Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2/5 O 392/90)

 

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Es kann dahinstehen, ob der Arbeitnehmer der … begrifflich als Arbeiter oder als Angestellter einzuordnen ist. Auf die … ist nämlich auch dann kein Schadensersatzanspruch des … gegen die Versicherungsnehmerin der Beklagten nach dem Gesetz über die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes im Krankheitsfalle (Lohnfortzahlungsgesetz) übergegangen, wenn … Arbeiter ist. Einem Forderungsübergang nach dem genannten Gesetz steht der zwischen … und der Beklagten geschlossene Abfindungsvergleich vom Juni 1989 entgegen. Demgemäß hat die … der Klägerin auch keinen übergegangenen Anspruch auf Schadensersatz wegen unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit abtreten können.

Dem landgerichtlichen Urteil ist darin zu folgen, daß der Text der vom … nach anwaltlicher Beratung unterzeichneten Formular-Abfindungserklärung vom Juni 1989 die Geltendmachung weiterer Schadensersatzansprüche jedweder Art aus dem Unfallereignis vom 11. Dezember 1986 gegen die Beklagte oder ihre Versicherungsnehmerin ausschließt. Dabei ist im Text der Abfindungserklärung durch Unterstreichung grafisch hervorgehoben ausgeführt, daß insbesondere auch Ansprüche abgefunden sein sollen, die im Wege des Regresses Dritter auf die Beklagte zukommen könnten. Unter Schadensersatzansprüchen des Geschädigten … die zu einer Regreßforderung im Sinne der Abfindungserklärung gegen die Beklagte und ihre Versicherungsnehmerin führen könnten, fällt auch die Schadensersatzforderung des … wegen unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit, die gemäß § 4 Abs. 1 Lohnfortzahlungsgesetz unter den dort genannten Voraussetzungen auf die … als seine Arbeitgeberin übergeht.

Wie das Landgericht auch in weiterem zutreffend ausgeführt hat, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann, wenn ein Abfindungsvergleich klar und deutlich ausspricht, daß die Parteien die Sache endgültig haben erledigen und auch Unvorhergesehenes mit bereinigen wollen, in der Regel jede Nachforderung ausgeschlossen. Will der Verletzte in einem solchen Falle dennoch weitere Ansprüche geltend machen, muß er nachweisen, daß die Beteiligten dem Abfindungsvergleich entgegen seinem Wortlaut nur eine beschränkte Wirkung geben wollten. Dieser Nachweis, an den besonders strenge Anforderungen zu stellen sind (so z.B.: BGH NJW 1957, 1395), ist der Klägerin nicht gelungen. Die vom Landgericht durchgeführte Beweisaufnahme hat die Behauptung der Klägerin, der Geschädigte … und die Beklagte hätten entgegen dem Wortlaut des Formular-Vergleichs nur die Schmerzensgeldansprüche des … abgelten wollen, nicht bestätigt.

Die dazu vernommene Zeugin … hat als Sachbearbeiterin der Beklagten bekundet, sie habe mit der Obersendung der Erklärung sämtliche Schadensersatzansprüche des Geschädigten … abgefunden sehen wollen. Mit dem Abfindungsvergleich hätten alle Lohnfortzahlungskosten und sonstigen Schadensersatzansprüche des Geschädigten … und nicht etwa nur sein immaterieller Schmerzensgeldanspruch erledigt werden sollen. Das erscheint auch überzeugend. Abgesehen davon, daß – wie dargelegt – der Wortlaut für eine solche Willensrichtung der Beklagten spricht, ist auch allgemein bekannt, daß Versicherungen durch den Abschluß eines Abfindungsvergleiches eine endgültige Bereinigung hinsichtlich aller denkbaren Ansprüche aus dem versicherten Risiko zu erreichen versuchen, um den Versicherungsfall auch bilanzmäßig abschließen zu können.

Der ebenfalls als Zeuge vernommene Rechtsanwalt … der den Vergleich für den Geschädigten … mit der Beklagten aushandelte, hat nichts Gegenteiliges bekundet. Danach ist von etwaigen Ansprüchen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz bei den Verhandlungen nicht die Rede gewesen. Der Zeuge hat an solche Ansprüche gar nicht gedacht. Für den Zeugen und damit auch für den Geschädigten … bestand gar kein Anlaß, den Wortlaut der übersandten Abfindungserklärung einschränkend dahin zu verstehen, daß Forderungen, die unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Lohnfortzahlungsgesetz, auf die … als Arbeitgeberin des … übergehen könnten, vom Vergleich ausgenommen sein sollten.

Der in dem Vergleich vom … ausgesprochene Verzicht auf weitere Schadensersatzansprüche, auch soweit sie durch etwaige unfallbedingte Spätfolgen entstehen und auch soweit solche Ansprüche auf Dritte übergehen, ist auch wirksam.

Zwar ist in Literatur und Rechtsprechung allgemein anerkannt, daß Schadensersatzansprüche des Geschädigten, die kraft Gesetzes gemäß § 116 SGB X auf den Träger der Sozialhilfe übergehen, durch etwaige Verzichtserklärungen des Geschädigten, der Sozialleistungen erhält, nicht berührt werden. Der vom Geschädigten ausgesprochene Verzicht auf solche Ansprüche wird dem Schädiger gegenüber nicht wirksam, weil der gesetzliche Übergang solcher Ansprüche gemäß § 116 SGB X – entsprechend früher § 1542 RVO – bereits auf den Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses zurückwirkt (vgl. dazu z.B.: BGHZ 48, 181 f.).

Die Regelung in § 4 Abs. 1 Lohnfortzahl...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?