Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorvertragliche Aufklärungspflichten beim Franchisevertrag
Normenkette
BGB § 311 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 25.11.2020; Aktenzeichen 9 O 198/18) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin gegen das am 25.11.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Darmstadt, Az. 9 O 198/18 wird das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage hin wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 56.803,17 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 566,82 EUR seit 13.09.2016, aus 1.415,98 EUR seit dem 14.09.2016 und aus 7.079,07 EUR seit dem 20.05.2017, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.000,- EUR seit dem 15.02.2017, aus 5.000,- EUR seit dem 31.05.2017 sowie aus 37.741,20 EUR seit 11.11.2018 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 95 %, die Beklagte 5 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweiligen Vollstreckungsschuldnerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Franchise-Investment.
Die Beklagte ist Franchisegeberin für ein Institut für dauerhafte Haarentfernung. Für dieses Konzept interessierte sich die Klägerin, welche zuvor unter anderem ein eigenes Einzelhandelsfachgeschäft in Stadt1 führte. Im Rahmen der Ernstinformation im Mai 2015 erhielt die Klägerin einen Unternehmensprospekt "Willkommen bei E", auf welchen verwiesen wird (Anl. K 1, Anlagenband).
Nach Abschluss einer Reservierungsvereinbarung überließ die Beklagte der Klägerin unter anderem das Informationspaket für Franchiseinteressenten (B 12, BI. 391 d. A.) sowie einen Standortcheck (K7, Bl. 114 Anlagenband).
Die Klägerin beauftragte in der Folge auf Empfehlung der Beklagten die A GmbH (nachfolgend: A) mit der Erstellung eines Unternehmenskonzepts (Anl, K 2, Anlageband Bl. 39 ff.). Dieses diente zur Vorlage bei der finanzierenden Bank und enthielt u. a. Informationen aus der Sphäre der Beklagten.
Am 02./17.02.2016 schlossen die Parteien einen Franchisevertrag (Anl. K 12, Bl. 161 Anlageband).
Die Klägerin eröffnete ihr Institut in Stadt2 am 01.04.2016.
Sie hatte Schwierigkeiten, geeignete Promotionplätze zu finden. Zur Generierung solcher beauftragte sie die B GmbH in Stadt3. Diese teilte der Klägerin mit E-Mail vom 10.10.2016 das Ergebnis ihrer Tätigkeit mit, wonach 100 Standorte recherchiert wurden, und stellte ihre Leistung in Höhe von insgesamt 20.951,13 EUR in Rechnung (Anl. K 14, Anlagenband Bl. 242 ff. und E-Mail v.10.10.2016, K 15, Anlagenband Bl. 250 ff.).
Die Klägerin schloss Anfang November 2016 ihr Institut und erklärte mit anwaltlichem Schreiben vom 08.11.2016 (K 17, Anlagenband Bl. 259 ff.) gegenüber der Beklagten die Anfechtung des Franchisevertrages, hilfsweise die außerordentliche Kündigung und zahlte ab diesem Zeitpunkt weder Franchisegebühren noch nahm sie an Pflichtschulungen teil.
Dies wies die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 16.11.2016 (K18, Anlagenband Bl. 263 ff) zurück, in dem sie die Klägerin gleichzeitig abmahnte.
Vorgerichtlich versuchten die Parteien eine einvernehmliche Vertragsbeendigung durch Übernahme des Instituts durch einen anderen Interessenten. Dies scheiterte;die Gründe dafür sind streitig.
Eine weitere Abmahnung seitens der Beklagten erfolgte mit Schreiben vom 02.02.2017 (K23, Bl. 279 Anlagenband Bl. 279 = B 7, BI. 82 d. A.), in der die Beklagte auch Vertragsstrafen in Höhe von 15.000,- EUR verhängte.
Die Klägerin antwortete darauf mit Schreiben vom 08.02.2017 (Anl. K 24, Bl. 282 Anlagenband) und v. 03.03.2017 (Anl. K 25, Bl. 288 Anlagenband).
Mit Schreiben vom 17.05.2017 (Anl. B 8, BI. 85 d. A.) verhängte die Beklagte weitere Vertragsstrafen in Höhe von 7.500,- EUR und erklärte die außerordentliche Kündigung.
Die Klägerin begehrt nach Anfechtung wegen Täuschung durch fehlerhafte vorvertragliche Aufklärung des Franchisegebers die Rückabwicklung des Franchisevertrages und Erstattung des ihr entstandenen Vermögensschadens i.H.v. 165.103,22 EUR zzgl. Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgabe eines Enthaarungsgeräts nebst 2 Handstücken. Der Schaden setze sich zusammen aus der von ihr gezahlten Eintrittsgebühr einschließlich Erstausstattung sowie den von ihr aufgewandtenKosten in Höhe von insgesamt 224.771,01 EUR. Davon lässt sie sich die von ihr erzielten Umsatzerlöse in Höhe von 47.767,79 EUR sowie den Erlös des Verkaufs des Inventars in Höhe von 11.900,00 EUR in Abzug bringen (i.E. Klageschrift, BI. 1,17 d. A.). Ferner begehrt sie Feststellung, dass sie nicht verpflichtet ist, Vertragsstraf...