Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachbarrecht: Abriss eines Hauses; Anspruch auf Ersatz notwendiger Kosten zum Schutz des Nachbarhauses
Leitsatz (amtlich)
1. Wird infolge des Abbruchs eines Gebäudes, das über eine eigene Giebelwand verfügt, die rückseitig anschließende Giebelwand des Nachbarhauses freigelegt, so ist der abbrechende Nachbar nicht verpflichtet, die erforderlichen Vorkehrungen zum Schutz der dadurch freigelegten Wand des Nachbargebäudes zu treffen.
2. Die Frage nach den wechselseitigen Rechten und Pflichten im Falle des Abrisses einer Nachbarwand oder einer Grenzwand stellt sich bei einer solchen Fallgestaltung nicht (entgegen OLG Frankfurt, 17. OLG Frankfurt, 17 U 178/80, 8.7.1981).
Normenkette
BGB §§ 823, 921-922, 1004
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 29.12.2009) |
Tenor
In dem Rechtsstreit ... weist der Senat darauf hin, dass er beabsichtigt, auf der Grundlage von § 522 Abs. 2 ZPO die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Wiesbaden - 2. Zivilkammer - vom 29.12.2009 zurückzuweisen.
Die Berufung des Klägers ist zwar zulässig, bietet nach Überzeugung des Senats aber keine Aussicht auf Erfolg.
Die Berufung zeigt nicht auf, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachenfeststellung des LG unzutreffend ist und deshalb eine abweichende Entscheidung gerechtfertigt ist (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Gründe
I. Der Kläger ist Eigentümer der Hausgrundstücke A und B in Stadt1.
Beide Häuser wurden in den 80er Jahren in geschlossener Bauweise errichtet. Die jeweiligen Rückseiten der Wohnhäuser wurden unmittelbar an der Grundstücksgrenze errichtet. Zu diesem Zeitpunkt befand sich auf dem benachbarten Grundstück A eine ebenfalls mit der rückwärtigen Wand direkt an der Grenze erbaute Wäschereihalle. Wegen dieser angrenzenden Bebauung in Gestalt der Rückwand der Wäschereihalle wurde bei der Errichtung der Wohnhäuser auf eine weitergehende Wärmedeckung oder Isolierung in dem Bereich der sich wechselseitig abdeckenden Außenwände verzichtet. Zwischen den rückwärtigen Außenwänden der Gebäude befanden sich in diesem Bereich lediglich dünne Styroporplatten. Zudem war zur Gebäudetrennung eine sog. Odenwaldplatte eingebaut. Im Jahr 2005 ließ der Beklagte die alte Wäschereihalle abreißen. Dadurch wurde die rückwärtige Abschlusswand der Wohnhäuser des Klägers freigelegt.
Mit der Klage begehrt der Kläger Ersatz der Kosten, die ihm durch die Anbringung einer Wärmedämmung mit anschließendem Verputzen der Rückseiten seiner beiden Häuser sowie durch Beseitigung von im Zuge der Abrissarbeiten verursachten Schäden entstanden sind.
Das LG hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Es hat den Beklagten zwar als verpflichtet angesehen, infolge des Abrisses der Halle eintretende nachteilige Auswirkungen auf das Mauerwerk der Wohngebäude des Klägers zu verhindern. Diese Verpflichtung umfasse den Schutz des freigelegten Mauerwerks vor schädlichen Umwelteinflüssen in Gestalt des Eindringens von Feuchtigkeit. Dagegen schulde der Beklagte keine Kosten für die notwendigen Isolierungsarbeiten an den Wohngebäuden des Klägers. Der Beklagte habe daher lediglich die Kosten einer Feuchtigkeitsisolierung, welche das LG zzgl. der Kosten für das Aufstellen eines Gerüstes mit 5.587,50 EUR beziffert hat, sowie die Kosten zur Schadensbeseitigung i.H.v. 350 EUR zu tragen. Da der Beklagte einen Betrag in dieser Höhe schon vor Rechtshängigkeit gezahlt habe, sei die Klage unbegründet.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers mit welcher er die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung weiterer 10.870,16 EUR erstrebt. Er hält an seiner Auffassung fest, dass der Beklagte bei dem Abriss alle diejenigen Maßnahmen hätte treffen müssen, die zur Verhinderung oder Beseitigung der Auswirkungen auf das Nutzungsinteresse des Klägers geboten gewesen sein. Um die Bestands-, Funktions- und Nutzungs-fähigkeit der Wohngebäude im ursprünglichen Zustand zu gewährleisten seien daher die begehrten Kosten der Wärmedämmung vom Beklagten zu ersetzen. Ebenso seien die Kosten der Abdichtung der Außenwand der Wohnhäuser gegen Bodenfeuchtigkeit bzw. Grund- und Sickerwasser vom Beklagten zu erstatten. Weiter habe das LG bei seiner Schadensberechnung übersehen, dass der Kläger zum Vorsteuerabzug nicht berechtigt sei und daher die ausgeurteilten Beträge um die Mehrwertsteuer zu erhöhen seien. Schließlich habe das LG auch bei Berechnung der betroffenen Wandflächen zu Unrecht nur die konkreten sich gegenüberstehenden Wandflächen berücksichtigt. Ein nur teilweises Beiarbeiten einer Wärme- oder Feuchtigkeitsisolierung scheide jedoch schon aus optischen Gründen aus, so dass die Kosten für das Verputzen der Gesamtfassade zu ersetzen seien.
II. Das Urteil des LG erweist sich auch unter Berücksichtigung der Berufungsangriffe als jedenfalls im Ergebnis zutreffend.
Indes war die Klage von vornherein unschlüssig.
Dem Kläger stand ein Schadensersatzanspruch nur in Höhe der...