Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss des Versorgungsausgleichs bei Anwendung iranischen Rechts

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verdrängung des Art. 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB durch Art. 8 Abs. 3 des deutsch/iranischen Niederlassungsabkommens hat zur Folge, dass bei Scheidung der Ehe iranischer Staatsangehöriger ein Versorgungsausgleich auch dann nicht stattfindet, wenn ein Ehegatte während der Ehe in Deutschland Versorgungsanwartschaften bzw. Versorgungsanrechte erworben hat.

 

Normenkette

EGBGB Art. 6, 8 Abs. 3 S. 1, Art. 17 Abs. 1, 3 S. 2; NiederlAbk IRN Art. 8 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Kassel (Urteil vom 26.11.2009; Aktenzeichen 522 F 3476/08 S)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen das Urteil des AG - Familiengericht - Kassel vom 26.11.2009 über den Ausspruch zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien sind iranische Staatsangehörige, wobei die Antragstellerin inzwischen - offenbar seit Juli 2010 - auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Die Parteien haben am ... 1986 im X-e.V. "Moschee" die Ehe geschlossen, die das Generalkonsulat der Republik Iran mit Bescheinigung vom ... 1986 bestätigt und die das offizielle Notariat für die Eintragung von Eheschließungen in Teheran am 4.10.1986 registriert hat.

Die Ehe der Parteien ist durch Urteil des AG Kassel vom 26.11.2009 inzwischen rechtskräftig geschieden worden.

Gleichzeitig hat das AG mit diesem Urteil festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde und zur Begründung angeführt, dem Antrag der Antragstellerin auf Durchführung des Versorgungsausgleichs sei nicht stattzugeben, weil nach den Vorschriften des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch auf die Ehe der Parteien grundsätzlich iranisches Recht anwendbar sei, das einen Versorgungsausgleich nicht vorsehe. Die Unanwendbarkeit der iranischen Vorschriften über die Voraussetzungen für die Ehescheidung führe nicht dazu, dass auch für andere im Zusammenhang mit der Scheidung zu beantwortende Rechtsfragen das deutsche Recht gelte. Ein Anspruch auf Durchführung des Versorgungsausgleichs bestehe auch nicht nach Art. 17 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB, weil die Anwendung dieser Vorschrift durch Art. 8 Abs. 3 Satz 1 des deutsch-iranischen Niederlassungsabkommens vom 17.2.1929 ausgeschlossen sei.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 10.12.2009 zugestellte Urteil richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin insoweit, als das AG festgestellt hat, ein Versorgungsausgleich finde nicht statt. Die Antragstellerin ist der Auffassung, die deutschen Vorschriften zum Versorgungsausgleich seien vorliegend bereits deshalb anzuwenden, weil das AG auch die Scheidung nach deutschem Recht ausgesprochen habe. Der Umstand, dass das iranische Recht keinen Versorgungsausgleich kenne, sei nur für die Frage entscheidend, ob der Versorgungsausgleich im Amtsverfahren oder auf Antrag durchzuführen sei. Im Übrigen wäre die Nichtdurchführung des Versorgungsausgleichs im Hinblick auf die beiderseitigen wirtschaftlichen Interessen der Parteien unbillig, weil sie, die Antragstellerin, während der Ehe die Kinder der Parteien großgezogen und der Antragsgegner demgegenüber während der Ehezeit deutsche Versorgungsanwartschaften erworben habe. Schließlich sei der Versorgungsausgleich auch deshalb durchzuführen, weil sie inzwischen neben der iranischen Staatsbürgerschaft die deutsche Staatsbürgerschaft besitze.

II. Die befristete Beschwerde der Antragstellerin ist gem. §§ 621e Abs. 1 ZPO a.F. 516, 519 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, wobei auf das vorliegende Verfahren gem. Art. 111 Abs. 1 FGG - RG weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden sind.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das AG festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet.

Da die Parteien zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des von der Antragstellerin gestellten Scheidungsantrages iranische Staatsangehörige waren und ihre am ... 1986 geschlossene Ehe am ... 1986 vom Generalkonsulat der Islamischen Republik Iran bestätig und am 4.10.1986 durch das offizielle Notariat für die Eintragung von Eheschließungen in Teheran registriert worden ist, unterlag die Scheidung nach Art. 17 Abs. 1 EGBGB iranischem Recht, wobei die Voraussetzungen einer Rechtswahl nach Art. 14 Abs. 2-4 EGBGB ersichtlich nicht vorlagen. Demgemäß unterlag nach Art. 17 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 EGBGB auch der Versorgungsausgleich iranischem Recht, welche dieses Rechtsinstitut nicht vorsieht bzw. nach welchem ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet.

Zwar ist gem. Art. 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB der Versorgungsausgleich dann, wenn er nicht stat...

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