsgläubigers im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland das nachfolgende Kennzeichen "Polzar" als Keyword zu benutzen, um zahnmedizinische Leistungen zu bewerben, wenn dies geschieht wie auf dem nachfolgenden Screenshot:
2.) Die Kosten des Verfügungsverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Gründe
I. Die Parteien sind Wettbewerber im Bereich von kieferorthopädischen Leistungen und bieten u.a. die Versorgung mit sog. Invisaling-Zahnschienen an. Die Antragsgegnerin bietet darüber hinaus als Geschäftsführerin der A GmbH Online-Marketing für Kieferorthopäden für die Behandlung mit Invisaling-Zahnschienen an.
Die Parteien streiten im einstweilen Verfügungsverfahren über die Zulässigkeit der im Tenor eingeblendeten adwords-Anzeige der Antragsgegnerin.
Das Landgericht hat Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mangels Verletzung der herkunftshinweisenden Funktion zurückgewiesen. Der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat das Landgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache Erfolg. Dem Antragsteller steht gegen die Antragsgegnerin der begehrte Unterlassungsanspruch aus §§ 15 Abs. 4 MarkenG zu. Die von der Antragsgegnerin verantwortete Adwords-Werbung verletzt das Unternehmenskennzeichenrecht des Antragstellers, da eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion vorliegt.
1.) Die identische Verwendung des Unternehmenskennzeichens des Antragstellers in der Adwords-Anzeige verletzt die herkunftshinweisende Funktion des Unternehmenskennzeichens.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in aller Regel keine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion vor, wenn die Werbeanzeige in einem von der Trefferliste eindeutig getrennten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint und selbst weder die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke angebotenen Produkte enthält (vgl. BGH GRUR 2014, 182, Rnr. 20 ff - Fleurop; BGH, GRUR 2013, 290 Rdnr. 26 - MOST-Pralinen, m. w. Nachw.).
Der verständige Internetnutzer erwartet in einem von der Trefferliste räumlich, farblich oder auf andere Weise deutlich abgesetzten und mit dem Begriff "Anzeigen" gekennzeichneten Werbeblock nicht ausschließlich Angebote des Markeninhabers oder mit ihm verbundener Unternehmen. Ihm ist klar, dass eine notwendige Bedingung für das Erscheinen der Anzeige vor allem deren Bezahlung durch den Werbenden ist. Ihm ist zudem bekannt, dass regelmäßig auch Dritte bezahlte Anzeigen bei Suchmaschinen schalten. Er hat daher keinen Anlass zu der Annahme, eine bei Eingabe einer Marke als Suchwort in der Anzeigenspalte erscheinende AdWords-Anzeige weise allein auf das Angebot des Markeninhabers oder eines mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmens hin.
Rechnet der Internetnutzer mit Angeboten, die nicht vom Markeninhaber oder von mit ihm verbundenen Unternehmen stammen, bedarf es daher keines Hinweises auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber, um eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion auszuschließen.
b) Im Streitfall liegen allerdings besondere Umstände vor, wonach es ausnahmsweise auch für den Fall, dass die Werbeanzeige in einem von der Trefferliste eindeutig getrennten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint und selbst weder die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke angebotenen Produkte enthält, ein Hinweis auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber erforderlich ist, um ein...