Verfahrensgang

LG Darmstadt (Beschluss vom 14.04.1993; Aktenzeichen 5 T 1044/92)

AG Groß-Gerau (Aktenzeichen 4 VI F 8/92)

 

Tenor

Die weiteren Beschwerden werden zurückgewiesen.

Von den außergerichtlichen Kasten des Verfahrens der weiteren Beschwerde haben die Beteiligten zu 1) und 2) ihre eigenen zu tragen und die der Antragsteller in durch die weiteren Beschwerden jeweils entstandenen zu erstatten.

Der Geschäftswert der weiteren Beschwerde der Beteiligten zu 1) beträgt 8.333 DM, derjenige der weiteren Beschwerde des Beteiligten zu 2) 3.667 DM.

 

Gründe

Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind die ehelichen Kinder des Erblassers und seiner im September 1987 verstorbenen Ehefrau … Die Eheleute … haben durch Erbvertrag vom 13.12.1966 sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt und weiter bestimmt, daß der Längstlebende von ihren Abkömmlingen nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge beerbt wird. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 3.4.1979 haben sie ein Grundstück der Beteiligten zu 1) unentgeltlich übergeben. Mit ihr haben sie am selben Tag in notarieller Form einen Erbverzichtsvertrag geschlossen, in dem die Beteiligte zu 1) gegenüber ihren Eltern auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht verzichtet hat. In den Vertrag hat die Beteiligte zu 1) erklärt, sie habe von ihren Eltern „ein Grundstück erhalten, das die Höhe, den Wert, meines künftigen Erbteils- und Pflichtteilsanspruch ausmacht”. Die Vertragsschließenden haben in dem Erbverzichtsvertrag den Wert des Verzichts unter Berücksichtigung des gegenwärtigen reinen Vermögens der Eltern, des der Verzichtenden daran zustehenden Erbteils und der noch zu erwartenden Erhöhung oder Verminderung des Vermögens auf 60.000 DM geschätzt.

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 12.3.1991 hat der Erblasser das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück … … der Beteiligten zu 3) übergeben, die ihrem Vater auf Lebensdauer ein unentgeltliches Wohnrecht auf dem Anwesen eingeräumt und sich verpflichtet hat, ihn bei Krankheit und Altersschwäche zu pflegen. Zur Sicherung dieser Rechte hat sie dem Vater ein Leibgeding an dem Anwesen bestellt. Ferner hat sie sich verpflichtet, an ihren Bruder, den Beteiligte zu 2), eine Heraus Zahlung von 50.000 DM zu leisten. In demselben Vertrag haben die Beteiligten zu 1) und 2) gegenüber ihrem Vater auf ihr Pflichtteilsrecht an dessen Nachlaß in der Weise verzichtet, „daß der Vertragsgegenstand bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs als nicht zum Nachlaß der Übergeber gehörend angesehen und aus der Berechnungsgrundlage für den Pflichtteilsanspruch ausgeschieden werden soll”.

Die Verträge vom 13.12.1966, 3.4.1979 und 12.3.1991 sind jeweils von anderen Notaren beurkundet worden. In den Urkunden vom 3.4.1979 und 12.3.1991 ist auf die früheren Urkunden nicht Bezug genommen worden.

Nach dem Tod des Vaters hat die Beteiligte zu 3) die Erteilung eines Teilerbscheins beantragt, wonach sie zu 1/2 Erbin ist. Sie ist der Ansicht, der Erbverzicht der Beteiligten zu 1) vom 3.4.1979 enthalte zugleich auch den Verzicht auf eine testamentarische oder erbvertragliche Zuwendung. Die beiden Geschwister der Beteiligten zu 3) sind dem Erbscheinsantrag entgegengetreten. Sie tragen vor, der von der Beteiligten zu 1) im Vertrag vom 3.4.1979 ausgesprochene Verzicht auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht sei nicht zugleich als Verzicht auf gewillkürte Zuwendungen anzusehen. Das Amtsgericht hat durch Beschluß vom 10.9.1992 angekündigt, daß es den Erbschein nach dem Antrag der Beteiligten zu 3) erteilen werde. Die gegen diesen Beschluß gerichteten Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) hat das Landgericht durch Beschluß von 14.4.1993 zurückgewiesen mit der Begründung, der Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag vom 3.4.1979 sei gemäß §§ 133, 157 BGH auslegungsfähig und bei Erforschung des wirklichen Willens der Vertragsschließenden dahin auszulegen, daß die Beteiligte zu 3) entgegen dem Wortlaut des Vertrages auch auf gewillkürte Zuwendungen Ihrer Eltern verzichtet habe. Hiergegen richten sich die mit Anwaltsschriftsatz vom 27.5.1993 eingelegten weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2), die meinen, der Wortlaut des Verzichtsvertrages vom 3.4.1979 sei eindeutig und nicht auslegungsbedürftig.

Die nach § 27 Abs. 1 FGG statthaften, auch sonst zulässigen Rechtsmittel sind nicht begründet. Die Ausführungen des Landgerichts halten der im Verfahren der weiteren Beschwerde allein möglichen rechtlichen Nachprüfung (§§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO) stand.

Der angefochtene Beschluß geht ohne Rechtsfehler davon aus, daß die Beteiligte zu 1) in dem mit ihren Eltern geschlossenen Vertrag vom 3.4.1979 nicht nur auf ihr gesetzliches Erbrecht, sondern auch auf gewillkürte Zuwendungen verzichtet hat. Ob der Verzicht auf das gesetzliche Erbrecht (§ 2346 BGB) auch den Verzicht auf gewillkürte Zuwendungen (§ 2352 BGB), enthält und umgekehrt, hat das Nachlaßgericht im Erbscheinsverfahren von Amts wegen (§ 12 FGG) zu prüfen. Es hat über diese Vorfrage bei der Entscheidung Über einen Er...

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