Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderungsansprüche nach § 89 a I 2 HGB gegenüber einem Bausparkassen-Bezirksleiter
Verfahrensgang
LG Kassel (Entscheidung vom 22.12.2011; Aktenzeichen 8 O 1755/10) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 22.12.2011 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 16.020,36 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10. November 2010 zu zahlen Zug um Zug gegen Erteilung eines Buchauszuges über alle vom Beklagten im Zeitraum vom 01.04.2009 bis zum 30.04.2010 vermittelten Verträge, wobei der Buchauszug - neben den Angaben in den durch die Klägerin am 28.06.2010 (Band II Bl. 167 bis 171 d.A.) und am 01.07.2010 (Band II Bl. 155 bis 166 d.A.) bereits erteilten Auszügen - folgende Angaben zu enthalten hat:
- Datum des Antrags einschließlich der Daten von Antragserweiterungen
- Datum der Vertragsannahmeerklärungen des Versicherungsunternehmens
- Einlösedatum
- Höhe und Datum der Zahlungseingänge (Zahlungen des Versicherungsnehmers an das Versicherungsunternehmen)
- Datum eventueller Stornierungen, Gründe der Stornierung und Datum und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 28,6 % und der Beklagte 71,4 %.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 23,8 % und der Beklagte 76,2 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt vom Beklagten Rückzahlung von Provisionsvorschüssen für dessen Tätigkeit als Bezirksleiter.
Die Klägerin ist über ihren Geschäftsbereich Bausparkasse (A) im Bauspargeschäft tätig; sie schließt in diesem Rahmen Bausparverträge zur Finanzierung privater Bauvorhaben ab. Der Beklagte vertrieb in der Vergangenheit auf Provisionsbasis Produkte der Klägerin.
Unter dem 24.02./10.03.2009 schlossen die Parteien einen Bezirksleiter-Vertrag. Nach dessen § 1 wurde der Beklagte als Bezirksleiter für die A als Handelsvertreter tätig. Nach § 2 des Vertrages hatte er die Aufgabe, die Produkte der A anzubieten und dabei insbesondere den Abschluss von Bausparverträgen zu vermitteln.
Der Vertrag enthielt insbesondere folgende Bestimmungen:
"§ 12 Provisionen
(1) Der Bezirksleiter erhält Provisionen nach den diesem Vertrag als Anlage 2 beigefügten Provisionsrichtlinien sowie nach Maßgabe dieses Vertrages für jeden von ihm der A hereingegebenen und von der A angenommenen Antrag auf Abschluss oder Erhöhung eines Bausparvertrages. ...
(2) ...
(3) ...
§ 13 Provisionsanspruch
(1) Der Provisionsanspruch entsteht, wenn der Bausparvertragsantrag von der A angenommen worden ist. Er wird zur Zahlung fällig, wenn die Abschlussgebühr voll bezahlt worden ist. ...
(2) ...
(3) ...
(4) ...
(5) Der Anspruch des Bezirksleiters auf Provision verjährt in einem Jahr nach Fälligkeit der Provision. Der Anspruch der A auf Erstattung der Provision verjährt in einem Jahr nach Kenntnis der Umstände, die den Rückzahlungsanspruch rechtfertigen.
§ 14 Provision für die Vermittlung von Vorfinanzierungskrediten
Die A zahlt für die Vermittlung von Vorfinanzierungskrediten durch den Bezirksleiter Provisionen. ... Die Zahlung der Provision erfolgt nach Vollvalutierung des jeweiligen Kredites. ...
§ 19 Verjährung, Ansprüche bei Auflösung des Vertrages
(1) Alle Ansprüche aus diesem Vertrag verjähren innerhalb von 12 Monaten. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Ablauf des Monats, in dem der Berechtigte Kenntnis vom Anspruchsgrund erlangt, endet aber spätestens nach 3 Jahren, gerechnet ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch fällig wird.
(2) ...
(3) ...
§ 21 Inkrafttreten
(1) Dieser Vertrag tritt mit Wirkung vom 01.04.2009 in Kraft. ...
(2) ...
(3) ..."
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bezirksleiter-Vertrag vom 24.02./10.03.2009 (Band I Bl. 8 ff. d.A.) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 24.02.2009, zu dem der Beklagte unter dem 10.03.2009 sein Einverständnis erklärte, räumte die Klägerin dem Beklagten einen Provisionsvorschuss ein. In dem Schreiben, auf das verwiesen wird (Band I Bl. 25 f. d.A.), heißt es:
".. Für die ersten 6 Monate Ihrer Tätigkeit (vom 01.04.2009 bis 30.09.2009) zahlen wir Ihnen einen monatlichen Provisionsvorschuss in Höhe von EUR 3.000,00. Die Vorschusszahlungen werden mit den eingegangenen Provisions- und Bonifikationszahlungen (insbesondere Provisionen für Bauspargeschäft sowie für Finanzierungen) verrechnet. Ein ggf. vorhandener Negativsaldo ist durch Sie auszugleichen. ..."
Unter dem 28.08./28.09.2009 schlossen die Parteien einen Bezirksleiter-Bausparen-Vertrag, nach dem der Beklagte ab 01.10.2009 als Bezirksleiter-Bausparen für ihm zugewiesene Sparkassen tätig werden sollte. Hinsichtlich der Provisionen (§ 13), des Provisionsanspruchs (§ 14), der Provision für die Vermittlung von Vorfinanzierungskrediten (§ 15) und Verjährung (§ 20...