Leitsatz (amtlich)

1. Freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, die ein Ehegatte während der Ehezeit für den anderen eingezahlt hat, sind mit Hilfe des Vermögens der Ehegatten erworben, so dass die hierauf beruhenden Anwartschaften in den Versorgungsausgleich einzubeziehen sind.

2. Bei einer Anwartschaft auf Alterskapital, verbunden mit einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, ist letztere in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.

 

Verfahrensgang

AG Bensheim (Urteil vom 22.01.2004; Aktenzeichen 7 F 493/00)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird im Ausspruch zum Versorgungsausgleich abgeändert: Von dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin, Versicherungsnummer ... werden auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin, Versicherungsnummer ... Rentenanwartschaften aus der am 30.9.2000 abgelaufenen Ehezeit i.H.v. monatlich 168,69 Euro übertragen. Der Monatsbetrag ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: 2.195,52 Euro.

 

Gründe

Das AG hat durch das angefochtene Verbundurteil die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich durch Übertragung von Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 167,03 Euro zugunsten der Antragstellerin durchgeführt. Das AG hat dabei Anwartschaften des Antragsgegners aus der gesetzlichen Rentenversicherung in 1.326,51 DM zugrundegelegt. Ihnen ggü. gestellt hat es Anwartschaften der Antragstellerin aus der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 667,09 DM und aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes von 6,05 DM, also insgesamt 673,14 DM.

Die ehezeitbezogene Anwartschaft der Antragstellerin aus der gesetzlichen Rentenversicherung beruht zum Teil auf freiwilligen Beiträgen, die der Antragsgegner für sie während der Ehezeit bei der Beteiligten zu 1) eingezahlt hat.

Nicht in den Versorgungsausgleich einbezogen hat das AG Anwartschaften des Antragsgegners aus einer betrieblichen Altersversorgung bei der Firma Tenovis, welche auf einer Versorgungszusage der Bosch Telecom GmbH beruht.

Mit ihrer Beschwerde rügt die Antragstellerin die Nichtberücksichtigungen von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung auf Seiten des Antragsgegners und die Berücksichtigung von Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf Seiten der Antragstellerin soweit diese aus den freiwilligen Beitragszahlungen durch den Ehemann während der Ehezeit beruhen.

Die alle Form- und Fristerfordernisse wahrende Beschwerde bleibt im wesentlichen ohne Erfolg.

Das AG hat die von der Antragstellerin bei der Beteiligten zu 1) erworbenen ehezeitbezogenen Anwartschaften zutreffend mit 667,09 DM aufgrund der von der Beteiligten zu 1) erstellten Rentenauskunft ermittelt. Dass es dabei die Anwartschaften, soweit sie auf freiwilligen Beiträgen während der Ehezeit beruhen, nicht herausgerechnet hat, ist nicht zu beanstanden. Diese Anwartschaften sind während der Ehezeit erworben. Dass es sich dabei um die Nachzahlung von Beiträgen handelt, die der Antragstellerin aus Anlass der Heirat auf ihren Antrag erstattet worden waren, steht der Zuordnung dieser Anwartschaften zur Ehezeit nicht entgegen. Es kommt darauf an, wann die Beiträge gezahlt wurden, nicht für welchen Zeitraum sie gezahlt wurden (sog. "In-Prinzip" - BGH v. 3.6.1981 - IVb ZB 764/80, MDR 1982, 40 = FamRZ 1981, 1169; FamRZ 1997, 414). Der Einbeziehung dieser Anwartschaften in den Versorgungsausgleich steht auch nicht entgegen, dass die Beiträge nicht durch die Antragstellerin selbst, sondern durch den Antragsgegner eingezahlt wurden. Außer Betracht bleiben könnten diese Anwartschaften nur wenn sie weder mit Hilfe des Vermögens noch durch Arbeit der Ehegatten begründet worden wären (§ 1587 Abs. 1 S. 2 BGB). Dies kann der Fall sein wenn ein Dritter zugunsten eines Ehegatten Beiträge entrichtet (BGH v. 15.12.1982 - IVb ZB 910/80, MDR 1983, 563 = FamRZ 1983, 262). Der Antragsgegner ist jedoch kein "Dritter" im Sinne dieser Rechtsprechung. Der Versorgungsausgleich zielt darauf ab, dass die Anwartschaften, die aus Vermögen und Arbeitsleistung der Ehegatten erworben worden sind, durch den Versorgungsausgleich geteilt werden. Dieser Gesichtspunkt kommt auch dann zum tragen, wenn ein Ehegatte für den anderen Beiträge einzahlt, denn auch dann stammt die Anwartschaft aus dem Vermögen der Ehegatten.

Hinsichtlich der Anwartschaft der Antragsgegnerin ggü. der Firma Tenovis ist zu unterscheiden zwischen der Anwartschaft auf Kapitalzahlung bei Erreichen der Altersgrenze und der Anwartschaft auf befristete Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Anwartschaft auf Zahlung eines Einmalkapitals hat das AG zu Recht nicht in den Versorgungsausgleich einbezogen. Es handelt sich nicht um eine Anwartschaft auf laufende Rente, sondern eine solche auf eine Kapitalleistung die grundsätzlich nicht dem Versorgungsausgleich sondern dem Zugewinnausgle...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?