Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO
Leitsatz (amtlich)
Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO ist der Nachweis eines konkreten (auch immateriellen) Schadens.
Normenkette
DSGVO Art. 82 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 26.05.2020; Aktenzeichen 13 O 244/19) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 26.5.2020 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, es künftig zu unterlassen, personenbezogene Daten des Klägers, die im Zusammenhang mit seiner Bewerbung bei der Beklagten stehen, zu verarbeiten bzw. verarbeiten zu lassen, wenn dies geschieht wie in der Nachricht der Mitarbeiterin der Beklagten über das Portal XING an Herrn A vom 23.10.2018.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.025,55 EUR EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.3.2019 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung der Beklagten sowie die Anschlussberufung des Klägers werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben der Kläger 15% und die Beklagte 85 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger befand sich bei der Beklagten, einer Privatbank, in einem Bewerbungsprozess. Dieser fand über das Online-Portal Xing statt. Das Netzwerk ermöglicht es, Personen und Unternehmen zu folgen, Reaktionen und Beiträge zu hinterlassen sowie mediale Inhalte im Text-, Bild- und Videoformat zu veröffentlichen. Der Kläger hat dort seine Kontaktdaten nebst Lebenslauf eingestellt. Im Zusammenhang mit dem Bewerbungsprozess versandte eine Mitarbeiterin der Beklagten über den dortigen Messenger-Dienst am 23.10.2018 eine Nachricht, die eigentlich für den Kläger bestimmt war, an eine dritte, nicht am Bewerbungsprozess beteiligte Person. Die Nachricht hatte folgenden Inhalt:
"Lieber Herr B, ich hoffe es geht Ihnen gut! Unser Leiter - Herr C - findet ihr Händler Profil sehr interessant. Jedoch können wir Ihre Gehaltsvorstellungen nicht erfüllen. Er kann 80k + variable Vergütung anbieten. Wäre das unter diesen Gesichtspunkten weiterhin für Sie interessant? Ich freue mich von Ihnen zu hören und wünsche Ihnen einen guten Start in den Dienstag. Viele Grüße, D" (Anlage K 1, BI. 13 d. A.).
Der Empfänger der Nachricht, Herr A, kannte den Kläger, da beide vor einiger Zeit innerhalb derselben Holding gearbeitet hatten. Herr A leitete die Nachricht an den Kläger weiter und fragte in diesem Zusammenhang, ob es sich um eine Nachricht für den Kläger handele ("du?") und ob dieser auf Stellensuche sei ("suchstdu?"). Herr A machte den Kläger zudem darauf aufmerksam, dass er die Versenderin auf den Fehler hingewiesen habe ("ich hab sie auch angemault das das nicht geht", "sie hat sich sehr nett entschuldigt", "mehr weiss ich nicht", "suchst du?" Screenshot des Nachrichtenverlaufs zwischen Herrn A und dem Kläger, Anlage K 2, BI. 14 d. A.).
Die Beklagte verschickte die streitgegenständliche Nachricht auch an den Kläger. Im weiteren Bewerbungsprozess, der ein persönliches Gespräch einschloss, erwähnte der Kläger den dargestellten Sachverhalt zunächst nicht. Nachdem die Beklagte dem Kläger am 10.12.2018 mitteilte, dass der Kläger für das Bewerbungsverfahren nicht weiter berücksichtigt werde, rügte der Kläger mit E-Mail vom 16.12.2018 die Versendung der Nachricht an Herrn A. Er beanstandete eine Datenschutzverletzung und fragte an, wie die Beklagte hiermit umgehen wolle und ob weitere für ihn bestimmte Nachrichten an Dritte versandt worden seien (vgl. Anlage B 1, BI. 57 ff. d. A.). Daraufhin meldete sich ein externer Datenschutzbeauftragter für die Beklagte bei dem Kläger. Er wies den Vorwurf eines Datenschutzverstoßes mangels Übermittlung sensibler Daten zurück und erklärte, es habe sich um einen Einzelfall gehandelt. Die Mitarbeiter seien im Rahmen einer internen Stellungnahme auf den sorgsamen und verantwortungsbewussten Umgang in der Kommunikation in Berufsnetzwerken hingewiesen worden (Anlage K 3, BI. 15 ff. d. A.).
Die Beklagte kontaktierte Herrn A nach dem Vorfall und bat ihn darum, die Nachricht zu löschen und sie nicht weiter zu verbreiten.
Mit Schreiben vom 25.2.2019 forderte die spätere Prozessbevollmächtigte des Klägers die Bekl...