Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserkärung
Normenkette
ZPO § 91a
Tenor
Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 1.364.090,17 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat mit ihrer am selben Tage beim Oberlandesgericht eingegangenen Antragsschrift vom 5. April 2023 (Bl. 2ff. d.A) die Vollstreckbarerklärung eines in einem Schiedsverfahren zwischen den Beteiligten am 23. Februar 2023 ergangenen und den Beteiligten am 1. März 2023 zugestellten Schiedsspruchs beantragt. Die Antragsschrift ist am 12. April 2023 an die Antragsgegnerin abverfügt worden, ein Empfangsbekenntnis hinsichtlich dieser ist nicht zur Akte gelangt.
Es liegt ein vorgerichtliches Schreiben der Antragstellerin an die Antragsgegnerin vor, mit welchem die Antragstellerin die Antragsgegnerin zur Zahlung der sich aus dem Schiedsspruch ergebenden Forderungen bis zum 20. März 2023 aufforderte.
Die Antragsgegnerin teilte der Antragstellerin nach Erhalt dieses Aufforderungsschreibens mit Email vom 6. April 2023 mit, sie käme ihrer Verpflichtung gemäß der Entscheidung des Schiedsgerichts nach, benötige aber zur formalen Abrechnung noch eine Rechnung über die sich insoweit ergebenden Beträge. Eine solche Rechnung stellte die Antragstellerin unter dem 11. April 2023 aus, die Antragsgegnerin beglich am 21. April 2023 die Forderungen.
Die Beteiligten haben daraufhin das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die Antragstellerin beantragt,
der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, die Antragsgegnerin sei bereits mit Zustellung des Schiedsspruchs zur Zahlung verpflichtet gewesen.
Ergänzend führt sie zur Begründung ihres Antrags unter Bezugnahme auf den entsprechenden Zustellungsvermerk (bezüglich dessen Einzelheiten auf Anlage K5, Bl. 131 d.A. verwiesen wird) aus, ihr Aufforderungsschreiben sei dem Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin per beA zugegangen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Die Antragsgegnerin meint, sie habe keinen Anlass zur Einleitung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens gegeben. Das Aufforderungsschreiben der Antragstellerin sei ihr erst nach Ablauf der in diesem gesetzten Zahlungsfrist zugestellt worden. Die Forderungen selbst seien ihr erst mit Rechnung vom 11. April 2023 in Rechnung gestellt und anschließend umgehend ausgeglichen worden.
II. Der Senat hat gemäß der im Verfahren nach §§ 1062 ff. ZPO entsprechend anwendbaren Bestimmung des § 91a Abs. 1 ZPO (vgl. hierzu z.B. OLG München, Beschluss vom 7. September 2017 - 34 Sch 8/17, juris Rn. 5) über die Kosten des Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss zu entscheiden, nachdem die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO (analog) steht vorliegend nicht entgegen, dass nicht festgestellt werden kann, ob die Antragsschrift der Antragsgegnerin zugestellt worden ist und damit die übereinstimmende Erledigung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens möglicherweise vor Rechtshängigkeit erfolgt ist.
Zwar ist grundsätzlich die erst durch die Zustellung der Antragsschrift bewirkte Rechtshängigkeit und dadurch erfolgte Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses Voraussetzung für die Wirksamkeit der Erledigungserklärungen als Prozesshandlung (vgl. Musielak/Voit/Flockenhaus, 20. Aufl. 2023, ZPO § 91a Rn. 15). Einer Entscheidung in Anwendung der sich aus § 91a ZPO ergebenden Grundsätze steht aber zumindest in Fällen, in denen der verfahrenseinleitende Schriftsatz im Zeitpunkt der Abgabe der Erledigungserklärungen bereits beim Gericht eingegangen und damit Anhängigkeit der Streitsache gegeben ist, der Wortlaut des § 91a ZPO nicht entgegen. Vielmehr sprechen Sinn und Zweck des § 91a ZPO für eine weniger enge Auslegung, da durch diese Bestimmung eine Vereinfachung der Prozesserledigung angestrebt, wenn nach Erledigung der Hauptsache nur noch über die Kosten gestritten wird. Ein vernünftiger Grund, warum es für die Frage, ob das Gericht von dieser Vereinfachung Gebrauch machen kann oder nicht, darauf ankommen soll, ob die Erledigung vor oder nach der Zustellung der Klage, deren Zeitpunkt zu bestimmen weitgehend in der Hand des Gerichts liegt, erfolgt ist, ist nicht ersichtlich (vgl. grundlegend BGH, Urteil vom 14. 7. 1956 - III ZR 29/55, NJW 1956, 151). Überdies liegt, wenn die Klage nicht förmlich zugestellt worden ist, die Parteien aber übereinstimmend die Erledigung erklären (etwa weil der Beklagte von der Anhängigkeit der Klage auf andere Weise als durch Klagezustellung erfahren hat) in der Zustimmungserklärung des Beklagten gemäß § 91a ZPO zugleich ein Verzicht auf die förmliche Klagezustellung mit heilender Wirkung, § 295 ZPO, OLG München, Beschluss vom 7. Juli 2017 - 13 W 941/17,...