Leitsatz (amtlich)
VW-Dieselskandal: Keine Ansprüche gegen Verkäuferin und Herstellerin eines Neuwagens
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 11.07.2019; Aktenzeichen 2-21 O 293/18) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 21. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Main vom 11.7.2019 wird zurückgewiesen.
Das Urteil des Landgerichts wird ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird zugelassen, soweit sich die Klage und die Berufung gegen die Beklagte zu 2) richten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des vorliegenden Urteil gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte zu 1) als Verkäuferin und die Beklagte zu 2) als Herstellerin wegen des Kaufs eines Neufahrzeugs Audi SQ5 3.0 TDI Competition Quattro im Mai 2015 in Anspruch. Der Kläger verlangt von der Beklagten zu 1) Rückzahlung des von ihm gezahlten Kaufpreises nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.4.2018 Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des von ihm erworbenen PKW und Zug um Zug gegen Zahlung einer von der Beklagten zu 1) noch darzulegenden Nutzungsentschädigung, sowie Feststellung des Annahmeverzuges. Gegenüber der Beklagten zu 2) beantragt er festzustellen, dass ihm Schadensersatz zu zahlen ist für Schäden, die aus der Manipulation in Form des Einbaus einer gesetzlich unzulässigen elektronischen Abgassteuerungsanlage in dem von ihm erworbenen Fahrzeug durch die Beklagte zu 2) resultieren. Ferner verlangt er von beiden Beklagten Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
Der Kläger erwarb das Fahrzeug zum Kaufpreis von 75.919,47 EUR bei der Beklagten zu 1), die eine Vertragshändlerin der Beklagten zu 2) ist. Das Fahrzeug wurde dem Kläger am 30.11.2015 übergeben. In dem Fahrzeug befindet sich ein von der Beklagten zu 2) entwickelter und hergestellter Dieselmotor 3,0 l V6 (326 PS) der Schadstoffklasse EU 6, welcher nicht identisch ist mit dem von der VW AG hergestellten Motor EA 189.
Das Kraftfahrtbundesamt ordnete mit dem als Anl. KB2 vorgelegten Bescheid im Jahr 2017 gegenüber der Beklagten zu 2) gemäß § 25 Abs. 2 EG-FGV nachträgliche Nebenbestimmungen für die Fahrzeuge an, die mit einem Motor versehen sind, wie er auch in dem vom Kläger erworbenen Fahrzeug verbaut ist. Danach sind alle unzulässigen Abschalteinrichtungen aus dem Emissionskontrollsystem zu entfernen und alle betroffenen produzierten Fahrzeuge umzurüsten. Wegen des genauen Inhalts wird auf die Anlage KB2 zur Berufungsbegründung (Anlagenband zur Berufungsbegründung) verwiesen.
Der Kläger machte erstmals mit Schreiben vom 20.3.2018 gegenüber der Beklagten zu 1) etwaige Ansprüche wegen des Vorhandenseins einer unzulässigen elektronischen Abgassteuerungsanlage in seinem Fahrzeug geltend.
Wegen des weitergehenden erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit dieser zu den Feststellungen des Senats nicht im Widerspruch steht.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Klage gegen die Beklagte zu 1) unbegründet sei. Ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB bestehe nicht. Der Kaufvertrag sei nicht nach § 134 BGB aufgrund eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig. Bei § 27 EG-FGV handle es sich nicht um ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB. Der Kläger sei weiterhin nicht berechtigt gewesen, den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB anzufechten. Eine arglistige Täuschung des Klägers durch die Beklagte zu 1) liege nicht vor. Weder sei die Beklagte zu 1) nach Bekanntwerden des Abgasskandals hinsichtlich von der VW AG entwickelter und hergestellter Motoren verpflichtet gewesen, selbst zu recherchieren, ob der in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbaute Motor ebenfalls manipuliert sei noch sei ihr als Vertragshändlerin der Beklagten zu 2) ein etwaiges arglistiges Verschweigen durch diese zuzurechnen. Ein kaufrechtlicher Gewährleistungsanspruch des Klägers wegen einer etwaigen Mangelhaftigkeit der von ihm erworbenen Fahrzeugs sei verjährt. Schließlich bestehe auch kein Anspruch aus Prospekthaftung gegen die Beklagte zu 1).
Die Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 2) sei bereits unzulässig, weil der Kläger seinen Schaden endgültig beziffern könne.
Gegen das den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 17.7.2019 zugestellte Urteil hat er am 13.8.2019 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17.10.2019 mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet. Er verfolgt seine Klageanträge aus der 1. Instanz in vollem Umfang weit...