Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerrufsrecht bei Darlehensvertrag-Belehrung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein durch die in den Belehrungstext kleingedruckt hochgesetzte und auf eine Fußnote auf "Bitte Widerrufsfrist im Einzelfall prüfen" hinweisende Ziffer lenkt grundsätzlich nicht vom eigentlichen Fließtext der Belehrung ab und verstößt damit nicht gegen das Deutlichkeitsgebot.
2. Eine an die zutreffende Widerrufsbelehrung in einem gesonderten Absatz angehängte überflüssige Belehrung über in Wirklichkeit nicht vorliegende "Finanzierte Verträge" ist im Hinblick auf das Deutlichkeitsgebot unschädlich.
Normenkette
BGB § 355 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1, § 492 Abs. 1; BGB-InfoV § 14 Abs. 1 Fassung: 2004-12-07, Abs. 3 Fassung: 2004-12-07
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 17.06.2015; Aktenzeichen 2-10 O 322/14) |
Tenor
In dem Rechtsstreit ... werden die Kläger darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten ist.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerrufs dreier Darlehensverträge.
Die Beklagte - eine Sparkasse - vergibt Verbraucherdarlehen. Die verheirateten Kläger nahmen zur Immobilienfinanzierung am 18.08.2009 drei durch eine Grundschuld besicherte Darlehen bei der Beklagten auf zu einem Nennbetrag von insgesamt 275.000,- EUR, ein Darlehen mit der Kto. Nr. A über einen Nennbetrag von 125.000,- EUR zu einem bis 30.08.2019 unveränderlichen Zinssatz von nominal 4,09 % pro Jahr (Anlage K 1), ein weiteres Darlehen Kto. Nr. B über einen Nennbetrag von 120.000,- EUR zu einem bis 30.08.2017 unveränderlichen Zinssatz von nominal 3,88 % pro Jahr (Anlage K 2) sowie ein drittes Darlehen Kto. Nr. C über einen Nennbetrag von 30.000,- EUR zu einem bis 30.08.2015 unveränderlichen Zinssatz von nominal 3,68 % pro Jahr (Anlage K 3).
Die Darlehensverträge enthielten jeweils in einem eingerahmten Kasten folgende Widerrufsbelehrung:
"Widerrufsbelehrung
zum vorstehenden Darlehensvertrag
Widerrufsrecht
Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen —— 1 ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform, jedoch nicht, bevor Ihnen auch eine Vertragsurkunde, Ihr schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt worden ist. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
Der Widerruf ist zu richten an
... Sparkasse
Straße ..., Stadt1
Fax-Nr ...
e-Mail: ...de
Widerrufsfolgen
Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen innerhalb von 30 Tagen erfüllt werden. Die Frist beginnt für Sie mit der Absendung ihrer Widerrufserklärung, für uns mit deren Empfang. (...) Finanzierte Geschäfte
Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem sie ihre Verpflichtung aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden (...) ...
Ort, Datum Unterschrift des Verbrauchers
Bearbeitungshinweise: -1 Bitte Widerrufsfrist im Einzelfall prüfen.
-Jeder Verbraucher hat ein Exemplar der Widerrufsbelehrung erhalten."
Wegen der Einzelheiten der Widerrufsbelehrung wird auf die Anlage K 4 im Anlagenband verwiesen.
Mit Schreiben vom 18.12.2013 erklärten die Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf ihrer auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen "innerhalb der gesetzlichen Frist" (Anlage K 5). Die Beklagte wies den Widerruf mit Schreiben vom 02.01.2014 zurück (Anlage K.).
Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die hinsichtlich aller drei Darlehensverträge identischen Widerrufsbelehrungen seien fehlerhaft, so dass sie noch im Jahr 2013 hätten wirksam widerrufen können. Der verwendete Belehrungstext widerspreche dem Deutlichkeitsgebot. Auch könne sich die Beklagte wegen mehrerer inhaltlicher Abweichungen von der Musterbelehrung in der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV a.F. nicht mehr auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a.F. berufen.
Die Beklagte hingegen hat die Ansicht vertreten, die Widerrufsbelehrungen seien entsprechend den gesetzlichen Anforderungen formuliert, so dass der Widerruf erst im Jahr 2013 verfristet sei. Auch sei das Widerrufsrecht der Kläger verwirkt und seine Ausübung rechtsmissb...