Verfahrensgang
AG Eschwege (Beschluss vom 25.08.1999; Aktenzeichen 5 F H 7/99) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Amtsgerichts Eschwege vom 25. August 1999 abgeändert.
Dem Antragsteller wird Prozeßkostenhilfe bewilligt, soweit er die Abänderung der vollstreckbaren Urkunde des Jugendamtes der Stadt Frankfurt am Main vom 29.9.1977 – Beurkundungsregister-Nr.: 1794/97 – dahin beantragt, daß der Antragsgegner ab 1. Juli 1999 150 % der jeweils geltenden Regelbeträge der jeweiligen Regelbetragsverordnung der jeweiligen Altersstufe zu zahlen hat, wobei § 1612 a BGB entsprechend anzuwenden ist.
Der weitergehende Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe und die Beschwerde im übrigen werden zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Gerichtsgebühren des Beschwerdeverfahrens, jedoch werden diese auf die Hälfte ermäßigt; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Antragsteller beantragt die Umschreibung eines Schuldtitels nach Art. 5 § 3 Kindesunterhaltsgesetz und begehrte Prozeßkostenhilfe dafür. Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht den „Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe zurückgewiesen, soweit die Abänderung des Titels über 150 % des Regelbetrages der Regelbetragsverordnung beantragt worden ist und soweit die Festsetzung über das 18. Lebensjahr des Kindes hinaus beantragt worden ist”. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässig. Sie hat auch einen Teilerfolg.
Nach Auffassung des Senats kann der angefochtene Beschluß nur dahin verstanden werden, dass damit Prozeßkostenhilfe bewilligt werden sollte, soweit sie nicht in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange ausdrücklich zurückgewiesen worden ist. Vorsorglich hat der Senat das durch die Fassung der Beschwerdeentscheidung klargestellt. Gemäß Art. 5 § 3 KindUG ist die „Dynamisierung” der vollstreckbaren Jugendamtsurkunde vom 29.9.1997, die also aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes stammt, möglich. Zu Recht hat das Amtsgericht dabei eine Abänderung über 150 % des jeweiligen Regelbetrages hinaus für nicht erfolgversprechend gehalten, denn gemäß Art. 5 § 3 Abs. 2 KindUG findet § 645 ZPO auf dieses Verfahren Anwendung, wonach die Unterhaltsverpflichtung auf 150 % des Regelbetrages begrenzt wird. Der Gesetzeswortlaut für die Anpassung von Alttiteln insoweit ist eindeutig. Der Auffassung von Philippi in Zoller, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 21. Aufl., Anhang nach § 660 Rdnr. 3, wonach es sich bei der Bezugnahme auf § 645 ZPO um ein gesetzgeberisches Versehen handele (ebenso AG Tempelhof/Kreuzberg, DAVorm 1999, 788) vermag der Senat nicht zu folgen. Gesetze sind zwar nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern entscheidend nach ihrem Sinn und Zweck auszulegen. Sowohl die Entstehungsgeschichte von Art. 5 § 3 KindUG als auch Sinn und Zweck dieser Vorschrift lassen aber offen, ob bereits bestehende bezifferte Kindesunterhaltstitel ohne Begrenzung auf einen Prozentsatz vereinfacht sollten umgeschrieben werden können. Denn wenn § 645 Abs. 1 ZPO im Gesetzgebungsverfahren zunächst keine Begrenzung bei der Festsetzung im vereinfachten Verfahren enthielt, diese Begrenzung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens für die Neufestsetzung des Regelunterhaltes dann eingeführt wurde, kann daraus nicht ohne weiteres etwas für die Frage entnommen werden, ob diese Begrenzung für die Anpassung von Alttiteln ebenfalls gelten solle oder aber nicht, denn für beides gibt es gute Gründe. Insbesondere wird es bei der Neufestsetzung des Regelunterhalts in vielen Fällen so liegen, daß der in Betracht kommende Prozentsatz angesichts der unstreitigen wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltsschuldners erkennbar über 150 % hinausgeht, ein Titel im vereinfachten Verfahren dennoch auf 150 % kraft gesetzlicher Wertung beschränkt bleiben muß. Nicht anders liegt es bei der Anpassung von Alttiteln, in denen über 150 % hinausgehende Anspruchssätze festgelegt sind.
Im übrigen ist jedoch Prozeßkostenhilfe für die Anpassung des Unterhaltstitels gemäß Art. 5 § 3 KindUG in dem dort eröffneten Umfange zu bewilligen, wobei die entsprechende Anwendung von § 1612 a BGB die zeitlich unbefristete Umstellung des Titels in der 3. Altersstufe eröffnen wird, (vgl. insoweit OLG Karlsruhe im Beschluß vom 4.5.1999 – 5 WF 39/99 –).
Danach war der angefochtene Beschluß in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange abzuändern. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 11 Abs. 2 GKG, KVNr. 1952 zu § 11 Abs. 2 GKG, § 127 Abs. 4 ZPO.
Unterschriften
Schreiber, Bloch, Bielefeldt
Fundstellen
Haufe-Index 1481249 |
FamRZ 2000, 902 |
DAVorm 2000, 164 |