Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz für angebliche Falschbehandlung eines Pferdes
Normenkette
BGB § 249 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1; ZPO §§ 427, 444
Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 30.04.2010; Aktenzeichen 2 O 81/08) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 30.4.2010 verkündete Grundurteil des LG Limburg an der Lahn (2 O 81/08) wird zurückgewiesen.
Die Sache wird zur Durchführung des Betragsverfahrens an das LG zurückverwiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 37.083,34 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von dem beklagten niedergelassenen Tierarzt Schadensersatz wegen behaupteter Fehlbehandlung eines Pferdes, welches deswegen in einer Tierklinik in Stadt01 habe weiterbehandelt und schließlich eingeschläfert werden müssen (2.083,34 EUR Weiterbehandlungskosten, 35.000 EUR Wert des Pferdes).
Das LG Limburg a. d. Lahn hat durch Grundurteil erkannt, dass die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt sei und die Entscheidung zur Schadenshöhe dem Betragsverfahren vorbehalten.
Das LG hat offen gelassen, ob die Klägerin Eigentümerin des Pferdes war, weil sie auch ohne Verletzung eigenen Eigentums nach dem Grundsatz der Drittschadensliquidation als Partei des zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Behandlungsvertrags forderungsberechtigt sei.
Es liege eine grob fehlerhafte Behandlung vor. Das folge aus dem Gutachten des tierärztlichen Sachverständigen SV1 und aus einer Gesamtbewertung des dem Beklagten im Einzelnen vorzuwerfenden Verhaltens. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen (S. 7f/Bl. 149f d.A.). Die arzthaftungsrechtlichen Grundsätze zur Beweislastumkehr nach grobem Behandlungsfehler seien mit einigen Obergerichten auch auf eine tierärztliche Behandlung anzuwenden. Eine anders lautende Entscheidung des OLG Koblenz rechtfertige keine andere Beurteilung.
Die Anwendung dieser Grundsätze führe dazu, dass der Beklagte dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet sei, auch wenn nicht positiv feststehe, dass die Gesundheit des Pferdes bei fehlerfreiem Vorgehen des Beklagten hätte wiederhergestellt werden können. Denn der Beklagte habe den Beweis nicht erbracht, dass die Tötung des Pferdes auch dann erforderlich geworden wäre, wenn er es fehlerfrei behandelt hätte.
Die Berufung des Beklagten ist auf Klageabweisung gerichtet.
Die Berufung rügt im Wesentlichen:
1. Der Grundsatz der Drittschadensliquidation sei unrichtig angewendet worden, weil der geschädigte Eigentümer hier sehr wohl einen Anspruch hätte.
2. Der Beklagte habe nicht grob fahrlässig gehandelt. Angesichts der äußerlich betrachtet nur drei Zentimeter langen Schnittwunde hätten sich weitere Untersuchungen nicht aufgedrängt.
3. Eine Beweislastumkehr sei nicht gegeben, weil die Klägerin es versäumt habe, das Tier obduzieren zu lassen. Dadurch sei eine Sachverhaltsaufklärung verhindert worden, was eine Beweisvereitelung darstelle. So könne nicht ausgeschlossen werden, dass Fehler der nachbehandelnden Ärzte, Vorerkrankungen und dergl. die Tötung des Tieres notwendig werden ließen. Die Berufung zieht für diese Sicht vor allem Entscheidungen der OLG München und Hamm heran, aus denen folge, dass die Grundsätze der Beweisvereitelung in Ausnahmefällen zu Lasten (?) des Tierarztes analog anzuwenden seien (Bl. 188f d.A.). Die Übertragung der arzthaftungsrechtlichen Grundsätze zum groben Behandlungsfehler auf tierärztliche Behandlungsverträge sei abzulehnen (mit dem OLG Koblenz, gegen das OLG Hamm). Das folge auch daraus, dass im Haftungsrecht der Humanmedizin die ordnungsgemäße Aufklärung dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten diene, was für das Tierarztrecht nicht anzunehmen sei.
Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
Das LG Limburg a. d. Lahn führt das Betragsverfahren zur Zeit auf Antrag der Klägerin fort.
II. Die Berufung ist zurückzuweisen, sie ist unbegründet.
Die Klägerin ist aktiv legitimiert. Inhaberin etwaiger vertraglicher Schadensersatzansprüche (§ 280 Abs. Abs. 1, 249 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Behandlungsvertrag) ist die Klägerin jedenfalls insoweit, als ihr schadensgleicher Vermögensaufwand auf Grund behaupteter Schlechtleistung des Beklagten entstanden ist. Ferner ist davon auszugehen, dass die Klägerin auch Eigentümerin des behandelten Pferdes war, mithin grundsätzlich auch Beschädigungen oder Untergang des Pferdes sowie eigene Erhaltungsaufwendungen a...