Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung eines landgerichtlichen Squeeze-out-Beschluss nach § 39a WpÜG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Beschwerdewert des § 61 Abs. 1 FamFG gilt auch für die Anfechtung des landgerichtlichen Squeeze-out-Beschlusses nach § 39a WpÜG mit der Beschwerde vor dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmesenat des OLG Frankfurt

2. Für den übernahmerechtlichen Squeeze-out muss die 95 %-Schwelle bis zum Ablauf der weiteren Annahmefrist erreicht sein, die zugleich für den Beginn der Antragsfrist maßgeblich ist. Ein etwaiger temporärer Rechtsverlust nach § 28 WpHG ist für das Erreichen der 95 %-Schwelle irrelevant.

3. Bei der Ermittlung der Annahmequote von 90 % bleiben Aktien, die von gemeinsam mit dem Bieter handelnden Personen übertragen wurden, außer Betracht. Auf Grund von Irrevocable Undertakings übertragene Aktien sind auch dann zu berücksichtigen, wenn hierdurch die Annahme des Angebotes bereits weitgehend abgesichert wurde.

4. Auch wenn von einer Widerleglichkeit der Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG ausgegangen wird, kommt eine relevante Verfälschung des Markttestes durch etwaige Manipulationen des Börsenumsatzes durch Dritte nur bei Vorliegen eines zeitlichen Zusammenhangs mit dem Squeeze-out in Betracht.

 

Normenkette

FamFG §§ 58, 61 Abs. 1; WpÜG § 16 Abs. 1-2, §§ 28, 39a Abs. 3 S. 3, § 39b

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 28.03.2013; Aktenzeichen 3-5 O 173/12)

 

Tenor

Die Beschwerden der Beschwerdeführer zu 6), 7) und 9) werden als unzulässig verworfen.

Die Beschwerden der Beschwerdeführer zu 2) bis 5), 8) und 10) bis 14) werden einschließlich des Hilfsantrages zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 880.404,- EUR.

 

Gründe

I. Die X. AG (im Folgenden: X AG) ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft mit einem derzeitigen Grundkapital von 25.754.577,- EUR, eingeteilt in 25.754.577 auf den Inhaber lautende Stückaktien mit einem anteiligen Betrag des Grundkapitals von 1,- EUR.

Am 25.10.2012 veröffentlichte die Antragstellerin nach Freigabe der Angebotsunterlage durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden: BaFin) ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot an die Aktionäre der X AG zum Erwerb der von ihnen gehaltenen Stückaktien gegen Zahlung eines Geldbetrages von 2,80 EUR je Aktie. Die Annahmefrist für das Angebot endete am 22.11.2012 um 24:00 Uhr, die zweiwöchige weitere Annahmefrist endete am 10.12.2012 um 24:00 Uhr. Wegen der weiteren Einzelheiten des Angebots wird auf die Angebotsunterlage (Anlage 2) verwiesen.

Die Antragstellerin hielt vor Unterbreitung des Angebots selbst keine Aktien der X. AG. Von mit der Bieterin gemeinsam handelnden Personen und deren Tochterunternehmen (die Herren A, B und C sowie die D. GmbH & Co. KG) wurden zu diesem Zeitpunkt 3.809.899 X-Aktien, somit 14,79 % aller ausgegebenen Aktien gehalten, die der Antragstellerin nach § 30 Abs. 2 WpÜG zuzurechnen waren. Die Antragstellerin hatte vor Abgabe des Angebotes mit den vorgenannten gemeinsam mit ihr handelnden Aktionären sowie weiteren Aktionären der X AG (E, F und G. AG) Vereinbarungen über die unwiderrufliche Verpflichtung zur Annahme des Angebotes (Irrevocable Undertakings) abgeschlossen, die sich auf 23.270.197 Aktien, mithin 90,35 % aller ausgegebenen Aktien bezogen.

Bis zum Ablauf der Annahmefrist wurde das Angebot für 25.440.147 Stückaktien (= 98,78 % aller ausgegebenen Aktien) angenommen, die ausweislich einer vorgelegten Bankbestätigung vom 4.12.2012 (Anlage 4/Bl. 24 d.A.) im Depot der Antragstellerin verbucht wurden. Danach wurde das Angebot während der weiteren Annahmefrist bezüglich weiterer 38.996 Aktien angenommen, so dass die Antragstellerin letztlich ausweislich eines Depotauszuges vom 11.2.2013 (Anlage 6) 25.479.143 Aktien (= 98,93 % aller ausgegebenen Aktien) hielt.

Mit am selben Tage bei dem LG Frankfurt/M. eingegangener Antragsschrift vom 28.11.2012 beantragte die Antragstellerin, ihr diejenigen stimmberechtigten Aktien der X AG, die ihr nicht bereits gehören, gem. §§ 39a Abs. 1 Satz 1, 39b Abs. 5 Satz 3 WpÜG gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung zu übertragen. Dieser Antrag wurde mit einem am 30.11.2012 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz dahingehend präzisiert, dass die Übertragung gegen Gewährung einer Barabfindung i.H.v. 2,80 EUR für jede auf den Inhaber lautende stimmberechtigte Stückaktie der X AG erfolgen soll. Der Antrag wurde vom LG im Bundesanzeiger vom 5.12.2012 - dem satzungsmäßig einzigen Gesellschaftsblatt der X AG - gem. § 39b WpÜG bekannt gemacht; mit weiterer Veröffentlichung vom 7.12.2012 wurde die Berichtigung auf 2,80 EUR bekannt gegeben.

Die Antragstellerin machte geltend, die Voraussetzungen des § 39a Abs. 1 und 3 WpÜG lägen vor. Nach Ende der verlängerten Angebotsfrist sei sie Inhaber von 98,93 % des stimmberechtigten Grundka...

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