Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Vermutungswirkung des § 899a BGB

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vermutungswirkung des § 899a BGB gilt auch für die Bewilligungsberechtigung der im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter einer GbR zur Eintragung eines Gesellschafterwechsels im Grundbuchblatt des betroffenen Grundstückes, so dass es weiterer Nachweise im Regelfall nicht bedarf.

 

Normenkette

BGB §§ 891, 899a; GBO § 47 Abs. 2, § 82 S. 3; BGBEG Art. 229 § 21

 

Verfahrensgang

AG Offenbach (Beschluss vom 25.10.2010)

AG Offenbach (Beschluss vom 23.09.2010)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Das AG Offenbach am Main - Grundbuchamt - wird angewiesen, das eingangs bezeichnete Grundbuch antragsgemäß bezüglich des Gesellschafterwechsels zu berichtigen.

 

Gründe

I. Als Eigentümer des eingangs bezeichneten Grundstücks sind seit ... 2005 die Antragsteller zu 1) und 2) als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingetragen.

Mit Schreiben vom 8.6.2010 beantragte der verfahrensbevollmächtigte Notar für die drei Antragsteller die Berichtigung des Grundbuchs. Er legte eine notariell beglaubigte Erklärung des Antragstellers zu 2) vor, die dieser zugleich für die Antragsteller zu 1) und 3) aufgrund vorgelegter beglaubigter Vollmachten abgegeben hatte. In dieser Erklärung wurde ausgeführt, dass der Antragsteller zu 1) seinen Gesellschaftsanteil mit Zustimmung des Antragstellers zu 2) an den Antragsteller zu 3) abgetreten hat und durch das Ausscheiden des Antragstellers zu 1) als Gesellschafter und den Neueintritt des Antragstellers zu 3) als Gesellschafter das Grundbuch unrichtig geworden sei. Zugleich wurde für alle drei Antragsteller bewilligt und beantragt, die Eintragung des Gesellschafterwechsels mit der Abtretung des Geschäftsanteils durch den Antragsteller zu 1) an den Antragsteller zu 3) im Grundbuch zu vermerken.

Mit Zwischenverfügung vom 10.6.2010 forderte die Rechtspflegerin des Grundbuchamts die Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts an und bat zum Zwecke der Kostenberechnung um nähere Angaben zum Baujahr des Gebäudes, dem Brandversicherungswert sowie eventuellen baulichen Veränderungen in den letzten 25 Jahren.

Nachdem die Unbedenklichkeitsbescheinigung vorgelegt und Angaben zu Baujahr, Brandversicherungswert und einer Begutachtung gemacht worden waren, teilte ein anderer Rechtspfleger des Grundbuchamts mit Verfügung vom 6.9.2010 dem Notar mit, er habe wegen einer längeren Erkrankung der Kollegin die Sachbearbeitung übernommen und vertrete im Anschluss an einen Aufsatz von Bestelmeyer (Rpfleger 2010, 169/181 ff.) die Rechtsauffassung, dass die GbR den Nachweis, dass sie zum Zeitpunkt der Übertragung des Geschäftsanteils nur aus den Antragstellern zu 1) und 2) bestanden habe, in der Form des § 29 GBO nicht erbringen könne und die Vermutung § 899a BGB hier nicht gelte. Es werde deshalb aus Kostengründen die Möglichkeit eingeräumt, zur Vermeidung einer sonst zu erwartenden Zurückweisung den Antrag zurückzunehmen.

Der Notar trat dieser Rechtsauffassung mit Schreiben vom 10.9.2010 entgegen.

Daraufhin wies der Rechtspfleger des Grundbuchamts den Antrag auf Eintragung der Grundbuchberichtigung nach Gesellschafterwechsel einer GbR mit Beschluss vom 23.9.2010 zurück. Dabei wurde zunächst die von Bestelmeyer (Rpfleger 2010, 169, 185/186) vertretene Rechtsauffassung wörtlich wiederge-geben und sodann ausgeführt, der Rechtspfleger schließe sich dieser Rechtsauffassung an, wonach die Vermutungswirkung des § 899a S. 1 BGB sich nur auf eine Verfügung oder eine Grundbuchberichtigung im Hinblick auf das eingetragene Recht der GbR beziehe, nicht jedoch auf die Rechtsinhaberschaft der einzelnen eingetragenen Gesellschafter. Der formgerechte Nachweis dieser Rechtsinhaberschaft könne überhaupt nicht geführt werden, so dass Grundbuchberichtigungen im Hinblick auf den Gesellschafterbestand insgesamt nicht möglich seien.

Gegen den Zurückweisungsbeschluss legte der Notar unter dem 20.10.2010 Beschwerde ein, mit welcher er insbesondere auf ein Gutachten des Deutschen Notarinstituts (DNotI-Report 16/2010) sowie weitere Literatur und Entscheidungen des OLG München (MDR 2011, 242) und des OLG Brandenburg (5 WX 47/10) verwies.

Der Rechtspfleger hat der Beschwerde mit Beschluss vom 25.10.2010 nicht abgeholfen und sie dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die Beschwerde ist nach §§ 71, 73 GBO zulässig. Dabei ist davon auszugehen, dass die Beschwerde durch den Notar, der hier in eigener Person nicht beschwerdeberechtigt ist, in Ausübung der Ermächtigung des § 15 GBO für die Antragsteller eingelegt wurde (vgl. Demharter, GBO, 27. Aufl., § 15 Rz. 20).

Die gegen den Zurückweisungsbeschluss gerichtete Beschwerde führt auch in der Sache zum Erfolg. Der Antragsteller zu 3) ist antragsgemäß im Wege der Berichtigung an Stelle des Antragstellers zu1) im Grundbuch einzutragen (§§ 19, 22, 47 Abs. 2 Satz 1 GBO), da die hierfür erforderlichen Unterlagen in Gestalt der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts und der Bewilligung der An...

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