Leitsatz (amtlich)
Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung des Reisevertrages ist eine am Reisezweck und am ...-charakter orientierte Gesamtwürdigung aller Umstände erforderlich; auf starre Prozentsätze kann nicht abgehoben werden. Fiktive Minderungssätze können allenfalls ergänzend herangezogen werden. Maßgebend ist vor allem, ob dem Reisenden die Fortsetzung der Reise angesichts der Reisemängel zumutbar ist.
Normenkette
BGB §§ 651e, 651f
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-19 O 221/04) |
Gründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig, sie ist aber nicht begründet.
A. Der Kläger buchte bei der Beklagten für sich und seine Lebensgefährtin für die Zeit vom 20.11.2003 bis 30.11.2003 eine Reise in das Hotel "A" in O1 (für die Zeit bis zum 27.11.2003) und das Hotel B in O2 für die restliche Reisezeit zu einem Preis von 3.856 EUR.
Auf dem Hinflug war der Zubringerflug von O3 nach O4 um eineinhalb Stunden verspätet, weshalb der Kläger auf einen anderen Flug mit der gleichen Flugabfolge einen Tag später umgebucht wurde.
Bei dem gebuchten Hotel "A" lag der Speisesaal im Souterrain des Hotels ohne Belüftung und Fenster, so dass vom Speisesaal aus kein Meerblick bestand. Als der Kläger das Frühstück gegen 10:00 Uhr einnahm, war zum Teil Dosenobst ausgestellt.
Im zugewiesenen Zimmer war kein Teppich oder Bettvorleger vorhanden, der Boden war von der Klimaanlage gekühlt. Es waren zwei getrennte Einzelbetten aufgestellt. Die Einrichtung war von minderer Qualität, die Matratzen durchgelegen. Ohne laufende Klimaanlage war es im Zimmer zu heiß. Es herrschte muffiger Geruch, der darauf zurückzuführen war, dass das Fenster nicht geöffnet werden konnte.
Es gab keinen Balkon. Der Meerblick wurde durch mehrere Betonbalken behindert.
Zu sehen war lediglich eine etwa 100 Meter entfernte Halbinsel, die zur Hälfte aus einer Raffinerie und zur anderen aus einer Baustelle bestand. Von dieser Halbinsel her ertönte ununterbrochen Lärm von der Raffinerie; ferner waren fünf bis sechs Bulldozer und mehrere schwere Bagger im Einsatz, die ständig Erdbewegungsarbeiten durchführten. Es arbeiteten zwischen 10 und 20 Bauarbeiter. Der Lärm war von 9:00 Uhr bis zur Dunkelheit zu hören. Den ganzen Tag über lag eine geschlossene Wolke aus feinem Sand- und Gesteinstaub über dem Hotel- und Strandgelände.
Der Kläger hat geltend gemacht, der Speisesaal sei muffig und feucht gewesen. Er habe rote Plüschwände und eine Charme aus der "Honecker Ära" gehabt. Beim Frühstücksbuffet sei das Büffet weder reichhaltig noch von guter Qualität, der Kaffee kalt, das Teewasser nur lauwarm und nur noch Reste von Joghurt und Brot vorhanden gewesen. Auch auf eine Rüge beim Kellner hin seien keine frischen Waren hinzugestellt worden.
Die Klimaanlage sei nicht zu regulieren gewesen. Die Lebensgefährtin des Klägers, die unter Asthma leide, habe in dem gebuchten Zimmer eine Panikattacke und einen Asthmaanfall bekommen.
Über dem Strand habe ein extremer Öl-Benzin und Dieselauspuffgestank gehangen. Im Wasser seien erhebliche Diesel- und Ölrückstände geschwommen. Es habe badewannengroße Öllachen gegeben. In Strandnähe seien Abfall, Fischreste, Plastikteile geschwommen. Der Kläger habe mit seiner Lebensgefährtin einen Badeausflug beendet, nachdem sich bei der Lebensgefährtin ein Hautausschlag gebildet habe.
Die Mängel seien am 22.11.2003 gerügt worden. Eine Recherche habe ergeben, dass alle Vertraghotels ausgebucht gewesen seien. Die Reiseleiterin habe vorgeschlagen, den Reisevertrag zu kündigen; damit sei er - der Kläger - von einverstanden gewesen und habe eine Rückbeförderung verlangt.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.191,84 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.1.2004 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat zum einen darauf abgestellt, dass ein Teil der vom Kläger geltend gemachten Unzulänglichkeiten angesichts der Tatsache, dass es sich - entgegen der offensichtlichen Erwartung des Klägers - nicht um ein Luxushotel, sondern um ein Mittelklassehotel gehandelt habe, schon nicht als Mangel bewertet werden könnten.
Sie hat im weiteren darauf verwiesen, dass der Kläger ohne Hinterlassung einer Mitteilung den Rückflug angetreten habe; soweit darin eine konkludente Kündigung des Reisevertrages gesehen werden könne, sei diese unberechtigt. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger eine Reise im Baukastensystem gebucht habe. Sollten Mängel beim ersten Teil der Reise vorliegen, können sich dies nicht auf den zweiten Teil auswirken. Es wäre dem Kläger im Rahmen einer Schadensgeringhaltung zumutbar gewesen, im Hinblick auf den zweiten Teil der Reise im ersten Hotel zu verbleiben. So habe die Beklagte den vollen auf die Buchung des zweiten Hotels entfallenden Preis entrichten müssen; eine vorherige Stornierung sei durch das Verhalten des Klägers nicht möglich gewesen.
Das LG hat der Klage unter Abweisung im Übrigen nur in Höhe eines Betrages von 1.412,74 EUR nebst Zinsen st...