Leitsatz (amtlich)
Keine Wiedereinsetzung, wenn Anwalt für die Übermittlung per Fax an einen Außensenat nicht alle Fax-Nummern des Gerichts nutzt
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 21.01.2019; Aktenzeichen 1 O 291/15) |
Nachgehend
Tenor
Der Antrag der Klägerin vom 07.05.2019, ihr wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wird zurückgewiesen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 21.01.2019 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 55.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen behaupteter ärztlicher Behandlungsfehler und mangelhafter Aufklärung vor einer am 23.10.2012 durchgeführten Operation am linken Knie. Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 06.02.2019 zugestellt (vgl. Empfangsbekenntnis Bl. 383 d.A.).
Mit Schriftsatz vom 06.03.2019, bei Gericht per Fax eingegangen am selben Tag, hat die Klägerin Berufung gegen das landgerichtliche Urteil eingelegt und mit Schriftsatz vom 05.04.2019, bei Gericht per Fax eingegangen am selben Tag, die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um "einen Monat bis zum 06.05.2019" beantragt (Bl. 405 d.A.), was mit Beschluss vom 08.04.2019 auch so bewilligt wurde.
Am 06.05.2019 wurden per Telefax an die Nummer der Zivilsenate in Darmstadt (06151-9924646) um 23.40 Uhr (Uhrzeit laut Faxaufdruck des gerichtlichen Faxgeräts) 9 komplette und 1 angefangene Seite der Berufungsbegründung übermittelt (Bl. 409 - 418 d.A.). Eine anwaltliche Unterschrift befand sich auf diesen Seiten nicht. Am 07.05.2019 um 0.13 Uhr ging sodann die 12 Seiten umfassende Berufungsbegründung vom 06.05.2019 mit der anwaltlichen Unterschrift per Fax ein (Bl. 441-452 d.A.). Am 07.05.2019 (Bl. 420 ff d.A.) beantragte der Klägervertreter Wiedereinsetzung in die am Vortag abgelaufene Berufungsbegründungsfrist.
Der Klägervertreter trägt unter Vorlage mehrerer Sendeberichte (Bl. 435 ff), die die Aufschrift "Fehler aufgetreten" enthalten und auf denen als Uhrzeit die zur Sendezeit nicht geltende um eine Stunde hinter der "Sommerzeit" liegende "Winterzeit" vermerkt ist, vor, er habe ab 23.43 Uhr versucht, die Berufungsbegründung per Fax an die Zivilsenate in Darmstadt zu übermitteln. Nachdem die Übertragung zunächst problemlos begonnen habe, sei es zu einer Störung gekommen. Anschließend sei auf den Faxprotokollen der Vermerk "belegt" aufgetaucht. Im Internet habe er bei Eingabe der Worte "olg frankfurt darmstadt" in die Suchmaschine Google keine andere Faxnummer als die von ihm benutzte Nummer 06151-9924646 finden können.
Das gerichtliche Fax-Journal (Bl. 457) weist für das vom Klägervertreter um 23.40 Uhr versandte Fax das Ergebnis "E" auf, was nach Auskunft der Eingangsstelle (Bl. 479) eine Fehlermeldung ohne Hinweis darauf, wo (beim Absender, auf der Übermittlungsstrecke oder beim Empfänger) der Fehler aufgetreten ist, bedeutet. Nach weiterer Auskunft der Eingangsstelle (Bl. 496) scheidet ein Papierstau im Faxgerät des Gerichts als Fehlerursache aus, weil Seiten, die sich im Speicher des Gerichts befinden, schließlich auch gedruckt werden.
II. Der Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klägerin war nicht ohne ein ihr zuzurechnendes Verschulden daran gehindert, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten, § 233 ZPO. Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist dieser nach § 85 II ZPO zuzurechnen und steht ihrem eigenen Verschulden gleich.
Warum die vollständige Fax-Übertragung der Berufungsbegründung am 06.05.2019 im vorliegenden Fall scheiterte, ist nicht mehr aufklärbar. Insbesondere ist nicht ausgeschlossen, dass der Fehler auch im Gerät des Senders zu suchen sein könnte. Denn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat nicht zwischen den Versuchen, die Berufungsbegründung an die Zivilsenate in Darmstadt zu übermitteln, einmal versucht, einen anderen Empfänger per Fax zu erreichen, um zu prüfen, ob dies problemlos möglich war. Ein solcher Versuch hätte zur Aufdeckung des Sitzes der Fehlerquelle beitragen können. Nach den Auskünften der Eingangsstelle, denen die Klägerin nicht mehr entgegengetreten ist, ist es nicht möglich, dass die Berufungsbegründung sich vollständig im Speicher des Faxgeräts des Gerichts befand, weil sie dann später auch hätte ausgedruckt werden können. Im Faxprotokoll des Gerichts (Bl. 457) finden sich für Zeiten kurz vor und kurz nach dem Sendeversuch des Klägervertreters Faxeingänge, die mit "OK" bezeichnet sind, was zeigt, dass jedenfalls nicht eindeutig das Faxgerät des Ger...