Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Strafbarkeit der Sportwettenvermittlung

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 5-30 KLs - 3650 Js 236524/06 (11/07))

 

Gründe

Mit der Anklageschrift vom 27.2.2007 wirft die Staatsanwaltschaft dem Angeschuldigten vor, in der Zeit vom 1.6.2006 bis zum 10.1.2007 ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glückspiel veranstaltet zu haben, wobei er gewerbsmäßig gehandelt habe - Straftat gemäß § 284 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 StGB. Er habe ein öffentlich zugängliches Wettbüro in der ... Straße in O1 betrieben und dort einem unbegrenzten Personenkreis die Möglichkeit des Abschlusses von Sportwetten mit festen Gewinnquoten - sogenannten ...wetten - über die Firma A1 Limited mit Sitz in L1 eröffnet. Diese L1 Gesellschaft verfügt über eine sogenannte ".... Licence" der L1 Behörden, die am 20.4.2004 in eine Lizenz für das Veranstalten und Vermitteln von Onlinewetten, eine "... Licence", von der L1 Glückspiel Aufsichtsbehörde umgewandelt wurde. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft führe eine solche ausländische Genehmigung aber nicht zu Straflosigkeit, da § 1 Abs. 1 des Hessischen Gesetzes über Staatliche Sportwetten, Zahlenlotterien und Zusatzlotterien in Hessen eine Alleinbefugnis des Landes Hessen zur Veranstaltung von Sportwetten innerhalb seines Staatsgebiets begründe. Diese Vorschrift ist zum 1.1.2008 aufgehoben und durch die inhaltsgleiche Norm des § 6 des Hessischen Glückspielgesetzes vom 12.12.2007 ersetzt worden.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die Eröffnung des Hauptverfahrens aus rechtlichen Gründen abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, eine Strafbarkeit des in Rede stehenden Verhaltens des Angeschuldigten könne nicht mit hinreichender Sicherheit angenommen werden. Infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28.3.2006 - 1 BvR 1054/01 -, wonach das staatliche Wettmonopol mit dem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar sei, gleichwohl das Bundesverfassungsgericht eine bis zum 31.12.2007 gültige Weitergeltungsanordnung getroffen habe, verbiete sich die Verhängung einer strafrechtlichen Sanktion aus verfassungsrechtlichen Gründen, solange es an einer verfassungsgemäßen Rechtsgrundlage für das staatliche Wettmonopol fehle. Bestraft würde ein bloßer Verwaltungsungehorsam, obwohl die derzeitige verwaltungsrechtliche Rechtsgrundlage, das Gesetz über staatliche Sportwetten, Zahlenlotterien und Zusatzlotterien in Hessen vom 3.11.1998 und die tatsächliche Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols nach Maßgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht als grundgesetzwidrig anzusehen sei. Die Fortgeltungsanordnung stelle für das Strafrecht keine tragfähige Grundlage dar, da ihre Rechtfertigung darin liege, den Übergang von der verfassungswidrigen zu verfassungsgemäßen Gesetzeslage zu sichern. Vor diesem Hintergrund sei sachgerecht, während der Übergangszeit die Veranstaltung und Vermittlung von privaten Sportwetten ordnungsrechtlich und wettbewerbsrechtlich zu untersagen. Dieses legitime gesellschaftspolitische Ziel könne eine strafrechtliche Sanktion hingegen nicht rechtfertigen, denn für den grundrechtsintensiven Bereich des Strafrechts bleibe im Vordergrund, dass die derzeitige verwaltungsrechtliche Gesetzeslage vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden sei. Daraus folge, dass die Verhängung einer strafrechtlichen Sanktion verfassungsrechtlich solange ausgeschlossen bleibe, bis der Gesetzgeber ein verfassungsgemäßes Gesetz erlassen habe, nachdem entweder das staatliche Sportwettenmonopol verfassungsrechtlich gerechtfertigt oder die Veranstaltung von Sportwetten generell - also auch für den Staat - verboten sei.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft vom 19.11.2007. Mit dieser wird insbesondere auf verschiedene Entscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, nach denen der Anwendung von § 284 StGB auf einen Sachverhalt wie im vorliegenden Fall weder verfassungsrechtliche noch gemeinschaftsrechtliche Gründe entgegenstünden; zudem vertritt die Staatsanwaltschaft der Annahme der tatsächlichen Voraussetzungen eines Verbotsirrtums im Sinne des § 17 Abs. 1 StGB entgegen. Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht ist dem Beschwerdevorbringen in ihrer Stellungnahme vom 14.12.2007 beigetreten.

Die gemäß §§ 210 Abs. 2, 311 Abs. 2 zulässige sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht Frankfurt am Main hat in dem angefochtenen Beschluss zu Recht die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Angeschuldigten abgelehnt. Das dem Angeschuldigten in der Anklageschrift vorgeworfene Verhalten ist nicht gemäß § 284 StGB strafbar. Der Senat hat sich in dem Beschluss vom 23.9.2008 - Az.: 1 Ws 143/07 - der insofern mittlerweile herrschenden Auffassung in der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OLG Hamburg, Beschl. v. 9.3.2007 - Az.: 1 Ws 61/07; OLG München, Urt. v. 17.6.2008 - Az.: 5 StR RR 28/...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge