Entscheidungsstichwort (Thema)
Übersetzervergütung: Erhöhtes Honorar bei Übersetzung eines nicht editierbaren Textes
Leitsatz (amtlich)
Für die Übersetzung von Texten, die in Papierform zur Verfügung gestellt werden, steht dem Übersetzer ein erhöhtes Honorar nach § 11 Abs. 1 Satz 2 JVEG zu.
Normenkette
JVEG § 11 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Beschluss vom 09.10.2014; Aktenzeichen 10 O 103/14) |
Tenor
Die Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem LG Wiesbaden vom 13.10.2014 gegen den Beschluss des LG Wiesbaden vom 9.10.2014 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. In dem zugrunde liegenden Verfahren hat die Beschwerdegegnerin im Auftrag des LG die Klageschrift von der deutschen in die französische Sprache übersetzt. Die Klageschrift wurde ihr zu diesem Zweck in Papierform zur Verfügung gestellt. Die Beschwerdegegnerin hat dem LG mit Schreiben vom 14.8.2014 (Bl. 73 d.A.) einen Betrag von 2.421,43 EUR in Rechnung gestellt und dabei ein Honorar von 2,05 EUR (für jeweils angefangene 55 Anschläge) zugrunde gelegt. Die Kostenbeamtin des LG ist dagegen von einem Honorarsatz von 1,85 EUR ausgegangen und hat als Vergütung 2.185,61 EUR ausgezahlt. Auf Antrag der Beschwerdegegnerin hat das LG durch Beschluss vom 8.10.2014 (Bl. 86 ff. d.A.) die Vergütung auf 2.421,43 EUR festgesetzt, da in diesem Fall gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 JVEG ein Honorarsatz von 2,05 EUR anzuwenden sei. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Staatskasse (Bl. 89 f. d.A.), der das LG nicht abgeholfen hat.
II.1. Die gem. § 4 Abs. 3 JVEG statthafte Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist die von § 4 Abs. 3, 2. Halbsatz, 1. Var. JVEG vorausgesetzte Mindestbeschwer erreicht.
2. Die Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht ist das LG bei der Festsetzung der Vergütung von dem erhöhten Honorar i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 2 JVEG ausgegangen. Wegen der häufigen Verwendung von Fachausdrücken beläuft sich dieses erhöhte Honorar vorliegend auf 2,05 EUR für jeweils angefangene 55 Anschläge gem. § 11 Abs. 1 Satz 3 JVEG.
Entgegen der Ansicht der Staatskasse sind die Voraussetzungen des erhöhten Honorars nach § 11 Abs. 1 Satz 2 JVEG erfüllt. Dieser Honorarsatz gilt auch für die Übersetzung von Texten, die dem Übersetzer in schriftlicher Form auf Papier vorgelegt werden (ebenso Binz/Dörndorfer, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl., § 11 JVEG Rz. 4; Meyer/Höfer/Bach, JVEG, 26. Aufl., § 11 Rz. 3). Der Wortlaut der Regelung, die das erhöhte Honorar "bei nicht elektronisch zur Verfügung gestellten editierbaren Texten" vorsieht, scheint zwar nahezulegen, dass dieses Honorar nur beansprucht werden kann, wenn der Text nicht elektronisch zur Verfügung gestellt wurde und editierbar ist. Hierbei handelt es sich jedoch um ein offensichtliches Redaktionsversehen des Gesetzgebers. Dies wird bereits deswegen deutlich, weil es keine Texte gibt, die nicht elektronisch zur Verfügung gestellt werden, aber dennoch editierbar sind. "Editieren" heißt Daten ändern (vgl. Duden online, Stand 4.2.2014); der Begriff "editierbar" bezeichnet daher in diesem Zusammenhang die Veränderbarkeit des Textes durch den Übersetzer. Diese Möglichkeit kann bei nicht elektronisch zur Verfügung gestellten Texten, die in ihrer körperlichen Gestalt fixiert sind, nie bestehen. Der Gesetzgeber hatte nicht die Absicht, auf diese Weise eine Regelung ohne Anwendungsbereich zu schaffen. Es entsprach vielmehr seinem Willen und dem Zweck der Honorarregelung in § 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 JVEG, die in ihrer heute geltenden Fassung durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 23.7.2013 (BGBl. I, 2586) eingeführt wurde, ein niedrigeres Grundhonorar für elektronisch zur Verfügung gestellte editierbare Texte sowie ein erhöhtes Honorar für alle anderen Texte vorzusehen. In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es daher, dass "zwischen einfachen Texten und elektronisch zur Verfügung gestellten editierbaren Texten unterschieden werden [soll]" (BT-Drucks. 17/11471, 261). Diesem Willen des Gesetzgebers hätte eine Formulierung der Vorschrift entsprochen, die das erhöhte Honorar "bei nicht elektronisch zur Verfügung gestellten oder nicht editierbaren Texten" vorsieht. Der stattdessen gewählte Wortlaut beruht daher auf einem Versehen. Dementsprechend ging auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf trotz des Wortlauts davon aus, dass bei der Übermittlung von Texten in schriftlicher Form, bei der es sich um den Regelfall handelt, stets das erhöhte Honorar anfällt (a.a.O., S. 323). Die Bundesregierung bestätigte dieses Verständnis der Regelung in ihrer Gegenäußerung und begründete die unterschiedlichen Honorarsätze damit, dass "das Übersenden eines editierbaren Textes in elektronischer Form" dem Übersetzer Aufwand erspare (a.a.O. S. 354). Die maßgebliche Voraussetzung für das erhöhte Honorar ist daher entgegen dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 2 JVEG gerade die Nicht-Editierbarkeit des Textes, die mit einem höheren und entsprechend zu vergütenden Ar...